Kampf der Preistreiberei. Jeannot Krecké au sujet de la lutte contre l'inflation au Luxembourg

Uli Botzler: Die Inflationsrate lag im April 2006 bei 2,93 Prozent, fast ein halbes Prozent über dem Wert zu Jahresende 2005. Woher rührt dieser Anstieg? Wie schädlich ist er für die Wirtschaft?

Jeannot Krecké: Wir verzeichnen zwar keine so außergewöhnlich hohen Inflationsraten wie noch in den 1980er- und Anfang der 1990er-Jahre, als die Inflation eines der größten wirtschaftlichen Probleme in Europa war, weil sich Preise und Löhne laufend gegenseitig hochschaukelten. Trotzdem ist es Besorgnis erregend, bei fast drei Prozent zu liegen. Zum einen will die Europäische Zentralbank, dass der für das gesamte Euro-Gebiet geltende harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) jährlich um weniger als zwei Prozent ansteigt. Luxemburg verfehlt dieses Ziel also. Zum anderen hatten früher alle Länder rings um Luxemburg das gleiche Inflationsproblem. Heute sind allein wir damit konfrontiert. Deutschland, Belgien und Frankreich haben niedrigere Raten. Sie sind aber mit einem Exportanteil von 57 Prozent unsere wichtigsten Handelspartner. Durch die hohe Inflation geht langfristig gesehen Wettbewerbsfähigkeit verloren, was negativ für den Arbeitsmarkt ist.

Uli Botzler: Als wichtige Inflationsursache machen Fachleute die extremen Ölpreise aus. Sie sprechen von einer profitorientierten Inflationserscheinung, die durch vollkommen autonome Preiserhöhungen seitens der großen Konzerne möglich ist, aufgrund des fehlenden Wettbewerbs auf dem Weltmarkt. Darunter leiden auch die Nachbarländer. Was treibt in Luxemburg zusätzlich die Inflation hoch?

Jeannot Krecké: Im Fall Luxemburgs kommt eine hausgemachte Inflation hinzu, d.h. die Inflationsursachen sind im Inland zu suchen, z.B. bei der starken Anhebung einer Reihe von Tarifen, die jahrelang nicht an die Kosten angepasst wurden. Ich denke da an den Transportbereich, die Post, Strom- und Gasversorgung. Mit ein Auslöser war auch die Anpassung kommunaler Abgaben kurz nach den letzten Wahlen. Das gab einen richtigen Preisschub. Diese Tarif- und Taxenerhöhungen in jüngster Zeit treiben die Preise hoch und damit auch die Inflation. Hinzu kommt aber auch, dass sich jeder Anstieg des Erdölpreises in Luxemburg besonders Inflation treibend auswirkt, da hier der Grundpreis im Verhältnis zu den Taxen (Akzisen und Mehrwertsteuer) höher liegt, im Gegensatz zu den Nachbarländern.

Uli Botzler: Welches Ziel schätzen Sie bei der Inflationsbekämpfung als realistisch ein?

Jeannot Krecké: Unser Problem ist der kleine Binnenmarkt. Er ist zu klein, um viel einwirken zu können. Es gibt auch nicht die eine Maßnahme, die alle Probleme behebt. Unser Ziel muss es aber sein, die Inflationsrate auf das Niveau unserer dreier Nachbarländer herunter zu drücken.

Uli Botzler: Welche Wege wollen Sie zur Inflationsbekämpfung beschreiten?

Jeannot Krecké: Vordringlich wichtig erscheint mir, für eine gesunde Konkurrenz am Markt zu sorgen, etwa im Energiebereich. Was dann noch fehlt, ist mehr Preisbewusstsein. Vermutlich haben die Luxemburger sich bei der Umstellung auf den Euro zu sehr daran gewöhnt, nach oben aufzurunden und achten daher nicht mehr genug auf die Preise. Wir müssen die Leute also sensibilisieren. Laut EU-Recht dürfen wir auf einzelne Sektoren bezogene Preisanalysen veröffentlichen, beispielsweise einen Vergleich der Preise für Mineralwasser in der Gastronomie. Außerdem werden wir Gespräche mit den Handelsketten über die Preisgestaltung führen. Psychologisch gesehen, wird das kein einfaches Unterfangen. Ein anderer Verhandlungspunkt sind die Importwege, etwa der Zwang in manchen Sparten, über Belgien die Ware kommen zu lassen, obwohl sie über Deutschland billiger wäre.

Uli Botzler: Die Gewerkschaft LCGB fordert im Rahmen einer konsequenten Bekämpfung der Preistreiberei sogar die Wiedereinführung eines Preisamts als Überwachungsinstrument einzuführen. Was halten Sie davon?

Jeannot Krecké: Dies ist auf Grund der europäischen Bestimmungen nicht möglich. Übrigens, einer der einzigen Preise, der in Luxemburg noch staatlicherseits kontrolliert wird, ist der für Taxifahrten und die sind bekanntlich teuerer als in anderen Ländern. Also sage ich, das bringt nichts. Besser wird es sein, für reelle Konkurrenz am Markt zu sorgen und gezielte Aktionen zu starten, um Automatismen aufzuspüren und auszuhebeln, die die Preise treiben. Einen ersten Schritt macht der Staat, der bei allen Verträgen die Indexbindung herausnimmt oder nur noch mit Bezug auf die Lohnmasse gelten lässt. Andere Beispiele aus dem Dienstleistungsbereich zeigen, dass es keinen Grund gibt, warum auch Fixkosten indexiert sein sollen.

Uli Botzler: Die Luxemburger Haushalte werden durch die Tripartite-Beschlüsse weniger Geld für die täglichen Konsumausgaben haben. Steigende Zinsen belasten zudem Haushalte mit Bankkrediten für Immobilien. Trotz niedrigster Mehrwertsteuer in der EU zählen aber die Verbraucherpreise in Luxemburg zu den höchsten im Euro-Raum. Was kann die Politik dagegen tun?

Jeannot Krecké: Wir erwarten von allen Akteuren, dass sie eine vernünftige Preisgestaltung betreiben. Steigender Wettbewerb unter den Anbietern soll zu dem in noch mehr Sparten die Gewinnspannen neu ausrichten.

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