Gleichgewicht zwischen Verbrechensbekämpfung und Schutz von Grundrechten finden. Interview avec le ministre de la Justice, ministre de la Défense, Luc Frieden

Luxemburger Wort: Nach der Neubildung der Regierung hat es von bestimmter Seite ziemlich vehemente Kritik gegeben, weil Sie als Justizminister auch für die Armee und die Polizei zuständig wurden. Die Vorwürfe reichten von fehlender Gewaltentrennung bis hin zu gefährlicher Interessenvermischung. Was antworten Sie den Gegnern der jetzigen Ressortverteilung?

Luc Frieden: Was in diesem Zusammenhang gesagt wurde, ist falsch. Hinweisen möchte ich darauf, dass wir von 1969 bis 1974 diese Situation bereits mit Minister Eugène Sehaus hatten. Auch muss man wissen, dass in ganz vielen europäischen Staaten, wie zum Beispiel in Dänemark, Norwegen, Irland und der Schweiz, also alles Länder, in denen die Menschenrechte hochgehalten werden und es eine Gewaltentrennung gibt, die Polizei stets dem Justizministerium zugeteilt ist. Dies trifft übrigens auch für die USA zu.

Meiner Meinung nach macht es Sinn, dass jene, die eng in der Kriminalitätsbekämpfung zusammenarbeiten müssen, nämlich Staatsanwaltschaft und Polizei, usammengestrickt werden und eine einzige politische Verantwortung für sie vorgesehen wird.

Dies bedeutet keine Änderung am Prinzip der Gewaltentrennung, denn es ist nur selbstverständlich, dass im Fall eines Fehlverhaltens der Polizei sowohl die Generalinspektion der Polizei als auch die Gerichte als unabhängige Organe ihre Kontrollfunktion wahrnehmen. Der Justizminister hat keine Befugnisse, um den Gerichten Anweisungen zu geben, ein eventuelles schlechtes Benehmen nicht zu verfolgen.

Sicherheit ist eine ganz wichtige Aufgabe in einem Staat, und daher ist es sinnvoll, gerade in diesen Zeiten der größten Gefährdung der Demokratie durch den Terrorismus all das, was mit innerer und äußerer Sicherheit zusammenhängt, zu bündeln. Dies, um die Informationen zusammen analysieren und effizient handeln zu können.

Inwiefern ist es bisher unter dem neuen Regime in der Praxis zu einer Kooperation zwischen den einzelnen Sicherheitseinrichtungen gekommen?

Luc Frieden: Eigentlich hat diese Kooperation schon in der Vergangenheit bestanden. Das jetzige Ziel besteht darin, sie zu konsolidieren., und eine richtige Sicherheitspolitik festzulegen. Es liegt in der Natur der Sache, die Prioritäten der Strafverfolgungsbehörde und der Polizei gemeinsam zu definieren. Als Beispiele seien der Kampf gegen den Drogenhandel genannt, wo wir in den letzten Monaten mit voller Härte vorgingen, und auch die Bekämpfung der illegalen Einwanderung, wo es weiter darum geht, konsequent jene zurückzuführen, die kein Aufenthaltsrecht in Luxemburg haben. Ebenso geht es darum, bei der vorbeugenden Bekämpfung des Terrorismus die Informationen der einen und der anderen zusammenzutragen und wenn nötig zu handeln.

Insofern hatte der Justizminister bereits in der Vergangenheit mit der Polizei zu tun. Mein Gebiet wurde bloß auf die präventive Polizeiarbeit ausgeweitet.

Ohnedem bin ich in meiner Eigenschaft als Justizminister für die Kriminalpolizei zuständig. Es gab also schon eine Zusammenarbeit.

Und wie verhält es sich mit der Armee, die jetzt noch hinzu gekommen ist?

Luc Frieden: Für mich ist klar, dass die Sicherheit im Land und die Sicherheit draußen immer enger zusammen gehören.

Auch verhält es sich eindeutig so, dass der Einsatz der luxemburgischen Armee und anderer europäischer Länder in Afghanistan und auf dem Balkan eine direkte Auswirkung auf die Sicherheit zuhause hat. In Afghanistan geht es nämlich darum, die Trainingslager der Terroristen definitiv zu zerstören, und auch das Regime, das sie zuließ. Auf dem Balkan soll die Stabilität erhalten werden, ansonsten wir es nicht fertig bringen, die von dort kommende Kriminalität und die Flüchtlingsströme zu unterbinden.

Stabilität draußen ist die Bedingung, um daheim Sicherheit zu schaffen. Daher ist es wesentlich, die interne und die externe Sicherheit miteinander zu verbinden.

Mit einer gewissen Euphorie unterzeichneten Sie am vergangenen 28. Mai in Val Duchesse bei Brüssel zusammen mit Ihren Amtskollegen aus Belgien, Deutschland, den Niederlanden und Österreich eine gemeinsame Erklärung für eine verstärkte Zusammenarbeit der fünf Länder im Kampf gegen den Terrorismus, das organisierte Verbrechertum und die illegale Einwanderung. Man hat nunmehr aber den Eindruck, dass die Umsetzung dieser Erklärung in Form einer Konvention bis Ende dieses Jahres etwas ins Stocken geraten ist. Ist dem so?

