Erfolgsrezept Bürgernähe und Hintergrundarbeit. Interview avec le ministre de l'Agriculture, de la Viticulture et du Développement rural, ministre des Classes moyennes, du Tourisme et du Logement

Luxemburger Wort: Wie sind Sie eigentlich zur Politik gekommen?

Fernand Boden: Ich war ein zufriedener Mathematikprofessor in Echternach. Dann kamen die Gemeindewahlen 1969. Ich habe damals kandidiert, um verschiedene kommunale Probleme der Abteistadt zu lösen. Etwa eine Straße durch den Echtemacher Park, die damals sehr umstritten war. Auch die Sporteinrichtungen waren nicht nach meinem Geschmack.

Dann kamen die Legislativwahlen 1979. Sie erhielten auf Anhieb große Zustimmung beim Wähler...

Fernand Boden: Ja, und da stellte sich die Frage, ob ich bereit sei für das Amt des Bildungsministers.

Nach der Gemeinde wollten Sie also die Bildungspolitik verändern?

Fernand. Boden: Ja, denn vieles stand damals auf der Tagesordnung: die Kluft zwischen Politik und Lehrern in Sachen Gesamtschule, Praktikanten ohne Stelle und auch sehr schlecht gestellte Privatschulen.

Trotz des schwierigen Ressorts hatten Sie 1984 und 1989 gute Wahlresultate...

Fernand Boden: Ja, und nach zehn Jahren Bildungsminister wurde ich dann ja auch Familienminister. Und ich glaube, dass ich dieses Ministerium wirklich zu einem Schlüsselministerium und Pfeiler der Luxemburger Gesellschaft ausgebaut habe.

Haben Sie Ihren Schritt, in die Berufspolitik zu gehen, eigentlich nie bereut?

Fernand Boden: Nein, obschon ich ja kein Berufspolitiker war. Und das Wort Dankeschön hört man auch nicht sehr oft. Aber letztlich macht Politik doch Spaß.

Haben Sie als Minister eigentlich noch Zeit für Familie und Freizeit?

Fernand Boden: Als ich Minister wurde, waren meine Söhne drei und sechs Jahre alt. Da habe ich schon versucht, möglichst viel Zeit mit meiner Familie zu verbringen. Aber man muss schon Abstriche machen. Ich bin froh und dankbar, dass meine Familie dies so akzeptiert hat. Und gerade meine Frau Tilly war oft meine erste Beraterin.

Sie sind auch ein sehr sportlicher Mensch...

Fernand Boden: Ich spiele noch praktisch jeden Samstagabend Tischtennis in der zweiten Echtemacher Mannschaft. Und wenn ich gestresst bin, jogge ich als Ausgleich.

Haben. Sie deshalb nie abgehoben als Minister?

Fernand Boden: Meine Name prädestiniert mich ja dazu, am Boden zu bleiben. Aber Sie haben schon Recht: Ich liebe den Kontakt zu den Menschen. Schon als Professor habe ich mich gerne mit Schülern und Kollegen unterhalten. Ich habe meine Freunde beibehalten. Ich suche gezielt das Gespräch mit Menschen. Das ist sehr wichtig für einen Politiker. Nur so kann man spüren, was den Menschen am Herzen liegt.

Ist diese Bürgemähe auch Ihr Erfolgsrezept?

Fernand Boden: Ja, das kann man schon so sagen. Dabei ist Bürgernähe nicht immer ganz einfach, weil man ja beständig Termine im In- und Ausland wahrnehmen muss. Aber der Rat von Bürgern mit gesundem Menschenverstand ist mir sehr wichtig.

Wie gehen Sie eigentlich mit Kritik an Ihrer Arbeit um? Tut sie manchmal weh?

Fernand Boden: Unberechtigte Kritik eigentlich nicht. Aber berechtigte Kritik tut schon sehr weh. Aber ich habe immer versucht, zweimal nachzudenken und mich in die Dossiers einzuarbeiten, bevor ich große Ankündigungen gemacht oder Entscheidungen getroffen habe.

Ist dies heute eigentlich noch möglich in der schnelllebigen Politik?

Fernand Boden: Es ist sehr viel schwieriger geworden. Und ich bedauere dies. Die Oberflächlichkeit in der Politik nimmt zu. Es kommt leider immer mehr auf Verpackung als auf Inhalte an. Die ruhige Überlegung, das Einarbeiten in Dossiers bleibt dabei auf der Strecke. Ich habe immer auf "Tam-Tam" verzichtet und in der Sache gearbeitet.

Ist dies der größte Unterschied zwischen der heutigen Politik und der Politik vor 25 Jahren?

