"Übernahmedossier hat sehr viel Kraft gekostet". Jeannot Krecké au sujet du dossier Arcelor / Mittal Steel et de la compétitivité de l'économie luxembourgeoise

Marc Glesener: Herr Krecké, hinter Ihnen liegen bewegte Monate. Stichwort Mittal Steel. Was bedeuteten die Übernahmepläne für die Politik?

Jeannot Krecké: Das alles hat uns sehr viel Kraft und Engagement gekostet. Zuerst ging es darum, sich immer auf dem Laufenden zu halten. Angesichts des Ausmaßes der geplanten Übernahme und der Komplexität des Dossiers war das kein leichtes Unterfangen. Dann mussten wir ja auch permanent mit beiden Seiten den Kontakt pflegen. Wir durften von Beginn an andere Optionen nicht ausschließen. Deshalb gab es seitens der Regierung eine ganze Menge klärender und erklärender Gespräche.

Marc Glesener: Gespräche sind das eine, ein klares Ziel ist etwas anderes. Wohin sollte der Weg in Ihren Augen denn führen?

Jeannot Krecké: Die Regierung, die sich in diesem Dossier auch extern beraten ließ, hat stets vor allem eins getan: Die Interessen des Landes vertreten. Und die Interessen waren nicht unbedingt immer deckungsgleich mit denen von Arcelor oder dem Management des Stahlriesen. Dieses muß sich nämlich vor allem nach dem Aktionariat richten.

Marc Glesener: Zu Beginn der Stahlschlacht sagten Sie nach Gesprächen in Paris und Brüssel, die Politik habe nicht sonderlich viel Handlungsspielraum. Lagen Sie, aus heutiger Warte betrachtet, mit Ihrer Behauptung richtig?

Jeannot Krecké: Es sind natürlich die Aktionäre, die entscheiden. Daran hat sich nichts geändert. Dies zu sagen hat letztlich etwas mit Ehrlichkeit zu tun. Die Politik ist in solchen Dossiers auch ein Akteur, der aber als solcher keine Entscheidungsgewalt hat. Das, was die Politik tun konnte, haben wir getan. Wie gesagt, unser Anliegen waren und werden auch in Zukunft die Interessen des Landes sein.

Marc Glesener: Kommen wir zum Thema Tripartite. Anfangs sollten Wege und Mittel zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit gefunden werden. Dann wurden die Tripartite-Beratungen sozusagen angereichert. Ist man dennoch dem ursprünglichen Kompetitivitäts-Ziel einen entscheidenden Schritt näher gekommen?

Jeannot Krecké: Es ist richtig, dass die steigende Arbeitslosigkeit und die angespannte Haushaltslage die ursprünglich auf Kompetitivität ausgerichteten Diskussionen beeinflusst haben. Im Positiven wie im Negativen. Unterm Strich wäre der Wirtschaftsminister in bestimmten Punkten vielleicht doch gerne etwas weiter gegangen.

Marc Glesener: Wo zum Beispiel?

Jeannot Krecké: Ich möchte eigentlich nicht auf die Beschlüsse zurückkommen. Diese wurden als Paketlösung verabschiedet und sind auch als solches anzusehen.

Marc Glesener: Anders gefragt: Ist Luxemburg von seinem fiskalischen und strukturellen Umfeld her fit für die Zukunft? Haben wir genügend Arbeitskräfte? Sind unsere Schulen gut genug? Brauchen wir nicht doch weiter gehende Strukturreformen?

Jeannot Krecké: Also was das fiskalische Umfeld angeht, so haben wir ein Komitee eingesetzt, das prüft, wie wir uns als Land im internationalen Vergleich positionieren. Bei den Arbeitskräften bleiben wir, vor allem im qualifizierten Bereich, aufs Ausland angewiesen.

Sogar verstärkt auf Drittstaaten. Die Infrastrukturen müssen wir natürlich auch in Zukunft weiter verbessern. Ich denke da insbesondere an die Rahmenbedingungen für die Hightech-Branche. Zum Beispiel die Datenautobahnen.

Marc Glesener: Zu den notwendigen Infrastrukturen gehört auch ein moderner Flughafen. Wurde dort nicht viel wertvolle Zeit verloren? Wie sehen Sie das Ausbauprojekt?

Jeannot Krecké: Das Ausbauprojekt an sich möchte ich nicht kommentieren. Schließlich fallt das Vorhaben Findel nicht in mein Ministerialressort. Fakt ist jedoch, dass das Land einen modernen Flughafen und die Anbindung an internationale und europäische Entscheidungszentren auf dem Luftweg dringend braucht. Das ist letztlich eine direkte Standortfrage. Hinzu kommt die rein wirtschaftliche Bedeutung des Flughafens. Ich möchte vor allem ans Frachtgeschäft und die starke Position der Cargolux erinnern. Der Findel ist Bestandteil eines zusammenhängenden Konzepts der industriellen Diversifizierung.

