Octavie Modert: Ich bin gerne Generalist

Télécran: Frau Modert, Sie sind als Staatssekretärin für drei Bereiche zuständig: die Beziehungen zum Parlament, Landwirtschaft, Weinbau und ländliche Entwicklung sowie Kultur, Hochschule und Forschung. Wie viele Schreibtische haben Sie eigentlich?

Octavie Modert: Mein Hauptbüro befindet sich jetzt hier im Kulturministerium. Aber weil auch im Ressort Landwirtschaft, vor allem während des Luxemburger EU-Vorsitzes, viel Arbeit auf mich zukommt, bin ich auch da mit einem Büro präsent.

Wie bekommen Sie als Neuling in der Regierung so viele Zuständigkeiten unter einen Hut?

Es ist in der Tat eine Menge. Aber die Pflege der Beziehungen zum Parlament zum Beispiel ist für mich nicht neu, darum habe ich mich als Generalsekretärin des Ministerrats auch schon gekümmert, wenn auch mehr im Hintergrund. Dabei geht es ja vor allem darum, die Arbeiten von Regierung und Parlament praktisch zu koordinieren. Auch die Verwaltungsorganisation in den Ministerien und Behörden ist mir vertraut. Neu für mich sind die Inhalte, die politischen Fachbereiche selbst. Da werde ich mich tief hineinarbeiten.

Sie stammen aus einer Winzerfamilie. Wird der Weinbau Ihr Steckenpferd?

Meine Herkunft spielte bei der Ressortverteilung wohl nicht allein eine Rolle. Ich mag alle meine Ressorts und bin gerne ein Generalist – ein Mensch, der sich für viele verschiedene Themen interessiert.

Konnten Sie sich bei der Ressortverteilung Ihre Zuständigkeiten aussuchen?

Nein, als neues Regierungsmitglied konnte ich das nicht, wohl aber mitreden.

Ist es eher ein Nachteil oder ein Vorteil, die Jüngste zu sein?

Weder noch. Nicht das Alter, sondern der Mensch sollte zählen, und Erfahrungen müssen wir alle sammeln. Im Übrigen ist es seit etwa einem Jahrzehnt nicht mehr außergewöhnlich, mit Mitte 30 oder sogar schon eher Regierungsverantwortung zu übernehmen. Es gibt im Ausland und auch bei uns genügend Beispiele dafür.

Sie sind eine der wenigen Frauen in der neuen Regierung. Haben Sie den Eindruck, "Quotenfrau" zu sein?

Nein. Ich bin keine Quotenfrau, sondern Zweitgewählte im Bezirk Osten insgesamt und nicht nur auf der Liste der CSV. Aber ich glaube schon, dass Frauen im Beruf immer noch besser sein müssen als Männer. Und wir brauchen ganz sicher eine aktive Frauenförderung in der Politik. Frauen kommen wegen ihrer Familienpflichten oft nicht von selbst zur Politik, insbesondere während bestimmter Altersabschnitte, sondern müssen ermutigt und ermuntert werden.

Nach Ihrem guten Wahlergebnis als CSV-Kandidatin im Osten erhielten Sie zahlreiche Vorschusslorbeeren. Wie erklären Sie sich das?

Ich habe meine bisherigen Aufgaben, insbesondere als Generalsekretärin des Ministerrats, immer gern und so gut wie möglich gemacht. Ich wollte immer jemand sein, auf dessen Schultern man etwas abladen kann, Verantwortungsgefühl zeigen, vielleicht spielte das eine Rolle. Dabei habe ich nie groß auf die Trommel geschlagen. Zu diesem Job gehörte es, im Hintergrund zu bleiben.

Rechneten Sie nach dem Wahlergebnis mit Ihrer Ernennung zum Regierungsmitglied?

Überhaupt nicht, auch wenn viele das nicht glauben werden. Ich rechnete nicht damit, dass die CSV im kleinen Wahlbezirk Osten erstmals zwei statt wie bisher mit Fernand Boden ein Regierungsmitglied erhalten würde, sondern sah mich als Abgeordnete im Parlament. Ich bin nicht geboren worden mit dem Lebensziel, Regierungsmitglied zu werden. Die Zusage zu dem Posten kam denn auch nicht spontan, schließlich verändert so eine Aufgabe Leben und Alltag.