Luc Frieden: Ich bleibe fest davon überzeugt, dass wir die Sicherheit nur durch eine engere Zusammenarbeit in Europa verbessern können. Besonders in einem kleinen Land wie Luxemburg hat der Großteil der Kriminalität Verästelungen ins Ausland. Kriminelle Straftaten können daher nur verhindert oder verfolgt werden, wenn wir Informationen von ausländischen Autoritäten haben.

Dies zu 25 tun zu wollen, ist äußerst schwierig, besonders da auf EU-Ebene noch das Einstimmigkeitsprinzip bei Abstimmungen gilt. Daher müssen wir weiter daran arbeiten, alles was schneller möglich ist, zumindest als Pilotprojekt in ein paar Ländern zu tun.

Es stimmt, dass dies uns bisher noch nicht voll geglückt ist. Die Ursache dafür hängt damit zusammen, dass unsere Systeme, besonders jene im Zusammenhang mit dem Informationsaustausch in den Datenbanken noch ganz unterschiedlich sind. Deshalb laufen unsere Diskussionen, die länger als ursprünglich erwartet dauern, darauf hinaus, dass die einzelnen Systeme interoperabel gemacht werden können, und dass wir uns gemeinsame Zugangsregeln geben.

Schwierig werden die Diskussionen, weil auch hier ein Gleichgewicht gefunden werden muss zwischen der Verbrechensbekämpfung und dem Schutz verschiedener Grundrechte, beispielsweise dem Datenschutz. Es ist unsere Aufgabe, die Privatsphäre und die öffentliche Sicherheit unter einen Hut zu bringen.

Nichtsdestotrotz bin ich aber überzeugt, dass wir, wie versprochen, in den nächsten Monaten die eingangs erwähnte Vereinbarung abschließen können.

Kommen wir von der europäischen Kooperation im Sicherheitsbereich zur großen internationalen Zusammenarbeit auf diesem Gebiet. Da kommt offenbar eine neue Rolle auf die Nato und damit auch auf unsere Armee zu?

Luc Frieden: Nach dem Ende des Kalten Krieges ist einerseits der Frieden auf eine definitivere Art sichergestellt worden, doch kamen andererseits internationale neue Bedrohungen auf uns zu, dies durch einen auf islamistischem Fundamentalismus beruhenden Terrorismus. Das Ziel dieser Terroristen besteht darin, unser Verständnis von Freiheit und Demokratie zu zerstören, indem unschuldige Menschen terrorisiert werden. Die Ursachen sind der Nahost-Konflikt, die Armut in der Welt und die fundamentalistische Auslegung von Überzeugungen.

Neu am jetzigen Terrorismus im Vergleich zu dem von früher ist dessen Internationalität. So sind gemeinsame Elemente zwischen den Anschlägen von Beslan, New York und Madrid festzustellen. Deshalb muss es zu einer engeren Zusammenarbeit von Polizei und Armee kommen.

An den neuen internationalen Aufgaben der Nato, der wir unsere Freiheit verdanken, muss Luxemburg als Mitgliedstaat mitmachen und seinen Beitrag leisten. Dies bedingt eine Umstrukturierung der Armee, damit wir kurzfristig und effizient an internationalen Operationen teilnehmen können. In diesem Sinne bin ich dabei, zusammen mit der Nato und der Europäischen Union auszuloten, welche Nische die luxemburgische Armee bei einem solchen Einsatz erfüllen könnte. Die Organisation des Nordatlantikvertrages steht in einem Umwandlungsprozess, und Luxemburg will dabei ein verantwortungsbewusster Akteur sein. Das stellt für mich als Minister und auch für die Armee selbst in den nächsten fünf Jahren eine riesige Herausforderung dar.

Selbstverständlich bedeutet diese im Interesse von Frieden und Stabilität erfolgende Umstrukturierung der Armee eine Erhöhung des Verteidigungshaushaltes.

Zum Schluss eine Frage, die alle reisegewohnten Luxemburger stark interessieren dürfte: Wann kommt der neue Pass mit biometrischen Identifizierungsmerkmalen, wie diese besonders auch von den USA verlangt werden?

Luc Frieden: Es ist wichtig, dass wir uns bei der Prävention von Kriminalität und Terrorismus verbessern. In dieser Hinsicht gibt es zwei wichtige Elemente: einerseits eine bessere Kontrolle der Außengrenzen und anderereits bessere Überprüfungsmöglichkeiten der Reisedokumente, um zu erfahren, mit wem wir es wirklich zu tun haben.

Aus diesem Grunde müssen sowohl die Visen als auch die Pässe und die Identitätskarten fälschungssicherer gemacht werden. Nicht zuletzt aber muss sichergestellt werden können, dass es sich beim Inhaber eines Reisedokumentes auch wirklich um die betreffende Person handelt.

Laut den neuesten Erkenntnissen ist die Biometrie das beste Instrument für eine solche Sicherstellung. Demnach arbeiten wir an gemeinsamen Standards in Europa und mit den USA, um die Reisedokumente sicherer zu machen.

Ich gehe davon aus, dass wir solche Pässe, die im Vergleich zu heute keine Einschränkung der Privatsphäre bedeuten, ab 2006 haben werden. Durch das digitalisierte Photo mit den biometrischen Angaben und durch die Fingerabdrücke machen wir eigentlich nichts anderes, als unsere alten Pässe an die neuen Technologien anzupassen.

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