Jeannot Krecké: Spitzensportler besitzen Vorbildfunktion

Luxemburger Wort: Jeannot Krecké, Olympische Spiele live zu erleben, ist hier in Athen keine Premiere für Sie. Sie waren schon 1972 in München (D) dabei, wo Sie am Jugendlager teilgenommen haben. Welche Erinnerungen haben Sie an die Spiele von München?

Jeannot Krecké: Ich war im Sportstudentenlager, ich habe eine phantastische Erinnerung daran. Damals hatte man noch überall Zugang, wir sind im Olympischen Dorf ein- und ausgegangen und haben die Atmosphäre permanent miterlebt. Hier ist dies ganz anders, gigantisch, dabei stellte München seinerzeit schon einen Quantensprung dar. Die Spiele bekommen Ausmaße, wo sich die Frage aufdrängt, wer noch fähig ist, zu organisieren. Wie ich erfahren habe, sind dies hier mit Abstand die teuersten Spiele ...

Vor allem auch, weil hier das riesengroße Sicherheitspaket mehr als eine Million € kostet, was nicht vorgesehen war ...

Die Griechen schließen relativ viel in das olympische Budget ein, auch infrastrukturelle Arbeiten, die der Stadt zugute kommen. Dennoch, ich wiederhole mich, das Ausmaß ist bedenklich geworden.

Weniger gute Erinnerungen verbinden Sie mit den Spielen von 1980 in Moskau, in Zusammenhang mit dem damaligen Boykott verschiedener westlicher Staaten nach dem Einmarsch der Sowjetarmee in Afghanistan?

Ich habe aus dieser Zeit eine schlechte Erinnerung, weil ich als Mitarbeiter des Sportministeriums mit dem damaligen Ersten Regierungsrat Camille Polfer und mit dem damaligen Minister Emile Krieps Diskussionen hatte. Einer der Diskussionspunkte war der, ob der organisierte Sport in Luxemburg damals das Recht haben sollte, zu entscheiden, ob Luxemburg in Moskau teilnehmen sollte oder nicht. Die Regierung war für den Boykott. Meine Auffassung war die, dass der organisierte Sport frei entscheiden sollte, wie er sich in dieser Krise verhalten sollte. Diese Diskussion war eine der Ursachen, dass ich meine Mitarbeit im Ministerium beenden und als Sportprofessor wieder zur Schule zurückkehren musste. Also eine schmerzhafte Erfahrung für mich. Meine
Schlussfolgerung ist die, dass das COSL über seine Politik zu entscheiden hat, wir als Regierung sollen das COSL unterstützen, und nicht diktieren, was das COSL zu tun hat.

Ihr allgemeiner Eindruck zu den Spielen in Athen?

Sehr positiv, gut präsentiert, gut organisiert, so wie ich es eben beim Schwimmen und beim Bogenschießen erlebt habe. Es gibt einige Probleme mit dem Transport, ich habe es erfahren, Leute aus unserer Delegation auch. Vorgestern nach dem Tennis wollte ich mir Basketball ansehen mit den Amerikanern. Ich war fast zwei Stunden unterwegs, um schließlich das Spiel nicht zu sehen.

Auf die Frage, wo sie bei den Luxemburger Sportlern die größte Freude empfunden haben, fällt die Antwort wohl nicht schwer?

Die Antwort fällt nicht schwer, nicht nur weil wir Kim Kirchen auf den sechsten Rang platzierten, was schon lange nicht mehr der Fall war, sondern auch, weil es sich um eine kollektive Leistung handelt. Ich glaube, Kirchen war nicht ganz zufrieden nach dem Rennen, er hatte sich einen Podiumplatz erhofft, berechtigterweise.

Kommen wir auf Luxemburg zu sprechen und auf ihr Ministerium, dasjenige des Sports. Dieses Ministerium hat vor fünf Jahren seine Eigenständigkeit verloren und wurde in das Erziehungsministerium integriert. Sie sind nun der Titular von drei ministeriellen Bereichen, der Wirtschaft, des Außenhandels und des Sports. Müssen wir uns fortan an die Bezeichnung Wirtschafts- und Sportministerium gewöhnen?

Ich hatte versucht, für eine eigenständige Struktur des Sportministeriums beim Regierungsformateur zu plädieren. Der Regierungschef hat mir aber zu verstehen gegeben, dass er diese Entscheidung von 1999 nicht wieder umstoßen will, zumal auch andere Ministerien in diesem Fall sind. Ich habe allerdings vor, dieses Departement des Sports so zu führen, als wäre es ein eigenständiges Ministerium. Ich habe die Titel getrennt, es gibt den Titel eines Ministers für Wirtschaft und Außenhandel und es gibt den Titel eines Ministers für Sport. Der Sport ist also nicht einfach ein Anhängsel. Ich will dieses Departement so führen, dass ich hier mein Büro habe und die Leute, mit denen ich sprechen will, auch dort empfange.

Welches werden die Grundlinien Ihrer Aktivitäten als Sportminister sein?

Ich sehe die drei Grundlinien, Leistungssport, Breitensport und Schulsport, alle drei sind komplementär. Ich will möglichst viele Bürger bewegen in Richtung einer sportlichen Aktivität, bedingt durch eine Gesellschaftsentwicklung, die sehr bedenklich ist. Die Leute bewegen sich weniger, wir stellen in den Schulen fest, dass viele Jugendliche fettleibig werden, dass sie elementare Bewegungsabläufe nicht kennen, sie befinden sich in einem schlechten gesundheitlichen Zustand. Die Zeit drängt, auch bei der Bevölkerung, hier zu reagieren. Den Leistungssport wollen wir unterstützen, weil er Leuten, die dies wollen, Gelegenheit gibt, diesen Weg einzuschlagen. Der Leistungssport hat auch eine Vorbildfunktion gegenüber anderen. Den Freizeit- und Schulsport sehe ich schon fast als eine präventive Gesundheitspolitik, wir werden versuchen, dies wissenschaftlich zu untermauern, auch um uns ein objektives Bild zu vermitteln. Wir werden diese Entwicklung irgendwann auch auf dem Niveau der Krankenkassen zu spüren bekommen, ich will dem entgegenwirken. Es gibt also auch ein finanzielles Argument. Ich will meine Ministerkollegen davon überzeugen, dass es besser ist, hierhin zu investieren und nicht später in die Reparation von gesundheitlichen Schäden.

Der ehemalige Sportprofessor Jeannot Krecké hat sich seinerzeit für eine dritte wöchentliche Sportstunde in der Schule eingesetzt. Was antworten sie den Sportprofessoren auf deren Forderungen nach dieser dritten Stunde?

Ich antworte ihnen, dass wir versuchen sollten, überall die zweite Stunde zu verwirklichen. Wenn diese zwei Stunden als Blockstunde durchgeführt werden, wo man zum Schwimmbad fährt und dort eine Viertelstunde lang schwimmt, um dann zurückzukommen, dann ergibt dies keinen Sinn. Vieles hängt auch von der Qualität dieser zwei Stunden ab, deshalb sind die Infrastrukturen wichtig. Wichtig ist das Pilotprojekt der Ganztagsschule, weil sich hier Möglichkeiten ergeben. Man muss Prioritäten setzen können, die Schule muss wissen, dass sie auf das Leben vorbereitet und dass das Leben breit gefächert ist. Dazu gehört auch eine Entfaltungsmöglichkeit der Kinder auf dem Niveau der Bewegungen.

Jeannot Krecké, Sie nehmen ein anspruchsvolles Programm in Angriff. Wir wünschen viel Glück und danken für die Ausführungen.

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