Luc Frieden au sujet de l'aide militaire de l'UE au Soudan

Elke Durak: Was hat europäische Sicherheitspolitik mit der Situation im sudanesischen Darfur zu tun? Immerhin haben die EU-Verteidigungsminister Anfang der Woche der Afrikanischen Union Hilfe zugesagt bei dem Einsatz ihrer Friedenstruppen und über diese Hilfe soll heute in Addis Abeba bei einer internationalen Sudan-Konferenz Genaueres vereinbart werden. Die EU-Zusage hat der luxemburgische Verteidigungsminister Luc Frieden offiziell gegeben in seiner Funktion als Vorsitzender des EU-Verteidigungsministerrates. Er ist nun am Telefon. Herr Frieden, was haben sie konkret versprochen?

Luc Frieden: Es geht um die Glaubwürdigkeit der europäischen Sicherheits- und Außenpolitik. Wir müssen uns auch mit den Krisen beschäftigen, die außerhalb der Europäischen Union stattfinden, aus moralischen Gründen, in Afrika, an anderen Orten der Welt, wo es um die Sicherheit des ganzen Kontinentes geht. Deshalb sind wir präsent in den Balkanstaaten. Und heute haben wir eine Anfrage konkret auf dem Tisch liegen, von der Afrikanischen Union, in Darfur mitzuhelfen, Stabilität herbeizuführen. Wir kennen die Bilder aus dem Fernsehen aus dieser schrecklich komplizierten Situation in Darfur, viele Flüchtlinge, viele Tote und deshalb ist es unsere Pflicht, glaube ich, dass wir auch unsere militärischen Mittel einsetzen, um diesen Menschen zu helfen. Und das haben wir am Montag beschlossen. Wir hatten eine Anfrage, und ich war sehr beeindruckt, von dem massiven Ja, das meine Kollegen mir gegeben haben, damit Javier Solana, der außenpolitische Vertreter der Union heute in Addis Abeba diese Anfrage der Afrikanischen Union positiv beantworten kann.

Elke Durak: Worin besteht denn diese moralische Verantwortung?

Luc Frieden: Wir können nicht zulassen, dass in einem Kontinent, der uns auch historisch verbindet, Menschen getötet werden, auf eine barbarische Art und Weise, dass zehntausende von Menschen in die Nachbarstaaten, insbesondere nach Tschad, fliehen. Wir können einen Beitrag leisten, wenn Hilfe gebraucht wird. Wir haben zum Beispiel die Flugzeuge dafür. Man muss ja wissen, dass die Afrikanische Union, vor allem vier afrikanische Staaten, die Soldaten stellen werden. Doch diese Soldaten können nicht aus ihren Ursprungsstaaten nach Darfur gebracht werden. Wir werden zum Beispiel als Europäische Union Transportflugzeuge zur Verfügung stellen, Zelte und Ähnliches, militärisches Material, damit Afrika seine Probleme lösen kann mit Hilfe Europas. Und wir werden das, auch das haben wir Anfang der Woche beschlossen, zusammen mit der NATO machen.

Elke Durak: Inwiefern werden wir, die EU, mit der NATO zusammenarbeiten?

Luc Frieden: Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, dieses kleinkarierte Spiel der Konkurrenz zwischen zwei Institutionen zu vermeiden. Sicher ist die NATO vor allem eine militärische Organisation und die Europäische Union ist eine viel breitere, politische Organisation. Aber wir sind dabei, eine neue Sicherheitspolitik aufzubauen, die nicht als Gegengewicht zur NATO gedacht ist, sondern als ein starker europäischer Pfeiler in einer Welt, wo auch die NATO eine Rolle spielt. Viele unserer Mitgliedstaaten sind Mitglied der Union und der NATO. Und dort, wo die NATO mehr Fachwissen hat, wird die NATO komplementär zur Europäischen Union eingreifen können. Und deshalb sind auch heute in Addis Abeba sowohl Javier Solana für die Union, wie auch Jaap de Hoop Scheffer da, der Generalsekretär der NATO, welchen ich auch am Montag in die Unionssitzung zu diesem Punkt am Ende eingeladen habe, um diese Komplementrarität auch herzustellen.

Elke Durak: Die Verhältnisse in Darfur herrschen ja schon seit einiger Zeit, sind ja nicht neu. Wir wissen, dass so genannte Milizen mit Unterstützung der sudanesischen Regierung äußerst brutal gegen Zivilisten vorgegangen sind und vorgehen. Es wird von über 300.000 Toten gesprochen und etwa zwei Millionen Vertriebenen. Könnte eine massivere, militärische Direkthilfe durch die NATO nicht wirksamer sein und vor allem schneller zum Ziel führen, nämlich die Zivilbevölkerung zu schützen?

