''Bei den Schulen wird nicht gespart''. Mady Delvaux-Stehres au sujet des réformes en matière d'éducation nationale

Joëlle Merges: Frau Ministerin, sind die Schulen schuld an der hohen Arbeitslosigkeit, wie von einigen Arbeitgebervertretern beanstandet?

Mady Delvaux-Stehres: Eine bloße Schuldzuweisung an die Adresse der Schulen wäre eine zu vereinfachte Darstellung der Sachlage. Es stimmt allerdings, dass das Unterrichtswesen heute einer anderen Art von Druck ausgesetzt ist als dies in der Vergangenheit der Fall war. Früher wurden unterqualifizierte Mitarbeiter vom sozialen Netz aufgefangen. Heute müssen wir die Heranwachsenden so früh wie möglich fördern, um ihre Schwächen beheben zu können.

Joëlle Merges: Das neue Primärschulgesetz ist wohl das größte Reformvorhaben, das Sie sich in Ihrer Amtszeit vorgenommen haben. Werden Sie den vorgegebenen Zeitplan einhalten können?

Mady Delvaux-Stehres: Das hängt von der parlamentarischen Spezialkommission Territorialreform ab. Ich warte noch auf deren Gutachten zur Neugestaltung der Zuständigkeiten von Staat und Gemeinden im Schulbereich. Vor dem Parlamentsausschuss habe ich mich für eine Reform der Verwaltung des Lehrpersonals ausgesprochen, die dezentral organisiert werden soll. Allerdings fehlen hierfür derzeit die notwendigen Strukturen. Ich bleibe zuversichtlich, dass ich die Gesetzesvorlage vor der Sommerpause im Parlament einreichen werde.

Joëlle Merges: Hat Sie die Kritik der Elternverbände und der Lehrergewerkschaften am Vorentwurf überrascht?

Mady Delvaux-Stehres: Eigentlich nicht. Die Beanstandungen haben uns auf einige Schwachstellen hingewiesen, die nachgebessert wurden. Unklar ist noch die künftige Finanzierung der Grundschulen. Derzeit erhalten bevölkerungsreiche Gemeinden proportional gesehen höhere staatliche Zuwendungen als die kleinen Kommunen. Gemeinsam mit dem Ceps wollen wir einen Berechnungsmodus festlegen, um solche Ungleichgewichte künftig zu vermeiden.

Joëlle Merges: Bedeutet das möglicherweise auch, dass die Schulen weniger Geld erhalten werden?

Mady Delvaux-Stehres: Bei den Schulen wird nicht gespart. Allerdings stimmt es, dass wir bereits jetzt erhebliche Mittel in das Bildungssystem investieren. Diese gilt es, künftig so effizient wie möglich einzusetzen.

Joëlle Merges: Wie antworten Sie auf Kritiken, wonach Sie großzügig gegenüber alternativen Projekten wie dem Neie Lycée seien, während die herkömmlichen Schulen vernachlässigt würden?

Mady Delvaux-Stehres: Auch im Neie Lycée sitzen die Schüler nur in vorgefertigten Containern, die bereits im kommenden Schuljahr zu klein sein werden, wenn sie zwei Jahrgänge statt bisher einer Unterrichtsstufe beherbergen müssen. Auch stimmt es nicht, dass die Lehrer dort weniger leisten als im herkömmlichen System. Sie nehmen außer dem normalen Unterricht noch zusätzliche betreuende Aufgaben wahr.

Joëlle Merges: Eine gewisse Vorliebe für neue Schulmodelle ist Ihnen dennoch nicht abzusprechen.

Mady Delvaux-Stehres: Die Durchführung von Pilotprojekten ist ausdrücklich im Regierungsprogramm festgeschrieben. Außerdem fordere ich alle Sekundarschulen dazu auf, neue pädagogische Wege im Rahmen der ihnen zugestandenen Autonomie zu beschreiten.

Joëlle Merges: Zählt dazu auch die Gesamtschule, die jetzt wieder von den Grünen zur Sprache gebracht wurde?

Mady Delvaux-Stehres: Dieses Modell ist derzeit kein Thema. Vielmehr plädiere ich dafür, dass künftig in allen Sekundarschulen die drei Studiengänge angeboten werden. Beispiele aus dem Ausland belegen, dass mit einer solchen Gliederung der Aufstieg zu einer höheren Bildungsstufe vereinfacht wird. Allerdings reicht es nicht aus, solche Reformen von oben anzuordnen. Eine wichtige Voraussetzung ist das Engagement der Lehrer, die entsprechend ausgebildet werden müssen.

Joëlle Merges: Befürchten Sie nicht, dass Ihre Reformvorhaben bei einer möglichen Wahlniederlage der LSAP in drei Jahren wieder rückgängig gemacht werden?

Mady Delvaux-Stehres: Deshalb bin ich ja so in Eile! Fest steht allerdings, dass wir um eine Definition der Kompetenzsockel, die in den Primärschulen bereits begonnen wurde, nicht umhin kommen, und dies unabhängig von der Besetzung des Ministeramts. Notwendig ist meiner Überzeugung nach auch eine Umgestaltung der Programme und der Bewertung, die den heutigen gesellschaftlichen Gegebenheiten nicht mehr angemessen ist.

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