François Biltgen: "Luxemburger Oscar"

Télécran: Herr Minister, im Oktober soll der erste Luxemburger Filmpreis vergeben werden. Was versprechen Sie sich davon? Werbung für das Produktionsland Luxemburg?

Francois Biltgen: Vor 15 Jahren gab es keine Filmwirtschaft in Luxemburg. In diesem Jahr sind wir gleich mit drei Filmen in den offiziellen Programmen beim Festival von Cannes vertreten. Ich denke, das ist ein Erfolg, der sich sehen lassen kann. Und damit die Luxemburger ebenfalls merken, wozu die einheimischen Filmschaffenden fähig sind, haben Erna Hennicot-Schoepges und ich, als verantwortliche Minister des Luxemburger Filmfonds, letztes Jahr den "Letzebuerger Filmpräis" angekündigt. Die Veranstaltung am 10. Oktober soll keine Nabelschau werden, sondern ein Spiegel der filmischen Leistungen des vergangenen Jahres.

Télécran: Sind Sie der Überzeugung, dass ein Luxemburger Filmpreis ausländische Produzenten bzw. Autoren stärker für das nationale Filmgeschehen interessieren wird?

Francois Biltgen: Wir können uns eigentlich nicht über mangelndes Interesse aus dem Ausland beklagen. Natürlich ist der Preis auch ein Vermarktungsinstrument für einheimische Produktionen, aber es ist vor allem eine Art Selbstvergewisserung unserers filmkünstlerischen Potenzials. Und ich denke nicht, daß wir in dieser Hinsicht Vergleiche mit anderen europäischen Ländern scheuen müssen, ich meine natürlich mit den Ländern, die in unserer Liga spielen.

Télécran: Wie oft soll der "Luxemburger Oscar" vergeben werden? Jedes Jahr?

Francois Biltgen: Ja, der "Lëtzebuerger Filmpräis" wird einmal im Jahr vergeben. Auf die Auswahlliste gelangen sämtliche Filme, die zwischen dem 1. Juli und dem 30. Juni des darauffolgenden Jahres herauskommen; das kann sowohl im Kino oder im Fernsehen als auch auf DVD oder Video sein. Nur für die erste Ausgabe haben wir den Zeitraum etwas länger gezogen. Zugelassen sind dieses Jahr sämtliche Streifen, die zwischen dem 1. Januar 2002 und dem 31. Juli 2003 fertig wurden.

Télécran: Wie viele Auszeichnungen sollen denn vergeben werden und in welchen Kategorien? Und wie werden die Preisträger ermittelt?

Francois Biltgen: Ein Organisationskomitee, in dem Vertreter der Filmindustrie und der staatlichen Verwaltung sitzen, stellt eine Liste mit allen Filmen zusammen, die die Zugangskriterien erfüllen. Dann sehen die Mitglieder der jährlich wechselnden Jury sich die Werke an und wählen ihre Favoriten. Es gibt jeweils einen Preis in vier Kategorien: für den besten Langfilm, den besten Kurzfilm, den besten in Luxemburg produzierten Film und die beste künstlerische oder technische Leistung.

Daneben wählen die Luxemburger Filmkritiker den besten europäischen Film, der in den einheimischen Kinos gelaufen ist. Außerdem kann das Organisationskomitee einen Ehrenpreis und eine Auszeichnung für den besten Nachwuchsfilmer vergeben. Der Ehrenpreis geht in diesem Jahr an den unlängst verstorbenen Meister des Dokumentarfilms Gordian Troeller; der "Prix du jeune espoir" an den Animationsfilmer Dan Wiroth.

Télécran: Werden die Preise dotiert sein?

Francois Biltgen: Nein, ein Preisgeld wird es nicht geben. Dafür erhalten die Gewinner ein Kunstobjekt, das eigens für den "Letzebuerger Filmpräis" entworfen wird. Dazu haben wir einen Wettbewerb ausgeschrieben und befinden uns gegenwärtig in der Auswertung der eingereichten Vorschläge. Wie der Luxemburger "Oscar" oder "Cesar" am Ende heißen wird, ist derzeit ein streng gehütetes Geheimnis...

