"Luxemburg macht eine aktive Politik für den Finanzplatz". Luc Frieden au sujet de la place financière au Luxembourg

Andreas Holpert: Die europäische Zinsbesteuerung ist seit Mitte vergangenen Jahres in Kraft. Seit Beginn dieses Jahres hat Luxemburg eine Quellensteuer für Gebietsansässige bei gleichzeitiger Abschaffung der Vermögenssteuer. Wie beurteilen Sie rückblickend diese Maßnahmen?

Luc Frieden: Die Quellensteuer für Gebietsfremde wurde eingeführt, um Rechtssicherheit und Glaubwürdigkeit zu schaffen. Beides ist gelungen. Das Privatkundengeschäft ist heute im Ausland anerkannt auf Grund seiner Qualität. Es gab keinen Rückgang, im Gegenteil, das Geschäft wurde ausgebaut. Gleiches gilt auch für den zweiten Hauptpfeiler, die Investmentfondsbranche. In den schwierigen Verhandlungen haben wir außerdem eine europäische Regelung für das Bankgeheimnis gefunden. Das wird von den Kunden geschätzt. Die Maßnahmen haben dem Finanzplatz insgesamt nicht geschadet.

Andreas Holpert: Welches sind denn die konkreten Vorteile für den Finanzplatz?

Luc Frieden: Der Vorteil besteht darin, dass die Unsicherheiten über die Zukunft des Finanzplatzes definitiv vom Tisch sind.

Andreas Holpert: Und was hat die Quellensteuer für "Résidents" gebracht?

Luc Frieden: Die Auswirkungen der Einführung einer Quellensteuer für Gebietsansässige können erst in zwei bis drei Jahren genau analysiert werden. Ich stelle aber jetzt schon fest, dass die nationale Quellensteuer zu einer geringeren Belastung für ehrliche Steuerzahler und zu einer Vereinfachung des Steuersystems geführt hat.

Andreas Holpert: Welche Initiativen gibt es seitens der Regierung, die Attraktivität des Finanzplatzes weiter zu steigern?

Luc Frieden: Die Politik, die wir seit ein paar Jahren im Sinne des Finanzplatzes machen, ist ein großer Erfolg. Auf Grundlage dieser Politik hat sich der Finanzsektor gut entwickelt. Wir werden mit unserer Politik weiterfahren, die darauf ausgerichtet ist, regulatorisch für Stabilität zu sorgen. Das bedeutet rückblickend, dass nur wo Bedarf entstand, neue gesetzliche Grundlagen geschaffen wurden. Beispiel dafür ist der Bereich Verbriefung oder die Bestimmungen für Risikokapitalgesellschalten. Die Regelung für PSF hat dazu geführt, zahlreiche neue Betriebe zu gründen, die einen eigenen Markt entwickelt haben. Unser Ziel ist es, den Akteuren möglichst innerhalb der bestehenden Gesetzgebung, viele international orientierte Optionen zu ermöglichen. Wir müssen nicht dauernd neue Gesetze erlassen, sondern die bestehenden Regeln anpassen. Alles andere führt zu einer Überregulierung.

Andreas Holpert: Besteht konkret Handlungsbedarf, bestehende Gesetze anzupassen?

Luc Frieden: Bei Gesetzen beseht derzeit konkret kein Handlungsbedarf. Die wesentliche Arbeit entfällt auf Anpassungen. Zahlreiche Anpassungen sind rein technischer Natur. Dabei wird in enger Abstimmung mit den Akteuren vorgegangen. Das ist ein Geheimnis unseres Erfolges. Hier unterscheiden wir uns wesentlich von anderen Finanzplätzen. In Luxemburg besteht die Partnerschaft zwischen der Regierung und dem Finanzplatz nicht nur in der Theorie.

Andreas Holpert: Was ist aus Brüssel – also von europäischer Ebene zu erwarten?

Luc Frieden: In den nächsten zwei Jahren wird die EU-Direktive über "Markets in Financial Instruments" – auf deutsch "Märkte für Fmanzinstrumente-Richtlinie" oder kurz "MiFID" umgesetzt. Die dritte Geldwäsche-Richtlinie muss umgesetzt werden sowie die Direktive über Basel II.

Andreas Holpert: Luxemburg hat inzwischen ein Übernahmegesetz (OPA-Gesetz). Der Schutz von Minderheitsaktionären ist jedoch nur bedingt gesetzlich verankert. Wird es ein entsprechendes Gesetz geben?

Luc Frieden: Im OPA-Gesetz ist der Minderheitsaktionär im Rahmen einer Übernahme sehr wohl geschützt. Die Frage ist, ob es außerhalb einer Übernahme notwendig ist, die Rechte von Kleinaktionären besonders zu schützen. Das ist schwierig vor allem für nicht notierte Gesellschaften. Ich werde Gespräche mit den Fraktionen im Parlament führen, um deren Standpunkt zu erfahren. Die Regierung ist bereit, aktiv zu werden. Ich rechne mit einem Ergebnis in den nächsten sechs bis zwölf Monaten.

Andreas Holpert: Die Wettbewerbsfähigkeit Luxemburgs ist in aller Munde. Wenn Sie ein Jahr zurückschallen, würden Sie meinen, der Finanzplatz ist heute wettbewerbsfähiger?

Luc Frieden: Konkurrenzfähigkeit heißt konkret, dass Luxemburgs Finanzplatz besser dasteht als andere. Damit beschäftige ich mich täglich. Wenn ich die Ergebnisse betrachte, haben wir dieses Ziel erreicht, weil durch viele kleine Maßnahmen und den offenen Geist, den andere Finanzzentren so nicht haben, Luxemburg für viele Finanzakteure zu einer ersten Adresse geworden ist. Die Frage nach der besseren Wettbewerbsfähigkeit ist demnach mit Ja zu beantworten.

