Aussenpolitik als Spiegelbild der Innenpolitik. Jean Asselborn au sujet du rôle du Luxembourg dans le domaine des Affaires étrangères

Ady Richard: Herr Minister, ist Außenpolitik eigentlich wichtig für ein kleines Land wie Luxemburg? Können wir eigentlich etwas bewirken in der Welt?

Jean Asselborn: Gerade für ein kleines Land wie Luxemburg ist Außenpolitik von zentraler Bedeutung. Und sie wird in einer globalisierten Welt zunehmend wichtiger. Wir kennen natürlich unsere Grenzen. Aber wir sind Mitglied der Europäischen Union. Die EU ist unser zentraler außenpolitischer Vektor. Und über diesen können wir auch etwas bewirken. Ich denke, dass unser Einfluss schon umgekehrt proportional zu unserer Größe ist.

Ady Richard: Ein Beispiel...

Jean Asselborn: Nehmen Sie etwa die transatlantischen Beziehungen. Unter Luxemburger EU-Ratspräsidentschaft haben wir diese Brücke wieder aufgebaut.

Ady Richard: Welche Bilanz ziehen Sie als Außenminister insgesamt von der Luxemburger Ratspräsidentschaft?

Jean Asselborn: Ich denke, dass wir als Amt mit unseren 300 Mitarbeitern eine ordentliche Leistung gebracht haben. Neben den Beziehungen zu den USA waren Rumänien und Bulgarien sowie die Kooperationspolitik der Union, der Euro, Menschenrechtspolitik, der Balkan, aber auch der Dialog mit China und Russland unsere Schwerpunkte.

Ady Richard: Gibt es eigentlich eine Luxemburger außenpolitische Doktrin?

Jean Asselborn: Es ist neben Europa sicherlich die Multipolarität. Mit einer starken transatlantischen Achse. Aber eben auch multipolar. Ich denke, dass in diesem Zusammenhang auch die USA einige unilaterale Positionen überdenken müssen.

Ady Richard: Woran denken Sie denn da?

Jean Asselborn: Ich denke an den Respekt des internationalen Rechts. Etwa im Irak oder in Guantanamo. Aber auch an die Zusammenarbeit in internationalen Organisationen wie den UN. Natürlich geht Außenpolitik in der Welt nur mit Washington. Aber wir brauchen dort mehr multipolares Denken. Interessant finde ich in diesem Zusammenhang neue Überlegungen in der republikanischen Partei von Präsident Bush. Ich will ausdrücklich betonen, dass ich jede Form von Antiamerikanismus ablehne. Aber auch für die USA sind die UN eine Chance.

Ady Richard: Und was bringt dies den Menschen in Luxemburg?

Jean Asselborn: Die Welt von heute kann nicht mehr einfach in Außen- und Innenpolitik getrennt werden. Unsere Außenpolitik ist das Spiegelbild unserer Innenpolitik. Unsere Außenpolitik, unsere Botschaften, unsere Diplomaten sind Luxemburgs Visitenkarte in der Welt. Dies bringt gerade in konjunkturell schwachen Zeiten den Menschen konkret Arbeit über Wirtschaftswachstum. Schauen Sie sich doch nur die Wirtschaftsdelegation bei unserem aktuellen Chinabesuch an.

Ady Richard: Diese Wirtschaftsdimension haben Sie beim vergangenen Botschaftertag ausdrücklich betont. Sie haben von unseren Diplomaten eine "knallharte Wirtschaftsdiplomatie" gefordert? Was meinen Sie damit? Und wo bleiben da die Ideale?

Jean Asselborn: Wir müssen in der Tat aggressiver unsere Interessen vertreten. Das macht jedes Land auf der Welt. Aber wir vergessen dabei unsere Ideale nicht. Ich denke, dass beides Hand in Hand geht.

Ady Richard: Welche Rolle spielen unsere Botschaften und Diplomaten dabei?

Jean Asselborn: Sie sind eindeutig unsere Türöffner. Auch wenn das Wirtschaftsministerium dann übernimmt, so sorgen wir doch dafür, dass die Tür zum Markt sich öffnet Auch im Zeitalter des Internets sind persönliche Kontakte durch nichts zu ersetzen.

Ady Richard: Die europäische Außenpolitik wird langsam erwachsen. Etwa im Atomstreit mit Teheran oder bei der Unifil-Friedenstruppe im Libanon. Wie sieht Ihre Analyse der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik aus?