Télécran: Fürchten Sie denn nicht, dass immer wieder dieselben Autoren, Schauspieler, Techniker und Produzenten ausgezeichnet werden, dass es nach einiger Zeit eine Art Inzucht geben wird?

Francois Biltgen: Das hätte passieren können, wenn wir zu viele Preiskategorien eingeführt hätten. Bei vier bin ich optimistisch genug, daß genügend junge Talente nachwachsen werden, um nicht stets denselben Regisseuren oder Produktionsgesellschaften einen Preis überreichen zu müssen. Außerdem soll es auch schon in Hollywood vorgekommen sein, daß ein Filmemacher mehrmals in seinem Leben mit einem "Oscar" ausgezeichnet wurde.

Télécran: In welcher Form wird der Filmpreis überreicht werden? In bescheidenem Rahmen, oder auf einer Filmgala?

Francois Biltgen: Lassen Sie es mich so ausdrücken: im Rahmen einer bescheidenen Filmgala.

Télécran: Stimmt es, dass der Filmpreis ursprünglich während des Cinénygma-Festivals hätte überreicht werden sollen, dass die Verantwortlichen dies aber ablehnten?

Francois Biltgen: Es gab von Anfang an zwei Optionen: eine Preisüberreichung im Rahmen von Cinénygma oder ein eigenständiges Event. Nach reiflicher Überlegung haben wir uns für die zweite Lösung entschieden. Sie hat den Vorteil, daß wir den "Letzebuerger Filmpräis" in eine "Semaine du film luxembourgeois" einbetten können. In den Tagen vor der Preisverleihung werden wir möglichst viele der Werke, die auf der Auswahlliste stehen, im Kino zeigen. Weil Cinenygma im Frühjahr stattfindet, haben wir uns für einen Termin im Herbst entschieden.

Télécran: Herr Minister, werden in Luxemburg nicht zu viele Filme gefördert, die mit der Luxemburger Kultur wenig oder gar nichts zu tun haben – Stichwort: Steuerzertifikate -, und zu wenige, die in der Luxemburger Kultur und Geschichte verwurzelt sind – Stichwort: "aide sélective"?

Francois Biltgen: Das sind zwei völlig verschiedene Förderungsmechanismen. Die Steuerzertifikate nehmen den Filmen, die über die Kulturförderung der "aides sélectives" unterstützt werden, keine Gelder weg, im Gegenteil: beide Hilfe sind ja kumulierbar.

Sie dürfen nicht übersehen, daß die Regierung das Budget der "aides sélectives" von 2001 auf 2002 nahezu verdoppelt hat. Außerdem brauchen wir die internationalen Großproduktionen, um den Filmschaffenden ausreichend Beschäftigung zu bieten, wenn sie nicht gerade für eine Luxemburger Produktion arbeiten.

Télécran: Was hat die jetzt fast 15-jährige Luxemburger Filmförderung dem Land unter dem Strich eingebracht? Einen echten internationalen Filmhit jedenfalls nicht...

Francois Biltgen: Das kommt darauf an, was Sie unter einem internationalen Erfolg verstehen. So hat "Une liaison pornographique" vor zwei Jahren den Media-Preis erhalten. Damit werden Werke ausgezeichnet, die sich besonders gut und in möglichst vielen europäischen Ländern verkauft haben. Und eine Komödie wie "Le club des chômeurs" hat in Luxemburg immerhin 40.000 Zuschauer angelockt. Das ist mehr, als manche internationale Produktion hierzulande aufweisen kann. Wichtig für uns ist die Tatsache, daß wir inzwischen kein weißer Fleck mehr auf der Filmweltkarte sind und daß die Filmindustrie mehr als 600 Menschen ein Einkommen sichert.

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