Le Premier ministre Jean-Claude Juncker au sujet du pacte de stabilité et de croissance européen

Ulrich Wickert: Ein Land in der Europäischen Union erfüllte die Stabilitätskriterien schon lange bevor der Stabilitätspakt überhaupt beschlossen wurde: Luxemburg. Und das dank seines damaligen Finanzministers Jean-Claude Juncker, der später als luxemburgischer Ministerpräsident so geschickt zwischen den europäischen Streithähnen vermittelte, dass der Stabilitätspakt überhaupt erst zustande kam. Denn, so schrieb damals die TAZ, Juncker habe mehr Ahnung von der Währungsunion als alle anderen  Premiers und Kanzler zusammen. Deshalb Fragen zur Verschiebung des Haushaltsausgleichs an Ministerpräsident Jean-Claude Juncker in unserem Studio in Luxemburg.

Ulrich Wickert: Guten Abend, Herr Juncker.

Jean-Claude Juncker: Guten Abend.

Ulrich Wickert: Wie wichtig ist eigentlich das Ziel des ausgeglichenen Haushalts für den Stabilitätspakt?

Jean-Claude Juncker: Dies ist ein mittelfristiges Ziel, das seine Wichtigkeit behält. Das wurde so verabredet und jeder muss wissen: wir brauchen eine auf Dauer angelegte Haushaltskonsolidierung.

Ulrich Wickert: Ist es richtig, dass das Datum vom Jahr 2004 für den ausgeglichenen Haushalt gar nicht im Pakt selbst steht, sondern nur eine Nebenabsprache ist?

Jean-Claude Juncker: Im Pakt selbst steht, dass wir mittelfristig ausgeglichene Haushalte oder fast ausgeglichene Haushalte brauchen. Das Jahr 2004 ist eine Verabredung aus dem letzten Semester.

Ulrich Wickert: Weswegen ist es so wichtig, dass man die ausgeglichenen Haushalte hat?

Jean-Claude Juncker: Man kann auf Dauer keine stabile Währung weder nach innen noch nach aussen haben, wenn man nicht ausgeglichene öffentliche Finanzen hat. Dies ist nicht nur eine europäische Vorgabe, dies wäre auch ein nationales Gebot, gäbe es noch nationale Währungen. Öffentliche Defizite, die aus dem Ruder laufen, führen zu mehr Inflation, dies wiederum führt dazu, dass die Geldpolitik gegenreagieren muss durch höhere Zinsen. Insgesamt führt dies dazu, dass der Verschuldungsstand, bewegt er sich dauernd nach oben, zu Steuererhöhungen für die nächstfolgenden Generationen führt. Insofern gibt es zu ausgeglichenen Haushaltspositionen auf Dauer keine Alternative.

Ulrich Wickert: Bedeutet die Verschiebung jetzt nicht, dass der Stabilitätspakt aufgeweicht wird?

Jean-Claude Juncker: Es handelt sich hier eigentlich nicht um Verschiebung, weil man muss ja das, was die Kommission in Vorschlag gebracht hat intensiv sich ansehen und studieren – wir brauchen ja auch noch eine Beschlussfassung der zwölf Euro-Finanzminister dazu. Statt 2004 ausgeglichene Haushalte in den vier Defizitländern - Deutschland, Frankreich, Italien und Portugal - zu erreichen machen wir das erst 2006. Aber niemand darf denken die Haushaltskonsolidierung wäre damit ad acta gelegt. Weil die Kommission sagt aus, und die acht Eurostaaten die ausgewiesene Haushaltspositionen haben  werden dies auch verlangen, dass von heute bis dann dafür Sorge getragen werden muss, dass den Defizitländern pro Jahr 0,5 % in Bruttosozialproduktpunkten abgesenkt werden und zwar im Strukturdefizitbereich, das heißt im Klartext, dass bei Altersversorgung, bei Gesundheitsfürsorge, bei Arbeitsmarktreformen Tempo gemacht werden muss. Denn die Stabilität wurde nicht abgeblasen. Sie wurde eigentlich in wesentlichen Bereichen verstärkt.

Ulrich Wickert: Aber können diese Länder nicht in ein paar Jahren kommen und sagen: Es geht immer noch nicht!

Jean-Claude Juncker: Ich würde mir das nicht wünschen wollen. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass, wenn wir eine Verabredung treffen im Rat der Finanzminister unter den jetzigen Konjunkturumständen, dass die Festlegung auf die Bereinigung des Strukturdefizites nicht durch konkrete Politik in Angriff genommen werden würde. Dies wäre ein eklatanter Vertrauensbruch. Den würden die acht „Tugendhaften“ – wenn ich das mal so sagen dürfte – die ausgeglichene Haushaltspositionen haben, nie akzeptieren.

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