Interview mit Claude Wiseler, Minister für öffentliche Bauten und für den öffentlichen Dienst

Télécran: Woran merken Sie morgens, dass Sie nun als Minister durchs Leben gehen?

Claude Wiseler: Mein Terminkalender ist noch voller. Die Zahl der Menschen, die mich um eine Unterredung bitten, ist um ein Vielfaches gestiegen.

Sind Sie überrascht, sich schon nach nur einer Legislaturperiode im Abgeordnetenhaus in der Regierung wiederzufinden?

In der Politik überrascht mich nichts. Wer sich Wahlen stellt, muss mit allem rechnen.

Minister der öffentlichen Bauten, Minister des öffentlichen Dienstes und der Verwaltungsreform, wie haben Sie Ihren drei Kindern den neuen Job erklärt?

Deren erste Frage galt nicht inhaltlich meiner neuen Aufgabe, sondern zeitlich. Die wollten wissen, ob das Ministeramt bedeutet, noch weniger zuhause zu sein. Die Organisation des Berufs- und Familienlebens war ein wichtiges Thema. Inhaltlich war es eigentlich einfach, ihnen meine neuen Aufgaben zu erklären. Zum einen sind sie ja schon zwischen 15 und 18 Jahre alt, wissen also, was Hoch- und Tiefbau, was Staatswesen und Verwaltung darstellen. Zum anderen interessieren sie sich schon für Politik und haben mich bereits begleitet, etwa zu Kongressen der Partei.

Bedauern Sie den Abschied aus der Gemeindepolitik?

Ich bin wirklich traurig, dass das Kapitel Gemeindepolitik für mich zu Ende ging. Schließlich hatte ich viereinhalb Jahre lang die Möglichkeit, in einem so dynamischen Bereich wie der Schule viel verwirklichen zu können. Aber meine Nachfolgerin Martine Stein-Mergen macht das genauso gut. Die Kandidatur als Bürgermeister war eine Option. Ich habe mit meinem Schöffenkollegen Laurent Mosar lange darüber gesprochen, wer bleiben soll.

Sind Sie auf Ihren Einsatz im Bautenministerium als Nachfolger von Erna Hennicot-Schoepges gut gerüstet? Da kann einem ja schon mal ein Stein auf den Kopf fallen.

Ich meine, ich habe einen harten Kopf, und auf Baustellen muss man sowieso einen Schutzhelm tragen. Und so schwer das Fachressort auch sein mag, man kann sich in alles einarbeiten.

Welcher Methode bedienen Sie sich dabei?

Meine Methode ist Arbeit. Ich mache das gerne. Einarbeiten bedeutet vor allem lesen, lesen, lesen, bis tief in die Nacht hinein. Ich lasse mir alle Akten kommen und studiere sie genau. Ich funktioniere nur, wenn ich alle Details kenne, die Hintergründe verstehe. Daher nehme ich mir auch bei Gesprächen mit den einzelnen Verantwortlichen Zeit, höre genau zu. Urlaub hatte ich jetzt drei Tage. Mehr wollte ich nicht, ich kenne mich. Da würden mir am Strand nur Fragen zur neuen Arbeitsstelle durch den Kopf gehen, und ich würde nervös, weil die Antworten darauf in Akten stehen, die im Büro liegen.

Sie wirken immer so besonnen. Was bringt Sie aus der Ruhe?

Ich probiere, mich von nichts aus der Ruhe bringen zu lassen. Sonst läuft man Gefahr, falsch zu reagieren, Fehler zu machen. Das will ich nicht. Ich will meine Arbeit gut und korrekt machen. Nervös werde ich, wie gesagt, nur, wenn ich meine, nicht alle Details eines Vorgangs zu kennen. Dann stelle ich meinen davon leicht genervten Mitarbeitern auch zum dritten Mal die gleiche Frage.

Zuletzt hat es ja heftig gekracht im Bautenressort, Rivalitäten zwischen den einzelnen Verwaltungen traten zu Tage – wie ist die Lage heute?

Ich gehe prinzipiell mit einem Vertrauensvorschuß an meine Mitarbeiter heran und habe in den beiden Ministerien, die ich leite, auch kooperative und kompetente Mitarbeiter vorgefunden. Ich werde den Dialog mit allen fördern. Ein ordentliches Vertrauensverhältnis zwischen Beamten und Politikern ist die Basis für eine gute Arbeit. Das ist meine eigene Erfahrung aus 17 Jahren in der Staatsverwaltung.

Was dürfen Sie als neuer Minister für Hoch- und Tiefbau überhaupt in Zeiten der neuen Sparsamkeit noch bauen? Sind Sie etwa nur Vollender von Prachtbauten?

Vollender bin ich in dem Sinn, als es gilt, eine Reihe laufende wichtige und große Projekte fristgerecht fertig zu stellen. Was Neubauten unter meiner Amtsführung betrifft, so liegt der Schwerpunkt erstens auf schulischen Infrastrukturen, zweitens auf Einrichtungen für EU-Behörden. Wenn Luxemburg seinen Stellenwert als Standort wichtiger EU-Organe behaupten will, muss es in der Hinsicht deutliche Anstrengungen unternehmen. Bauen ist im übrigen nicht die einzige Aufgabe in diesem Ministerium. In enger Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Landesplanung gilt es, Visionen für den Infrastrukturbedarf der nächsten 20 Jahre zu entwickeln.

Premierminister Jean-Claude Juncker gab die Parole vor, billiger zu bauen? Was ist darunter zu verstehen?

Wenn weniger Einnahmen in der Staatskasse zu verzeichnen sind, heißt verantwortungsvoll zu regieren, auch genau zu prüfen, was noch finanzierbar ist, wo sich Kosten vermeiden lassen. So könnte beispielsweise die Expertenkommission, die öffentliche Bauten in der Planungsphase begleitet, künftig auch die Bauphase überwachen, um Kostensteigerungen besser zu vermeiden. Zeit und damit Geld lässt sich auch sparen, wenn bestimmte Bauten ohne Qualitätsverlust nach standardisierten Plänen errichtet werden, etwa Schulen.

Sie sind selbst Beamter und nun oberster Dienstherr der Staatsdiener – schärft das den Blick oder verstellt es ihn?

Weder noch. Ich bin aufgrund meines beruflichen Werdegangs sicherlich ein Kenner des Verwaltungsapparats und will die Reformarbeit vorantreiben, die im übrigen ein kontinuierlicher Prozess bleiben wird. Ein wichtiger Aspekt ist die Bündelung der Zuständigkeit für E-Letzebuerg, den elektronischen Zugang zu Behörden, in diesem Ministerium. Die Lage ist nämlich durchaus verbesserungsbedürftig, wie EU-Untersuchungen belegen. Wenn Luxemburg als Standort neuer Kommunikationstechnologien sich behaupten will, muss auch E-Letzebuerg auf ein entsprechend hohes Niveau gehievt werden.

Sie sind neu im Amt, Ihr Parteifreund Fernand Boden gerade zum 6. Mal Minister geworden – auch ein Perspektive für Sie?

Das kann ich mir nicht vorstellen. Der hat ja wirklich jung angefangen.

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