Jean Asselborn au sujet de la situation en Serbie à la suite des élections législatives

Deutschlandfunk: Die Verteidigungs- und vor allem Außenminister der EU tagen heute in Brüssel und befassen sich unter anderem mit der Situation auf dem Balkan allgemein und mit der in Serbien im Besonderen. Die EU hatte mit Serbien Ende April ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen geschlossen, denn Belgrad könnte der Schlüssel für einen langfristigen wirklichen und selbsttragenden Frieden der Balkanvölker und Staaten sein, wenn sich die politischen Parteien in Belgrad pro-europäisch orientieren.

Dazu muss ich noch Folgendes erklären: die Lage dort ist so, vor 14 Tagen fanden in Serbien Parlamentswahlen statt, eine Regierung muss nun gebildet werden. Wer mit wem koaliert entscheidet über den künftigen Europakurs. Das pro-europäische Lager unter Präsident Tadic hatte die Wahlen zwar gewonnen, aber zu wenig Mandate für eine Mehrheit erreicht. Eine Koalition mit den Sozialisten, das ist die ehemalige Milosevic-Partei, wäre möglich. Die würden aber auch die Nationalisten gern bilden, Nikolic heißt hier der Führer. Es kommt also auf die Sozialisten an und deren jetzigen Führer, noch ein Name, Dacic.

Luxemburgs Außenminister und Vizepremier Jean Asselborn beschäftigt sich mit all dem und ist jetzt am Telefon. Guten Morgen.

Jean Asselborn: Guten Morgen.

Deutschlandfunk: Herr Asselborn, Sie hatten sich sehr für das Abkommen mit Serbien eingesetzt, das ja quasi als Bahnsteigkarte für die spätere Reise Serbiens mit dem Zug der EU wirken soll. Was meinen Sie, zahlt sich das jetzt aus bei der Regierungsbildung?

Jean Asselborn: Also Sie wissen, für mich ist es fast ein Wunder, dass 3 Monate nach der Unabhängigkeitserklärung im Kosovo, dass die Leute in Kosovo trotzdem die Partei von Tadic, also die pro-europäische Partei als stärkste Partei dahingestellt haben.

Wir müssen jetzt probieren alles zu unternehmen, damit wir auch eine Regierungsmehrheit zustande bekommen. Wenn ich sage "wir", selbstverständlich hat die Europäische Union überhaupt keine Macht um mit politischen Familien Kontakt aufzunehmen, aber Sie wissen, Kostunica zum Beispiel, den haben Sie nicht erwähnt, der ist in die Reihen von Nikolic einzustufen, also auch ein Nationalist. Kostunica war Mitglied der EVP, aber der Kompass ist ganz klar anti-europäisch eingestellt. Wir haben jetzt als Sozialdemokraten, sagen wir, einen ersten Kontakt aufgenommen, selbstverständlich ohne Gewähr. Wir müssen, und sind, glaube ich, als Sozialdemokratie gefordert hier etwas zu unternehmen, dass wir eine pro-europäische Regierung in Serbien mithelfen zustande zu kommen.

Deutschlandfunk: Die spannende Frage, Herr Asselborn, ist ja, was können Sie unternehmen oder wollen Sie unternehmen?

Jean Asselborn: Was zu unternehmen ist, das Problem ist selbstverständlich in Serbien extrem schwierig. Zuerst, Sie haben das ja ganz klar gesagt, die Dacic-Partei, die sozialistische Partei wie sie sich nennen, war die Partei früher von Milosevic. Diese Partei hat den Präsidenten Tadic immer als den höchsten Gegner angesehen und man muss auch sehen, dass 60%, 70% dieser Partei, der Wähler dieser Partei, sagen wir, konservativ, nationalistisch gepolt sind. Das Risiko eines Zerfalls dieser Partei ist natürlich groß, wenn sie in eine Koalition mit Tadic eintreten würde.