Luc Frieden: Ich glaube, dass man sehr vorsichtig hier vorgehen muss. Als erstes wichtiges Prinzip ist für uns, dass die Afrikanische Union das Leadership in dieser Operation hat. Wir sind in Afrika, und wir wollen nicht hier auftreten als Europäer mit militärischem Material, ohne dazu eingeladen worden zu sein von den Afrikanern. Aber schon weil es von der Gefühlslage her wichtig ist, dass die Afrikaner diese Rolle annehmen. Aber wir sollten sie dabei unterstützen und deshalb sollte dies keine NATO-Operation werden, auch keine EU-militärische Operation, sondern wir sind da, um die Afrikanische Union zu unterstützen, mit welcher wir in den vergangenen Jahren eine gute Beziehung aufgebaut haben.

Elke Durak: Die EU wäre doch militärisch noch gar nicht dazu in der Lage, oder?

Luc Frieden: Ich glaube schon, dass die EU in der Lage dazu ist. Die hat im militärischen und außenpolitischen Bereich in den letzten Jahren sehr viel aufgebaut, und die Beiträge kommen natürlich aus den Mitgliedsstaaten, so wie bei der NATO. Und ich glaube, dies ist auch ein Testfall für die Europäische Union, nach der erfolgreichen Mission in Bosnien, die wir seit dem 2. Dezember 2004 haben, auch in einem indirekt militärischen Bereich, wenn ich das so beschreiben darf, also vor allem mit Material unterstützend, in einer Friedens- und Stabilitätsmission eingreifen zu können.

Elke Durak: Kofi Annan wird bei dieser Konferenz dabei sein. Wäre es nicht besser, wenn die EU-Staaten ihr Gewicht in die UNO-Aktivitäten einbringen würden, in dem man nämlich die sudanesische Regierung, um es mal diplomatisch zu formulieren, überzeugt, oder konkreter formuliert, zwingt mit dieser Unterstützung aufzuhören und der eigenen Bevölkerung zu helfen.

Luc Frieden: Natürlich haben die Vereinten Nationen hier auch eine Rolle zu spielen. Die Afrikanische Union handelt in einer Abstimmung mit den Vereinten Nationen, und ich finde es deshalb außerordentlich wichtig, dass all diese Institutionen heute zusammensitzen, um zu zeigen, dass wir als internationale Staatengemeinschaft mit verschiedenen Mitteln, politischen und militärischen Mitteln, versuchen, diese Situation zu stabilisieren. Sie ist und bleibt komplex und sehr gefährlich.

Elke Durak: Weshalb zwingt man die sudanesische Regierung nicht?

Luc Frieden: Es werden viele Versuche unternommen in diesen Tagen, und dort hat natürlich die UNO und die Afrikanische Union eine Rolle, um dies zu erreichen, damit das in geregelten Verhältnissen über die Bühne geht. Aber wir haben das Ziel noch nicht erreicht, aber wenn wir einfach hier in Europa sitzen bleiben und nur zuschauen. Dann werden wir sicher die Probleme nicht lösen. Die Europäische Union muss aktiv werden und das hat sie am Montag beschlossen.

Elke Durak: Kritiker sagen, die Europäer übernehmen Afrikanische Aufgaben und zahlen auch noch dafür.

Luc Frieden: Es sind internationale Aufgaben. Wenn man nur ein kleines Verantwortungsgefühl hat, dann kann man nicht zulassen, dass diese barbarischen Akte in Afrika stattfinden. Wir müssen helfen, weil auch diese Krisen ganz große Gefahren mit sich bringen, nicht nur für den Sudan, sondern auch für die Staaten, die rund um den Sudan liegen, und das wäre sicherlich auch ganz schlecht für die ganze Region.

Elke Durak: Was konkret wird denn die EU leisten an Hilfe?

Luc Frieden: Wir haben seit der letzten Verteidigungsministersitzung eine ganze Reihe von Vorschlägen von Mitgliedstaaten bekommen. Die Militärexperten in der Europäischen Union, aber auch in der NATO sind zurzeit dabei, dies auszuwerten. Wir haben eine Liste von ganz präzisen Anfragen seitens der Afrikanischen Union und es geht jetzt darum zu schauen, ob wir das erfüllen können oder nicht. Ich bin davon überzeugt davon, dass wir das leisten können, was die Afrikaner uns gebeten haben ihnen zur Verfügung zu stellen.

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