Nicolas Schmit au sujet des relations UE-Russie

Herr Minister, Sie waren zusammen mit Premier Juncker am Dienstag zu politischen Gesprächen in Moskau. Russlands Einflussbereich hat in den letzten Jahren strukturell abgenommen. Inwiefern ist das ein Problem für die Europäische Union?

Es ist festzustellen, dass die Beziehungen zwischen Russland und der EU auf verschiedenen Punkten derzeit ins Stocken geraten sind. Auch die globale Atmosphäre, und dies ist bei den internationalen Beziehungen zwischen Staaten nicht unwichtig, ist nicht besonders gut. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Die Ukraine ist einer davon, Menschenrechtsfragen, die Lage der russischen Minderheiten in den baltischen Staaten und die Situation in Tschetschenien gehören auch dazu. Die EU braucht Russland als Partner, zum einen politisch als auch in Zukunft wirtschaftlich. Die Luxemburger EU-Ratspräsidentschaft hat klar gemacht, dass sie die Wiederbelebung der Beziehungen zwischen der EU und Russland als eine ihrer großen Prioritäten sieht. Es geht also darum, die bestehenden Probleme zu sondieren. Man muss nach Wegen suchen, diese Probleme zumindest einer Lösung zuzuführen, um die Situation zu entspannen. Für Luxemburg ist das eine große Priorität.

Am Freitag wird es aller Voraussicht nach grünes Licht für EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei geben. Die Ukraine ist durchaus mit der Türkei vergleichbar. Wird Kiew eine Beitrittsperspektive verweigert, weil Russland nicht noch mehr verärgert werden soll?

So stellen sich die Probleme nicht dar. Die Ukraine könnte zwar sehr langfristig eine EU-Perspektive haben. Sogar Russlands Staatspräsident Putin hat das nicht ausgeschlossen. Er hat aber auch festgestellt, dass diese europäische Perspektive für die Ukraine jetzt nicht zur Debatte steht. Man sollte nicht von der Türkei auf die Ukraine schließen. Jeder weiß, dass in Europa gewisse Gleichgewichte geschaffen wurden.

Diese Gleichgewichte sind wichtig. Als EU müssen wir die Ukraine stark unterstützen. Das will aber nicht heißen, dass wir jetzt schon über Beitrittsperspektiven diskutieren. Diese geopolitischen Überlegungen haben ihre Wichtigkeit, und hier ist weises Handeln gefragt.

Russland fühlt sich von allen Seiten bedrängt. Wie beurteilen Sie nach Ihrem Treffen mit Präsident Putin und Premier Fradkow die Selbsteinschätzung Russlands?

Im direkten Gespräch fällt es schwer, dieses Thema mit der russischen Führung anzugehen. Man spürt aber aus den Analysen, die Präsident Putin gemacht hat, dass Russland zumindest den Eindruck hat, dass es eingeengt oder bedrängt ist. Die erweiterte EU und NATO sowie die Lage im Kaukasus sind neue geopolitische Realitäten. Chinas Herausforderung ist eine Konstante der russischen Außenpolitik. Russland hat Schwierigkeiten, mit dem Übergang von einer Weltmacht zur Großmacht mit begrenzten Mitteln fertig zu werden. Dieses Gefühl der Bedrängtheit, welches nicht komplett von der Hand zu weisen ist, wenn man die Entwicklung aus russischer Perspektive betrachtet, ist jedoch mehr Eindruck als Wirklichkeit.

Deshalb ist es wichtig, mit Russland den politischen Dialog zu führen. Russland soll sich nicht mehr bedrängt, sondern als voller Partner der EU fühlen. Eine neue Qualität der Beziehungen zwischen der EU und Russland muss entwickelt werden. Die Luxemburger EU-Ratspräsidentschaft räumt einem Wiedererstarken des Dialogs mit Russland daher hohe Priorität ein.

Der Luxemburger EU-Ratsvorsitz wird auch den Friedensprozess am Nahen Osten als Priorität haben. Kam das Thema, oder das für Russland bedeutende Iran-Dossier, in Moskau zur Sprache?

Diese Punkte standen in Moskau nicht auf der Tagesordnung. Sie scheinen nicht zu Russlands Prioritäten zu zählen. Im Iran, wo durch die EU eine gewisse Beruhigung geschaffen werden konnte, hat Teheran Verpflichtungen auf sich genommen. Andererseits besteht die Hoffnung, dass der Friedensprozess im Nahen Osten einen neuen Elan bekommt. Hier hat sich Russland nicht angemeldet. Durch die Themen, die Präsident Putin angesprochen und ausgelassen hat, sieht man der russischen Politik ein gewisses Maß an Selbstzentrismus an. Die Konzentration findet auf Russlands eigene Sphäre, Moskaus nähere Nachbarschaft, statt. Dies zeigt, dass die Angst, eingeengt zu werden, im russischen Bewusstsein verankert ist. Russlands Präsident hat auch den Begriff des post-sowjetischen Raumes verwendet. Dies bezieht sich auf die Länder, die heute unabhängig sind, aber vormals zur Sowjetunion gehörten. Auch dies ist ein Symptom dafür, dass die großen geopolitischen Umwälzungen von Russland noch nicht ganz verkraftet wurden.

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