Das Zweite ist: es ist sehr eigenartig, entgegen unserem politischen Kulturgepflogenheiten, wird in Serbien jetzt auf zwei Schienen wird verhandelt. Die eine Schiene ist Nikolic-Kostunica-Dacic und dann die andere ist eben die Schiene Tadic-Dacic. Es wird also auf beiden Seiten abgewogen. Die einzige Chance, die wir haben - und wenn Sie mich fragen wie viel Prozent Chance wir haben, wenn es nur 1% wäre, müssten wir uns selbstverständlich einsetzen - es sind, glaube ich, 30%, nach meinem Gespräch, trotzdem, dass es zu einer Koalition kommen könnte, zu einer pro-europäischen Koalition kommen könnte. Was wir tun können ist wirklich diese Dacic-Partei ermutigen, dass sie auf die Zukunft setzt und nicht auf die Vergangenheit und versucht aus diesem Loch herauszukommen wo der Nationalismus in Serbien trotzdem während vielen vielen Jahren jetzt die Oberhand hatte.

Deutschlandfunk: Was wäre denn wenn das Experiment pro-Europa scheitert? Was haben wir dann von Serbien zu erwarten?

Jean Asselborn: Ja, also Madame, wenn Sie schauen, die Karte auf dem Balkan, dann sehen Sie, dass geographisch, geschichtlich, kulturell auf dem Balkan sich vieles immer gegeneinander entwickelt hat. Wenn Sie die Karte auch schauen, dann sehen Sie, dass wir ohne Serbien keine Stabilität auf dem Balkan bekommen. Wir brauchen also dieses pro-europäische Serbien, wir brauchen eine Regierung und wir brauchen eine Regierung die mit Brüssel zusammenarbeiten will. Wenn das nicht der Fall ist, ist meine Antwort auf diese Frage, dass wir nichts zu erwarten haben, dass wir wieder etliche Jahre isoliert sind und auf dem Balkan kaum das realisieren können was wir trotzdem als grosses Ziel haben, nämlich dem Balkan, allen Ländern auf dem Balkan seit 2003, seit Thessaloniki, eine europäische Perspektive anzubieten.

Deutschlandfunk: Nichts wäre ja fast aber besser, um das mal sarkastisch zu sagen, als eine anti-europäische Stimmung die sich ausbreitet auf dem Balkan?

Jean Asselborn: Ich bin mir da nicht so sicher, ob das stimmt was Sie sagen. Wenn Sie schauen, Sie haben das auch angeschnitten, vor den Wahlen haben wir dieses Assoziations- und Stabilisationsverfahren unterschrieben, wir haben auch ganz klar mit den Visas, das sind 17 Länder, die haben Visafreiheit komplett angeboten, was sehr geholfen hat. Es sind auch große Konzerne, zum Beispiel einer der größten italienischen Konzerne der jetzt in Serbien investiert. All das sind Zeichen, vor allem an die jungen Leute in Serbien, dass die Stimmung nicht antieuropäisch ist. Das einzige was jetzt natürlich zu machen ist, ist wenn es zu einer Regierung kommt, die mit uns zusammen arbeiten will, dass wir konkrete Maßnahmen setzen.

Deutschlandfunk: Eins geht mir noch durch den Kopf bei all dem, Herr Asselborn. Die ehemalige Milosevic-Partei könnte Türöffner zur EU sein, ist das nicht irgendwie eine Ironie der Geschichte?

Jean Asselborn: Also wir sind in einer Situation wo die Resultate zählen. Wenn diese ehemalige Milosevic-Partei und dieser Präsident von heute, der Herr Dacic - das habe ich ganz klar gespürt in Griechenland wo wir zusammen waren mit Papandreou - will da rauskommen, muss man ihm wenigstens die Chance geben um das zu tun. Und dann zählt nicht mehr die Vergangenheit dieser Partei, dann zählt das Koalitionsabkommen und wenn in diesem Koalitionsabkommen zum Beispiel aber unterschrieben wird die Zusammenarbeit mit der Europäischen Union angestrebt wird, unabhängig jetzt vom Kosovo, das ist selbstverständlich egal wie die Regierung aussieht in Serbien, die zukünftige, bleibt das ein Problem das nicht in zwei Monaten zu lösen ist, muss man wirklich versuchen diese Chance 100%ig wahrzunehmen.

Deutschlandfunk: Jean Asselborn, Außenminister und Vizepremier von Luxemburg. Die Außenminister der EU tagen heute in Brüssel und befassen sich unter anderem mit der Situation auf dem Balkan. Herr Asselborn, besten Dank fürs Gespräch.

Jean Asselborn: Bitte, bitte.

Deutschlandfunk: Wiederhören.

Jean Asselborn : Wiederhören.

Membre du gouvernement

ASSELBORN Jean

Date de l'événement

25.05.2008

Type(s)

gouv:tags_type_event/interview