François Biltgen: "Bescheiden, nicht zu aggressiv". Der delegierte Kommunikationsminister über die Situation der Luxemburger Filmindustrie

Größter Erfolg des Luxemburger Kinofilms war bisher der "Club des Chömeurs". 40 000 Zuschauer haben den Streifen gesehen. Was versprechen Sie sich von der Fortsetzung?

François Biltgen: Der Zuschauererfolg hierzulande von" Club des Chömeurs" war in der Tat beeindruckend. Er hat gezeigt, dass die Luxemburger interessiert sind an original luxemburgischen Geschichten. Wir möchten da weitermachen, uns aber auch in dem Genre des Original-Filmes weiterentwickeln - hinsichtlich der Intensität der Geschichten und der Qualität der Produktionen, ohne aber zu sehr ins Lokalkolorit zu fallen. Wir hoffen, dass "La Revanche des Chömeurs" an den Erfolg des ersten Filmes anknüpfen kann.

Sind noch mehr "original luxemburgische" Filme geplant, in denen das Land, die Sprache und seine Bewohner im Vordergrund der Handlung stehen?

François Biltgen: Es gibt zur Zeit ein paar Projekte in Entwicklung, die sich mit gewissen Begebenheiten des Landes und ihren Bewohnern beschäftigen. Ich denke da vor allem an "Perl oder Pica", von Pol Cruchten, nach einem Roman von Jemp Hoscheit. Andere Projekte befinden sich noch in der Ausarbeitung.

Welche Rolle spielt der Luxemburger Filmpreis für das Selbstbewusstsein der lokalen Filmindustrie?

François Biltgen: Der Luxemburger Filmpreis letztes Jahr im Oktober war eine gelungene Premiere, und für die luxemburgische Filmindustrie eine Anerkennung ihrer Leistungen. Um die Auswahlmöglichkeit der Produktionen zu erhöhen und um der Veranstaltung ihre Besonderheit zu lassen, wird der Filmpreis im Prinzip nur alle zwei Jahre stattfinden. Der Preis zollt der lokalen Filmindustrie Tribut und zeigt, dass ihr kreatives und technisches Schaffen einen hohen Stellenwert in der hiesigen Kultur und Gesellschaft genießt. Das Selbstbewusstsein eines jeden Einzelnen, der in den audiovisuellen Medien tätig ist, wird dadurch gestärkt.

Filmförderung: Die Ausgaben für den Staat liegen in Millionenhöhe.. Direkten finanziellen Gewinn für das Land Luxemburg gibt es aber nicht. Sollte man das ändern?

François Biltgen: Es war nie unser Ziel, einen direkten finanziellen Gewinn durch die Filmproduktion zu erzielen. Wir betreiben hier in erster Linie Kulturförderung und wollen den einheimischen Filmscharfenden die Rahmenbedingungen bieten, die es ihnen erlauben, den internationalen Standards entsprechende Werke zu gestalten. Eine florierende Filmwirtschaft kommt dem Land eher indirekt zu Gute. In den letzten Jahren flanierten Film- und Fernsehstars von hohem internationalen Ansehen durch die Straßen und Gassen unserer Städte und Dörfer. Das ist positiv für des Image des Landes. Außerdem, und das interessiert mich als Arbeitsminister ganz besonders, werden so auch Arbeits-und Ausbildungsplätze geschaffen. Und die Geschäftswelt, allen voran das Hotel- und Gastgewerbe, profitiert direkt von den hier getätigten Ausgaben.

Die Luxemburger Filmförderung betreut 10 bis 12 Spielfilme jährlich. Setzen Sie auf "Klasse statt Masse" oder gibt es nicht genug Angebote und Produktionsgesellschaften, die laut dem audiovisuellen Zertifikatsgesetz förderungsberechtigt sind?

François Biltgen: Wir wollen Klasse, wobei Masse weder gewünscht noch realistisch umsetzbar wäre. Wir streben kein Mini-Hollywood an, sondern wollen ein qualitativ hochwertiger Produktionstandort im Herzen Europas sein, der der Größe des Landes angepasst ist. Das Großherzogtum mit seiner Gesamtfläche von 2 586 Quadratkilometern hat mehrere Studios, Zeichentrick- und Musikstätte, was für die Größe des Landes äußerst beachtlich ist. Wir können nicht mehr Produktionsprojekte an Land ziehen, als im Land realisiert werden können.

Kann der Filmsektor mit der Ansiedlung von Spezialfirmen wie "Special-Effects"-Studios nicht bereichert werden - Frei nach dem Motto: In Luxemburg gibt es Produktionsbetreuung von A-Z?

François Biltgen: Luxemburg hat Studios für fiktionale Produktion anzubieten, Zeichentrick- und Musikstudios, Facilities für Postproduktion. Aber es stimmt, wir haben zur Zeit kein Special-Effects-Studio. Das heißt aber nicht, dass wir kein Interesse am gesamten Spektrum der Produktionskette haben. Dem Motto, "Wir bieten Ihnen Produktionsbetreuung von A-Z an", werden wir gerne gerecht. Nur: Spezialeffekte heißen nun mal auch so, weil sie äußerst spezial sind und nicht automatisch in jeder Produktion gebraucht werden. Und - bei den meisten der "Special-Effects"-lastigen Filme handelt es sich um Big-Budget-US-Produktionen, die immer mit ihren eigenen "Special-Effects"-Firmen arbeiten.

Wie sieht es mit dem Standort-Marketing für Luxemburg aus?

François Biltgen: Standort-Marketing für Luxemburg betreiben wir schon seit Jahren in Cannes während der Filmfestspiele. In Annecy, dem Zeichentrickfestival im Juni, ist der nationale Filmfonds auch mit einem Infostand über den Zeichentrickplatz Luxemburg vertreten. Ein Bereich, der einen erheblichen Teil der Gesamtproduktion ausmacht. Bei anderen internationalen Festivals haben wir zwar keinen Stand, aber meine Mitarbeiter begleiten regelmäßig die Produzenten zu den wichtigen Veranstaltungen.

Wie könnte man Luxemburg noch besser vermarkten ?

François Biltgen: Ich bin der Meinung, dass wir die Produktionsstätte Luxemburg in dem ihr angemessenen Rahmen vermarkten. Bescheiden, nicht zu aggressiv. Das geht auch nicht anders, weil wir nicht in der Lage sind, unzählige Produktionen gleichzeitig in Luxemburg zu betreuen - aber es klappt so, dass das Rad der Filmindustrie kontinuierlich drehen kann.

Was erwarten Sie sich von Cannes?

François Biltgen: Im Gegensatz zum letzten Jahr, in dem Luxemburg gleich mit drei Produktionen an der Croisette vertreten war, fällt dieses Jahr bescheidener aus. Aber leer sind wir nicht ausgegangen. Calvaire, ein Film produziert von Tarantula Luxemburg, ist im Wettbewerb innerhalb der "Semaine de la critique". Wir werden versuchen, die einheimische Filmindustrie in Cannes zu vermarkten und interessante ausländische Filmschaffende mit unseren luxemburgischen Produzenten zusammen zu rühren.

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