Le Premier ministre, Jean-Claude Juncker, au sujet du référendum espagnol sur le traité constitutionnel de l´UE

Christopher Ricke: Der morgige Tag kann ein guter Tag für Europa werden. Als erstes Land der Europäischen Union wird Spanien in einer Volksabstimmung über die Annahme der EU-Verfassung entscheiden. Das ist nicht die Regel. Ein Drittel der 25 EU-Länder wollen den Weg des Referendums gehen, die anderen entscheiden im Parlament. Dass Spanien den Anfang macht, ist natürlich kein Zufall. Spanien ist zutiefst pro-europäisch, es wird wohl gelingen bei dem Referendum, alles andere wäre ein Desaster. Jean-Claude Juncker ist der EU-Ratspräsident. Guten Tag, Herr Juncker.

Jean-Claude Juncker: Guten Tag.

Christopher Ricke: Morgen heißt es Daumen drücken für Europa. Sind Sie auch so optimistisch?

Jean-Claude Juncker: Es ist Sache der Spanier morgen zu entscheiden, ob sie Ja oder Nein zu diesem europäischen Verfassungsvertrag sagen. Ich bin optimistisch, vernünftigerweise optimistisch und ich glaube schon, wenn die Spanier morgen massiv Ja sagen, dass dies überall in Europa als ein Aufbruchssignal empfunden werden könnte, um ohne Wenn und Aber, trotz kleiner Wenn und Aber, klein geschrieben Ja sagen könnten und würden zu diesem europäischen Verfassungs-vertrag.

Christopher Ricke: Jetzt wird es in mehreren Ländern Volksabstimmungen geben. Man weiß ungefähr welche Länder pro-europäisch, man weiß, welche Länder kritisch eingestellt sind in der Bevölkerung. Wie wichtig ist die Wahlbeteiligung bei einem Referendum?

Jean-Claude Juncker: Das hängt wesentlich davon ab, ob es in den betroffenen Ländern sich um ein Referendum handelt, an dem man teilnehmen muss, dies wird zum Beispiel der Fall am 10. Juli in diesem Jahr in Luxemburg sein, oder ob die Bürger nicht gezwungen sind per Gesetz an diesem Wahlgang teilzunehmen. Ich wünschte mir, dass auch in Spanien, es sieht zur Zeit nicht so aus, dass es zur massiven Beteiligung kommt. Erstaunlich ist ja, dass sowohl die europäische Publizistik als auch die europäische Zivilgesellschaft immer wieder monieren, indem sie es kritisieren, dass über europäische und andere Angelegenheiten der Volkssouverän nicht direkt gefragt werden würde. Wird er befragt, tut er sich schwer, sich in Bewegung zu setzen, um an derartigen Wahlgängen teilzunehmen. Ich wünsche eine massive Wahlbeteiligung, wäre aber nicht überrascht, wenn es nicht dazu käme.

Christopher Rike: Hohe Wahlbeteiligungen gibt es oft, wenn man etwas ablehnt. Unter den Ländern mit einer deutlich Europa-kritischeren Bevölkerung, als zum Beispiel Spanien oder Luxemburg, sind Länder wie Großbritannien, Polen und Tschechien. Da haben sich ja sogar die Europa-Abgeordneten mehrheitlich gegen die Verfassung gestellt. Wie groß ist denn das Risiko, dass Europa in einem dieser Länder eine Niederlage erleben wird?

Jean-Claude Juncker: Ich kann nicht ausschließen, dass es in einem der geplanten Referenden zu einer negativen Beurteilung durch den Volkssouverän kommen könnte. Träte dies ein, werden wir uns mit der dann eingetretenen Lage beschäftigen müssen. Täten wir jetzt so, als hätten wir uns schon damit beschäftigt, würden wir Wasser auf die Mühlen derer gießen, die eh die Absicht haben, diesem europäischen Verfassungsvertrag ihre Zustimmung zu verweigern. Ich bin dafür, dass man über Probleme nachdenkt, und dass man dieses Nachdenken öffentlich macht, wenn die vorgedachte Lage eintritt, nicht vorher.

Christopher Rike: Man hat die Termine ja sehr klug gesetzt. Länder in denen es kippen könnte, stehen im Terminkalender bei den Volksbefragungen hinten an. Man könnte auch eine Stimmung erzeugen, nach dem Motto: 20 haben schon Ja gesagt, jetzt darf es an euch nicht scheitern. Ist das die richtige Politik?

Jean-Claude Juncker: Da hab ich erhebliche Zweifel, ob das die richtige Politik wäre. Es hat keine Absprache zwischen den europäischen Regierungschefs gegeben wann, wo ein Referendum stattfinden sollte. Ich hatte angeregt, im Juni 2004, dass wir doch versuchen sollten, innerhalb einer Periode von sechs Wochen überall diese Referenden durchzuführen. Das haben einige angesichts ihrer innenpolitischen Agenda nicht haben wollen, und jetzt zieht sich diese Volksbefragungsperiode über 18 Monate hin, was eigentlich ein Unding ist. Man sollte dies in kurzen Zeitabschnitten tun können.

Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass sich ein Franzose oder ein Brite, der einem Referendum teilzunehmen gedenkt, davon beeindrucken lassen wird, wie denn in anderen Ländern abgestimmt würde. Wir haben so etwas wie europäische öffentliche Meinungen noch nicht herstellen können. Es bleibt dabei, dass jeder aus seinem Landesblickwinkel heraus diesen europäischen Verfassungsvertrag beurteilt, und ich glaube nicht, dass es, mit Ausnahme des spanischen Falles, so etwas wie Signalwirkung geben könnte. Wenn die Spanier Nein sagen würden morgen, das hätte erhebliche Auswirkungen auf die weiteren Volksabstimmungen. Wenn die Spanier Ja sagen, wovon ich ausgehe, und späterhin sagt jemand Nein, dann wir dies nicht denselben Impakt zeitigen können als ein negatives spanisches Votum dies täte.

Christopher Ricke: Die europäische Heterogenität die Sie beschrieben haben, die erlebt man vielleicht auch in den kommenden Tagen wenn US-Präsident Bush nach Europa kommt. Dort wird es Gespräche geben, Sie werden ihn treffen. Sie vertreten eben dieses vielstimmige Europa und Sie sprechen mit dem Mann, der für das große US-Amerika steht. Werden Sie ihm erklären können, wie sich die transatlantischen Beziehungen entwickeln müssen?

Jean-Claude Juncker: Es ist in beiderseitigem Interesse, wenn das transatlantische Verhältnis qualitativ nach oben verbessert wird. Der Status quo der Beziehungen ist nicht wirklich eine Option, die man auf Dauer wird zur Politik erklären können. Amerikaner und wir sind sehr daran interessiert, dass wir unser Verhältnis verbessern. Dies macht der amerikanische Präsident ja auch dadurch deutlich, dass er nach seiner Wiederwahl seine erste Auslandsreise nach Europa macht. Er bringt damit zum Ausdruck, dass er um eine Verbesserung der Beziehungen zur Europäischen Union interessiert ist. Nun spricht Europa nicht in allen Fällen, wie Sie zu Recht bemerkt haben, aus einem Munde. Ich werde mich um einstimmige Interpretation des europäischen Mischchores bemühen.

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