Spüren Sie schon, nun mehr im Vordergrund zu stehen?

Ja, bei Interviewanfragen wie diesen zum Beispiel ... An das Interesse an meiner Person muss ich mich wohl gewöhnen. Der größte Unterschied zu früher aber ist, dass meine Verantwortung nun eine andere wird.

Was sind denn eigentlich die Befugnisse eines Staatssekretärs?

Das Amt kann unterschiedlich konzipiert und mit mehr oder weniger Befugnissen ausgestattet werden. In meinem Fall ist es so, dass ich das Stimmrecht in der Regierung habe, eigene Kompetenzbereiche besitze und auch über eigene Entscheidungsgewalt verfüge. Ich kann also in meinen Bereichen allein schalten und walten – was nicht heißt, dass ich nicht mit dem Minister bei Bedarf Meinungen austauschte und umgekehrt.

Welcher Ihrer Politikbereiche birgt Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen?

Die Landwirtschaft ist ein enorm breit gefächertes und komplexes Ressort. Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass dieser Sektor seit rund 20 Jahren mit großen Umwälzungen konfrontiert ist, sich dauernd wandelt und auch wandlungsbereit ist. Viele Bauern investieren systematisch in ihre Betriebe und erfüllen praktisch einen Managerjob. Nicht umsonst steckt in dem Wort Landwirtschaft der Begriff "Wirtschaft". Neben der reinen Agrarproduktion zählen aber zum Beispiel auch die Ernährung und die Landschaftserhaltung zu diesem Ressort. Aber ich bin ja nicht allein zuständig. Landwirtschaftsminister Fernand Boden und ich werden uns im September die Problemfelder aufteilen. Auch im Kultur- und Hochschulressort steht die Verteilung der
Zuständigkerten zwischen Minister François Biltgen und mir im Herbst an.

In Sachen Hochschule sorgte die Aussage des Premierministers während der Koalitionsverhandlungen, beim Projekt der Universität Luxemburg könne nicht alles Wünschenswerte realisiert werden, für Irritationen ...

Die vorherige Regierung hat nie visiert, eine Universität mit komplettem Fächerangebot aufzubauen. Vielmehr sollen Kompetenzbereiche, in denen Luxemburg ohnehin einen Vorsprung hat, ausgebaut werden – damit eine klar abgegrenzte, aber qualitativ hochwertige Hochschule entsteht. So war das Uni-Projekt von Anfang an geplant, und so wird es auch realisiert. Das Projekt wurde auf die Schienen gesetzt. Wichtig ist, den Zug jetzt anzuschieben, damit er in Fahrt kommt.

Wird der Bereich Kultur nach den vielen Bauprojekten der vergangenen Jahre dagegen eher gebremst werden – angesichts der leeren Kassen und der hohen Folgekosten neuer Bauten?

Nein, wir setzen auf Kontinuität. Es war richtig, in den Jahren, als mehr Geld zur Verfügung stand, wichtige Kulturbauten zu realisieren. Wenn wir ein vollwertiges Land sein wollen, können wir nicht nur über ein Museum und einen einzigen Konzertsaal verfügen. Die Folgekosten neuer Bauten sind einkalkuliert, und wenn wirklich zu wenig Geld da ist, müssen alle Bereiche kürzer treten.
Vor allem aber ist Kultur mehr als Infrastruktur. Wir haben mittlerweile ein sehr reiches Angebot, aber ich habe den Eindruck, dass es noch besser vermarktet und vernetzt werden muss. Luxemburg zeigt eher den ausländischen Besuchern seine Schätze als seinen eigenen Bürgern. Wir müssen also die Kultur unter die Leute bekommen. Das Kulturjahr 2007 kommt da gelegen, und die Vorbereitungen sind sehr vielversprechend.

Dernière mise à jour