Marc Glesener: Sie sprechen damit die Logistikbranche an, in der Sie erhebliches Potenzial vermuten, oder?

Jeannot Krecké: Der Aufbau von Logistikzentren in Düdelingen, auf dem ehemaligen WSA-Gelände, und im Raum Contern, im direkten Umfeld des Flughafens, macht Sinn. Da ist es eine Frage der Glaubwürdigkeit, für einen modernen Flughafen einzutreten.

Marc Glesener: Bleiben wir bei der Diversifizierungspolitik. Die DP-Opposition wirft Ihnen vor, als zuständiger Minister keine wirklich neuen Akzente gesetzt zu haben. Wie gehen Sie mit diesem Vorwurf von liberaler Seite um?

Jeannot Krecké: Das Kommentieren dieser Kritik überlasse ich gerne anderen. Fest steht, dass der Beginn meiner Amtszeit in eine denkbar schwierige wirtschaftliche Phase gefallen ist. Verschiedene klassische Produktionen haben den Betrieb eingestellt. Hinzu kamen schwierige Verhandlungen über Neuansiedlungen. Niemand hatte mit einer solchen Entwicklung gerechnet. Meiner Meinung nach ist es nun wichtig, sich auf neue Sparten der Ökonomie zu konzentrieren. Eine davon ist, wie bereits erwähnt, der Bereich Logistik.

Eine andere der elektronische Handel. Aber sehen Sie, eigentlich könnte ein Wirtschaftsminister sich glücklich schätzen, wenn er es mit Wachstumsraten von vier Prozent und einem Beschäftigungsplus von drei Prozent zu tun hat.

Marc Glesener: Doch die Probleme bleiben.

Jeannot Krecké: Eben. Man sagt mir nach, auch bei positiven Leistungen immer zu stark auch das Negative zu sehen. Aber ich glaube, dass wir gut beraten sind, uns auf andere oder schwierigere Szenarien vorzubereiten. Diese Vorbereitung ist ein wesentlicher Ansatz bei meiner Arbeit. Diese ist eine enorme Herausforderung, die aber Spaß macht.

Marc Glesener: Und welche Gesetze stellen für die Rentrée auf Ihrer Prioritätenliste ganz oben?

Das Wirtschaftsministerium ist traditionsgemäß kein Ministerium, das eine Unmenge an Gesetzprojekten produziert. Erlauben Sie mir an dieser Stelle aber auf ein Paket von Gesetzen hinzuweisen, die die Energieversorgung und den Energiemarkt angehen. Diese Projekte habe ich kurz vor den Sommerferien in der Regierung eingebracht. Es sind wichtige Texte in einem Bereich, der von großer Bedeutung für Land und Leute ist. Die Energie-Problematik wird eine der Prioritäten der kommenden Monate sein.

Marc Glesener: Sie sind auch Sportminister. Wie sieht Ihre Bilanz in diesem Ressort aus?

Jeannot Krecké: Zwei von drei prioritären politischen Projekten sind umgesetzt worden oder stehen unmittelbar vor ihrer Umsetzung. Da wäre zum einen das neue Sportgesetz, zum anderen die neue Verwaltungsinfrastruktur für die Sportföderationen.

Marc Glesener: Und die dritte Priorität?

Jeannot Krecké: Wir wollen die Art und Weise ändern, wie die öffentliche Hand beim Bau von Sportinfrastukturen hilft. Mir ist daran gelegen, zusammen mit dem Innenminister neue Kriterien auszuarbeiten, die eine landesplanerische Grundlage haben. Wichtig sind ein geografisches Gleichgewicht und eine adäquate Gewichtung zwischen Breiten- und Spitzensport. Wir habe mittlerweile eine Studie m Auftrag gegeben, um das Inventar aller bestehenden Infrastrukturen zu machen. Das ist eine solide Grundlage für künftige Schritte. Dabei soll es in Zukunft so sein, dass auch kleine Gemeinden finanziell unterstützt werden. So soll eine Anhäufung von Sportinfrastrukturen in den Gemeinden verhindert werden, die sich diese Bauten leisten können.

Marc Glesener: Zu den neuen Sportinfrastrukturen, gehört da - Tour de France oblige - in Ihren Augen auch ein Velodrom?

Jeannot Krecké: Eine nationale Sportinfrastruktur fehlt im Land. Und das ist kein Velodrom, sondern eine überdeckte Fahrradpiste. Ich hoffe, dass wir ein solches Projekt verwirklichen können. Mir schwebt eine möglichst einfache und besonders funktionelle Einrichtung vor. Von dieser neuen Trainingseinrichtung sollen Breiten- und Spitzensportler profitieren können.

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