Andreas Holpert: ABBL-Präsident Jean Meyer warnte bei der Generalversammlung des Verbands vor einem Verlust an Wettbewerbsfähigkeit durch Lohn- und Gehaltssteigerungen. Teilen Sie seine Befürchtung?

Luc Frieden: Die Arbeitgeber und Gewerkschaften bestimmen die Gehälter. Dort wo die Regierung Verantwortung hat, nämlich bei der Indexierung, wurde im Rahmen der Tripartite eine Lösung gefunden, was zu massiven Einsparungen in den kommenden drei Jahren führen wird.

Das Anwachsen der Löhne wird also im Sinne des Wettbewerbs angepasst. Die Regierung hat ihren Beitrag geleistet. Die Sozialpartner müssen bei den Lohnverhandlungen darauf achten, dass die Konkurrenzfähigkeit nicht geschwächt wird.

Andreas Holpert: Die Handelskammer, der Wirtschaftsminister, sogar der Außenminister und Sie selbst bemühen sich massiv, im Ausland für den Standort Luxemburg und den Finanzplatz zu werben. Welche Früchte tragen diese Promotionstouren?

Luc Frieden: Diese Aktivitäten tragen reichlich Früchte. Es geht darum innerhalb Europas zu erklären, was der Luxemburger Finanzplatz zu bieten hat. Außerhalb Europas geht es darum, neue Märkte zu erschließen. Schließlich geht es darum, Bestehendes zu konsolidieren.

Ich treffe ständig auch mit den Chefs der Mutterkonzerne zusammen, um wichtige Fragen zu diskutieren. Zuletzt habe ich während des Staatsbesuchs in den Niederlanden die Verantwortlichen der holländischen Banken, die in Luxemburg vertreten sind, getroffen.

Was neue Märkte betrifft, haben wir einen Fuß nach Russland und in die arabischen Staaten gesetzt mit ersten positiven Auswirkungen. Im Oktober ist eine größere Asienreise geplant, um den internationalen Fondsplatz zu vermarkten.

Andreas Holpert: Welche Rolle spielen die Spitzenpolitiker, die regelmäßig mitreisen?

Luc Frieden: Wichtig ist, dass das Ausland erkennt, dass es eine starke politische Unterstützung für den Hauptpfeiler der Luxemburger Wirtschaft gibt. Daraus sehen die Investoren, dass der Finanzplatz eine Zukunft hat und daß er gesetzlich so ausgestaltet ist, dass er Vertrauen ausstrahlt und Stabilität garantiert. Für einige Länder ist diese langfristige Planungssicherheit das Hauptargument. Neben der Sicherheit wird ein Platz gesucht, der anders ist als in anderen europäischen Ländern.

Andreas Holpert: Was ist am Finanzplatz Luxemburg anders als woanders?

Luc Frieden: Wir haben einen klaren juristischen Rahmen, der international ausgelegt ist. Das bedeutet im Klartext, dass wir eine Perspektive bieten für einen global ausgerichteten Markt. Hinzu kommt, dass es in Luxemburg eine aktive Politik für den Finanzplatz gibt.

Das Finanzgeschäft ist nicht irgendeine Aktivität, sondern der Hauptpfeiler der nationalen Wirtschaft, wo der Großteil der neuen Arbeitsplätze geschaffen wird.

Andreas Holpert: Wie beurteilen Sie als zuständiger Minister die Geschäftsentwicklung der Banken?

Luc Frieden: Die Geschäftsentwicklung ist ganz positiv. Das ist auch das Resultat einer entsprechenden Politik, die wir fortsetzen werden. Auf europäischem Plan werden wir uns für eine Abschaffung der Grenzen für Finanzdienstleistungen ein setzen. In Luxemburg wollen wir für adäquate Rahmenbedingungen sorgen. Ich bin zuversichtlich, was die künftige Entwicklung angeht.

Andreas Holpert: Wirkt sich die bessere Geschäftslage auch positiv auf die Steuereinnahmen des Staates aus?

Luc Frieden: Die guten Resultate des Finanzplatzes führen nicht automatisch zu mehr Steuereinnahmen. Innerhalb der Konzerne wird eine Besteuerung gemacht, die nicht automatisch bedeutet, dass Gewinne, die m Luxemburg anfallen, auch in Luxemburg voll besteuert werden.

So können z.B. Verlustgeschälte im Ausland auf Luxemburg übertragen werden. Bei der Körperschaftssteuer wird es daher keine höheren Einnahmen geben. Ein höheres Steueraufkommen erwarten wir hingegen bei der "Taxe d'abonnement" für Investmentfonds, weil sie stärker von der Entwicklung an den Börsen abhängt.

Andreas Holpert: Steuern sind gerade im Finanzsektor ein wichtiges Standortkriterium. Die "Taxe d'abonnement" ist der Fondsindustrie schon lange ein Dom im Auge. Steht sie zur Disposition?

Luc Frieden: Die Regierung wird dafür sorgen, dass Luxemburg auch bei den Steuern konkurrenzfähig bleibt. Im Rahmen der Tripartite wurde entschieden, eine Arbeitsgruppe zu etablieren, die das steuerliche Umfeld Luxemburgs analysiert und mit dem Ausland vergleicht. Dabei wird immer die tatsächliche Gesamtsteuerlast im Auge behalten und nicht einzelne Posten.

Luxemburg hat im internationalen Vergleich übrigens attraktive steuerliche Rahmenbedingungen.

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