"Mein Anliegen ist nicht, blind kürzen". François Biltgen au sujet de la lutte contre le chômage

Lucien Montebrusco: Macht Ihnen der Job als Arbeitsminister überhaupt noch Spaß?

François Biltgen: Ich bin kein Spaßpolitiker. Minister bin ich, weil ich etwas bewegen möchte. Vor vier Jahren, nach meinem Krebsleiden, war ich dran und drauf, die Politik aufzugeben, weil ich fürchtete, nicht mehr die Kraft zu haben. Noch habe ich die Kraft und den Mut, Reformen anzukurbeln, um die erschreckende Entwicklung der Arbeitslosigkeit in Luxemburg zu bekämpfen. Denn die Zahl der Langzeitarbeitslosen wird demnächst die 30% Marke überschreiten.

Betroffen sind die Menschen mit verminderter Leistungsfähigkeit, die Älteren, aber auch die Jugendlichen ohne ordentlichen Schulabschluss. Man kann dieses Problem vielleicht allein sozialpolitisch angehen. Ich möchte es vor allem beschäftigungspolitisch angehen. Deshalb brauchen wir Reformen.

Nun bringt jeder Reformwille oft Resistenzen aller Seiten mit sich. Das bin ich gewohnt.

Mit Kritiken muss ein Minister leben. Es geht nicht um ihn, sondern um die Sache. Mir geht es darum, dass mehr Menschen eine Chance auf eine Arbeit erhalten.

Lucien Montebrusco: Sie möchten sämtliche Akteure stärker in die Verantwortung nehmen. Das Patronat will 1.000 zusätzliche Lehrstellen schaffen. Was fordern Sie konkret von den Menschen, die eine Arbeit suchen?

François Biltgen: Die Ursachen der Arbeitslosigkeit haben in den letzten zwei Jahren total ihr Gesicht geändert. Deshalb greifen verschiedene Maßnahmen, die früher gegriffen haben, viel weniger. Die Gefahr besteht, dass Arbeitssuchende, vor allem junge Menschen, durch unsere aktuellen Vorgaben sich während Jahren von einer "Maßnahme" zur anderen bewegen und mit 30 Jahren langzeitarbeitslos und zum Sozialfall werden. Deshalb müssen wir diese Maßnahmen überdenken und solche bevorzugen, die eine klare Chance auf einen präzisen und definitiven Job bieten.

  1. Voraussetzung: Die Betriebe müssen Jobs anbieten, auch für nicht oder weniger Qualifizierte. Die "stages d'insertion", die eine Erfolgsquote von 70% kennen, werden zu wenig von den Betrieben gebraucht (200 im Jahr). Ich habe deshalb die Bereitschaft der Betriebe begrüßt, stärker auf diese Formel zurückzugreifen und auch mehr Lehrlingsarbeitsplätze anzubieten.

  2. Voraussetzung: Wir müssen die Maßnahmen gegebenenfalls umarbeiten und vor allem muss das Arbeitsamt den Arbeitssuchenden einen echten "parcours d'insertion" anbieten. Deshalb meine Idee eines Vertrags zwischen Arbeitsamt und Arbeitssuchendem, der Rechte und Pflichten - für beide Seiten - beinhaltet.

  3. Voraussetzung: Auch der Arbeitssuchende muss bereit sein, eigene Anstrengungen zu unternehmen, Arbeiten anzunehmen, die vielleicht nicht seiner Idealvorstellung entsprechen und aktiv mit dem Arbeitsamt zusammenarbeiten.

Lucien Montebrusco: Ist die Debatte um eine mögliche Kürzung des Arbeitslosengeldes und der Auszahlungsfristen vom Tisch?

François Biltgen: Mein Anliegen war und ist, nicht blind zu kürzen, sondern mich zu fragen, ob aktuelle Bestimmungen nicht negative Auswirkungen haben. Ich möchte mehr Menschen auf einer Arbeit sehen und nicht in der Arbeitslosigkeit, in prekären Maßnahmen oder im Sozialnetz. Zu diesem Ziel stehe ich. Dadurch würde auch am einfachsten im "Fonds pour l'emploi" gespart werden können.

Über den bestmöglichen Weg dazu lass ich mit mir reden. Übrigens habe ich ein Kredo: Wenn jemand seine Arbeit verliert, muss er Anrecht auf eine 80-prozentige Entschädigung haben, um nicht in ein Sozialloch zu fallen. Denn auch mit dieser Entschädigung hat er Einbußen. Daran habe ich nie gerüttelt und werde es nicht tun, entgegen anders lautenden Gerüchten.

Die Dauer bei uns ist relativ begrenzt: 12 bis 18 Monate. Über diese Dauer lasse ich mit mir reden, nach unten und nach oben. Diese Diskussion kann und wird aber nur eine Detaildiskussion sein und darf nicht pauschal geführt werden. Richtwert muss die aktuelle Regelung sein.

Lucien Montebrusco: Der frühere OGB-L-Präsident John Castegnaro spricht von einer Softversion Ihres von den Gewerkschaften kritisierten, arbeitspolitischen Dokuments. Was blieb von Biltgen I übrig?

François Biltgen: Ich habe vor zwei Wochen bei den Sozialpartnern Fragen aufgeworfen und keine festen Lösungen angeführt. Ich habe den Sozialpartnern zugehört und werde in den nächsten Wochen meine Vorschläge zu Papier bringen. Noch ist es zu früh. Es wird ein Gesamtpaket werden mit kurzfristigen und längerfristigen Vorschlägen. Und es wird ausgewogen sein.

Ich möchte einen Konsensus mit den Sozialpartnern erarbeiten. Bis dahin werde ich meine Zeit nicht vertrödeln mit Nachhutgefechten. Es geht nicht um mich, sondern um die Arbeitslosen.

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