Fernand Boden: Ja, das sieht man schon bei den Premierministern. Zwischen dem Stil von Pierre Werner und Jean-Claude Juncker liegen Welten. Das bedeutet nicht, dass der eine oder andere besser oder schlechter war. Aber wenn man heute Erfolg haben will, muss man sich einfach an diese Schnelllebigkeit anpassen. Arbeit auf dem Terrain reicht nicht mehr aus. Man muss sich auch in den Medien verkaufen können. Dies ist in der Tat der große Unterschied zu den 70er Jahren.

Wie macht sich dies in der Praxis bemerkbar?

Fernand Boden: Oft muss man z. B. Stellungnahmen abgeben, ohne sich intensiv mit der Problematik befasst zu haben. Auch wenn ich immer versucht habe, dies möglichst zu vermeiden.

Ist diese Dossierarbeit ein zweites Element Ihres Erfolgs?

Fernand Boden: Auch das kann man so sagen. Ich bin kein geborener Politiker. Mein Schwerpunkt lag immer in der gewissenhaften Arbeit im Interesse der Menschen.

Warum haben Sie sich eigentlich in der Christlich-Sozialen Volkspartei engagiert?

Fernand Boden: Soziale Gerechtigkeit und Freiheit waren mir immer sehr wichtig. Und auch allgemein die christlichen Grundwerte. Ich bin auch eher ein Mensch des Miteinander als des Gegeneinander.

Sie waren Minister in den Regierungen von Pierre Werner, Jacques Sanier und Jean-Claude Juncker. Wie würden Sie die drei Persönlichkeiten charakterisieren?

Fernand Boden: Es waren und sind drei sehr verschiedene Persönlichkeiten. Herr Werner hat sehr viel überlegt, bevor er eine Entscheidung getroffen hat. Er hat sich auch stark an katholischen Werten orientiert. Jacques Santer ist eher der gesellige Mensch, der aber auch ein starkes soziales Gewissen hat. Und Jean-Claude Juncker ist einfach ein unglaubliches, politisches und rhetorisches Talent. Auch auf dem internationalen Parkett. Er hat ein politisches Gespür wie nur wenige andere.

Welche Ressorts lagen Ihnen am meisten am Herzen?

Fernand Boden: Zunächst das Bildungsministerium. Es war mein erstes Ressort und ich komme aus dem Beruf. Mein Herz liegt da. Aber auch das Familienministerium war mir sehr wichtig. Auch hier konnte ich meine Grundwerte in die Tat umsetzen. Sehr wichtig sind für mich auch kleinere und mittlere Betriebe als Pfeiler der Wirtschaft. Und dazu zählen auch Landwirtschaft und Winzertum.

Und natürlich das Ressort Tourismus ...

Fernand Boden: Ja, seit 25 Jahren bin ich Tourismusminister. Ich erinnere mich, dass Herr Werner scherzhaft gesagt hat, dass mich das Tourismusministerium nach der schwierigen Arbeit im Bildungsressort aufmuntern soll. Ich komme aus Echtemach. Tourismusarbeit hat mir immer Spaß bereitet. Auch noch heute.

Spiegelt sich darin auch Ihre Verbundenheit mit dem Osten des Landes wider?

Fernand. Boden: Ich hatte das Glück, immer Ministerien zu haben, die eng mit dem Osten verbunden waren. So konnte ich auch vieles für den Osten erreichen, ohne jedoch Lobbyist einer Region zu sein.

Haben Sie noch Wunschministerien?

Fernand Boden: Ich wäre gerne Innen- oder Budgetminister geworden. Aber man kann nicht alles machen.

Welches war Ihr schönstes Erlebnis als Minister in 25 Jahren?

Fernand Boden: Es waren immer Meilensteine nach schwierigen Verhandlungen: Ich denke etwa an das Privatschulgesetz Anfang der 80er Jahre. Auch das Forschungsgesetz aus den 80er Jahren war ein solcher Meilenstein.

Welcher Moment war der schwierigste in Ihrer beruflichen Laufbahn?

Fernand Boden: Es waren hochgespielte Polemiken, bei denen man die Welt nicht mehr verstanden hat. Etwa im Bildungs- oder auch im Familienministerium. Ich will nicht näher darauf eingehen. Aber es tut schon weh, wenn der Mann und nicht der Ball gespielt wird.

Haben Sie politische Vorbilder?

Fernand Boden: Ich war immer sehr beeindruckt von der Weitsicht des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl.

Wie sehen Sie Ihre persönliche politische Zukunft?

Fernand Boden: Ich habe jetzt 61 Jahre. Mein Ziel ist es nicht unbedingt, wieder in der nächsten Regierung zu sein. Wir werden sehen.

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