"Das Parlement der Weltgemeinschaft stärken" Jean Asselborn au sujet du rôle de l'ONU dans le monde

Lëtzebuerger Journal: Herr Asselborn, Sie haben jetzt über eine Woche Diskussionen und Beratungen bei der UNO hinter sich. Welches Fazit zieht daraus ein von der Dienstzeit her noch relativ, "junger" Außenminister?

Jean Asselborn: Naja, so ganz neu bin ich in diesem Geschäft ja nun doch nicht mehr und immerhin bin ich mittlerweile zum dritten Mal hier bei den Vereinten Nationen – nach der Vollversammlung im September 2004 und den Holocaust-Gedenkfeiern zu Beginn dieses Jahres. Für mich ist und bleibt die UNO schlichtweg das Parlament der Nationen, und wir haben dazu auch keine echte Alternative. Entweder wollen wir eine Welt, die im Dialog Lösungen zu den zahlreichen Problemen anstrebt, oder wir wollen eine Welt, wo die Starken, die ein solches Parlament nicht brauchen, den kleinen Staaten diktieren, wo es lang gehen soll. Besonders für die kleinen Staaten gibt es also zur UNO keine echte Alternative, und deshalb ist es auch die Plicht eines luxemburgischen Außenministers, mit dazu beizutragen, dass dieses Forum für die Weltgemeinschaft erhalten und weiter gestärkt wird.

Lëtzebuerger Journal: Wie tief ist der Graben, die Vertrauenskrise zwischen armen und reichen Staaten in der Welt wirklich?

Jean Asselborn: Ich möchte in diesem Zusammenhang nicht unbedingt von Krise sprechen, sondern eher von verschiedenen Gegensätzlichkeiten. Zudem lassen sich diese nicht auf Reich und Arm bzw. auf Nord und Süd reduzieren. Es ist unser gemeinsamer Wille, Probleme im Dialog zu lösen. Das sehen Sie übrigens sehr gut daran, dass hier 28 Kabinen eingerichtet wurden, wo sich Politiker zu Gesprächen treffen können. Die Tatsache, dass diese Kabinen während 10 Stunden am Tag über die ganze Woche hinweg besetzt waren, zeigt doch wohl deutlich das Bedürfnis zum Dialog von Politikern aus allen Kontinenten. Es geht auch darum, die Dynamik des Reformwillens innerhalb der UNO voran zu bringen, damit diejenigen, die den Prozess der friedlichen Lösung von Problemen behindern wollen, am Ende nicht doch Recht behalten.

Lëtzebuerger Journal: Sie haben in ihren Interventionen immer wieder die Rolle Luxemburgs auf dem Gebiet der humanitären Hilfe und der politischen Annäherung unterstrichen. Wie hoch steht unser Land wirklich im Kurs?

Jean Asselborn: Ich habe das Gefühl, dass Luxemburg in der internationalen Politik sehr hoch im Kurs steht, weitaus höher jedenfalls, als es die geographische Größe des Landes vermuten lassen würde. Mit der EU-Präsidentschaft und den dort von uns angesprochenen Themen, die teilweise auch einer Lösung zugeführt werden konnten, haben wir uns einen guten Ruf gesichert. Denken Sie nur an die feste Vereinbarung, dass bis 2015 alle EU-Staaten verbindlich ihren Beitrag zur Entwicklungspolitik von 0,7% des BNP anheben müssen. Diesen Ruf gilt es jetzt zu verteidigen über unser Wirken in der EU und über alle unsere Vertretungen in der Welt. Die Hoffnungen, die geweckt wurden, müssen jetzt mit Aktionen erfüllt werden.

Unsere Ziele sind klar, auch wenn bei der UNO diesbezüglich keine formellen Beschlüsse getroffen wurden. Als Land haben wir bewiesen, dass wir nicht nur eigene Interessen voranstellen, sondern die EU und alle anderen internationalen Organisationen in den Vordergrund stellen.

Lëtzebuerger Journal: Gibt es eine Chance, früh genug all jene Lücken in der Kooperation, aber auch in der UNO-Struktur selbst zu schließen, von denen Sie in ihren Interventionen gesprochen haben?

Jean Asselborn: In 60 Jahren UNO haben wir viel Licht und Schatten erlebt. Ich denke vor allem an 10 Millionen Kinder in der Welt, die jedes Jahr vor ihrem 5. Geburtstag sterben. Ich denke an 3 bis 4 Millionen Aids-Tote im Jahr und ich denke an eine Milliarde Menschen, die mit einem Einkommen von weniger als l Dollar am Tag leben müssen. Lässt sich so etwas am Anfang des 21. Jahrhunderts noch vertreten? Angesichts der zahlreichen Konflikte wird die UNO immer stärker gefordert, die aus diesem Grund auch in die Lage versetzt werden muss, überall dort einzuwirken, wo es erforderlich ist. Es gibt natürlich auch positive Aspekte. Beispiel ist der Irak, wo wir endlich die Geschichte hinter uns lassen und der neuen Regierung die Möglichkeiten geben sollten, das Land zu demokratisieren. Beispiel ist aber auch der Nahe Osten, wo die beiden betroffenen Staaten auf die "road map" zurückkommen müsen, damit sie und ihre Bevölkerungen endlich in Frieden leben können.

Lëtzebuerger Journal: Die USA haben in den letzten Jahren auch bei vielen Partnern stark an Kredit verloren. Wie steht es im Augenblick um das Verhältnis mit der EU und auch mit Luxemburg?

Jean Asselborn: Die luxemburgische EU-Präsidentschaft hatte die ausdrückliche Mission, das Verhältnis zu den Vereinigten Staaten auf eine neue Ebene zu bringen. Das ist uns in zahlreichen Gesprächen auch gelungen, auch wenn es sich um eine psychologisch sehr feinfühlige Aufgabe handelte. Zuletzt ergab sich aus den tragischen Ereignissen in Louisiana aber auch die Botschaft, dass auch die stärkste Nation Schwächen haben kann und dass man deshalb auf globale Lösungen hinarbeiten muss, die zudem im Einklang stehen mit dem internationalen Recht.

Lëtzebuerger Journal: Inwiefern hat das kürzlich geäußerte Eingeständnis von Colin Powell bezüglich der Kriegsmotivation im Irak die EU und Luxemburg in ihrer damaligen Position bestärkt?

Jean Asselborn: Wissen Sie, es ist müßig, sich über die zurück liegende Geschichte große Gedanken zu machen. Allein die Zukunft zählt, das wollen wir auch unseren Partnern in den USA beibringen, nachdem wir innerhalb der EU selbst die Trennung in dieser Frage überwunden haben. Das irakische Volk und die ganze Region am Golf hoffen auf Frieden auf ein Leben in menschlicher Würde und in einem sicheren Staat. Allein das zählt.

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