Jean Asselborn: Zunächst ist Europa eine Wertegemeinschaft. Diese Werte wollen wir auch mit unserer Außenpolitik vermitteln. Die von Ihnen genannten Beispiele zeigen, dass wir schon gewaltige Fortschritte gemacht haben. Gerade die Europäische Union geht nämlich geschlossen aus dem Konflikt hervor. Wir haben Resultate geliefert. Und haben damit auch unsere Verfassungskrise überwunden. UN-Chef Annan hat Europa ausdrücklich gelobt. Das Beispiel Libanon zeigt, dass ein geschlossenes Europa etwas erreichen kann. Wir müssen auch in Zukunft unseren Selbstgeißelungstrieb endlich in die Ecke stellen.

Ady Richard: Ist dies nicht auch eine gute Taktik im Atomstreit mit dem Iran?

Jean Asselborn: Absolut und hier muss die Geschlossenheit auch die internationale Gemeinschaft begreifen. Ich denke, wir haben da alle aus dem Irakkrieg gelernt. Nun müssen wir aufpassen, dass wir die Geduld nicht verlieren.

Ady Richard: Bleiben wir bei Nahost und dem Libanon. Luxemburg beteiligt sich auch an Unifil. Welche Zukunft sehen Sie für die Krisenregion?

Jean Asselborn: Wir brauchen dort Verlässlichkeit, Ruhe und Rechtsstaatlichkeit. Und ganz konkret nur eine Polizei und eine Armee. Mit dem Krieg und den Milizen muss nun Schluss sein. Ein Schlüssel bleibt dabei ein palästinensischer Staat. Ich setze da sowohl auf einen Dialog von Fatah und Hamas. Und auch auf eine palästinensische Anerkennung des Existenzrechts von Israel. Denn wir müssen nach dem Libanon-Krieg nun wieder zurück zur Road Map. Und dann dürfen wir Syrien nicht vergessen, ohne das es keinen Frieden geben kann.

Ady Richard: Was sind Ihre Schwerpunkte für die kommenden Jahre?

Jean Asselborn: Wir können als Luxemburg natürlich nur Schwerpunkte setzen. Wir müssen uns auf unsere Prioritäten konzentrieren. Eine davon ist sicherlich der Balkan.

Ady Richard: Ist es eigentlich ein Unterschied ob ein liberaler oder ein sozialistischer Politiker Luxemburger Außenminister ist? Was ist spezifisch sozialistisch an Ihrer Außenpolitik?

Jean Asselborn: Ich denke, dass soziale Probleme mir schon besonders am Herzen liegen. Aber über die fundamentale Ausrichtung unserer Außenpolitik besteht Konsens bei den großen Parteien.

Ady Richard: Sie. befinden sich gerade auf Staatsbesuch mit Großherzog Henri in China. Welche Rolle wird Asien in Zukunft spielen? Wie bringen Sie Handel und Menschenrechte unter einen Hut?

Jean Asselborn: Asien ist ein aufstrebender Kontinent Eindeutig. Allen voran China. Dabei dürfen wir jedoch in der Tat gerade im Reich der Mitte die Probleme bei Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit nicht verkennen. Ideale und Interessen gehen auch da Hand in Hand.

Ady Richard: Lateinamerika hat einen eindeutigen Linksruck hinter sich. Wie erklären Sie sich dies?

Jean Asselborn: Es hat sicher etwas mit den Ungerechtigkeiten der Globalisierung zu tun. Man darf diese nicht verkennen. Die Menschen sehnen sich nach Gerechtigkeit. Wir müssen sie als Politiker dabei unterstützen.

Ady Richard: Noch eine Frage an den Vizepremier Jean Asselborn. Welche Bilanz ziehen Sie als Sozialist nach zwei Jahren Schwarz-Rot? Wie ist die Stimmung in der Regierungskoalition?

Jean Asselborn: Sie ist sehr gut. Wir respektieren uns und arbeiten gut mit der CSV zusammen. Ich denke, dass wir auch schon einiges erreicht haben. Sowohl innen- als auch außenpolitisch.

Ady Richard: Was ist in den kommenden drei Jahren zu erwarten?

Jean Asselborn: Wir werden die angefangenen Reformen weiter vorantreiben. Wir wollen die treibende Kraft der Regierung sein.

Ady Richard: Sie waren lange Jahre Bürgermeister von Steinfort. Heute sind Sie luxemburgischer Außenminister. Hat sich Ihre Meinung über Außenpolitik verändert?

Jean Asselborn: Eigentlich nicht. Ich wusste nur nicht, dass der Job so arbeitsintensiv ist. Und glauben Sie mir: Es sind beileibe nicht nur Cocktailempfänge. Ich bin auch als Außenminister ein einfacher Mensch geblieben. Ein Diplomatiechef im Blaumann gewissermaßen. Nur dass dies bei mir eben der blaue Anzug ist.

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