Marketing unter staatlicher Leitung. Luc Frieden au sujet de la création d'une agence de promotion de la place financière

D’Wort: Warum benötigt der Finanzplatz eine eigene Marketing-Agentur?

Luc Frieden: Der Finanzplatz ist der wichtigste Pfeiler der nationalen Wirtschaft und es ist notwendig, diesen Sektor nach außen besser zu erklären. Es gibt eine ganze Reihe von Instrumenten, mit denen wir die Wirtschaft unseres Landes im Ganzen darstellen. Wir haben in den letzten Jahren jedoch den Bedarf an speziellen Informationen zum Produkt Finanzplatz und seinen Rahmenbedingungen seitens verschiedener Akteure wie Anwälte, Finanz- und Steuerberater oder auch Fachmedien festgestellt. Um diese Fragen professionell zu beantworten, brauchen wir ein gesondertes Instrument. Wir haben die spezifische Kommunikation mit Experten und Kunden des Finanzplatzes erst vor kurzem begonnen.

D’Wort: Der Finanzplatz ist seit Jahren der wichtigste Pfeiler der nationalen Ökonomie. Warum gerade jetzt eine solche Initiative?

Luc Frieden: Die Initiative ist Teil einer Gesamtstrategie der Regierung zur Gestaltung der Zukunft des Landes. Zur Zukunft Luxemburgs gehört eine nachhaltige Stärkung der wichtigsten Wirtschaftsbereiche. Das bedeutet, dass die vielschichtigen Aktivitäten des Finanzplatzes international professionell erklärt werden müssen.

D’Wort: Es gibt mit der ABBL, Alfi, ACA oder Profil gleich mehrere Organisationen, welche die Interessen des Finanzplatzes vertreten. Wie sieht die künftige Zusammenarbeit zwischen den Verbänden und dieser Agentur aus?

Luc Frieden: Für mich muss die Agentur in Partnerschaft mit dem Privatsektor organisiert werden. Die Kernbotschaft allerdings muss vom Staat formuliert werden. Die Wirtschaft entscheidet auf Grundlage der gesetzlichen Rahmenbedingungen. Dafür sind politische Entscheidungen notwendig. Der Staat ist daher die einzige Instanz, die den Finanzsektor im Ganzen darstellen kann. Die Agentur sollte komplementär zu den einzelnen Branchenorganisationen angesehen werden.

D’Wort: Welche Aufgaben soll die Agentur übernehmen?

Luc Frieden: Die Mission der Agentur ist in meinen Augen nicht darauf beschränkt, Promotionsreisen ins Ausland zu organisieren. Das ist lediglich ein Element. Es geht auch darum, zwischen den einzelnen Reisen zu erklären, was der Finanzplatz ist, wie er funktioniert.

Wir müssen kontinuierlich die Realitäten dieses wichtigen Wirtschaftszweigs erklären. Darüber hinaus lassen sich Brücken zu anderen Organisationen wie dem "Board of Economic Development" bauen.

D’Wort: Wird mit der neuen Agentur die Promotion-Asbl Profil nicht überflüssig? Sollte Profil aufgelöst werden?

Luc Frieden: Es ist nicht an mir, das zu entscheiden, das ist Aufgabe des Privatsektors. Ich will in enger Partnerschaft mit dem Finanzsektor die Agentur entwickeln und realisieren. In den nächsten vier Wochen werden wir mit den Hauptakteuren des Finanzplatzes über Einzelheiten diskutieren.

D’Wort: Die Finanzierung der Agentur ist ein wichtiger Punkt. Wo kommt das Geld her? Wie hoch sind die laufenden Kosten? Wie hoch ist die Beteiligung des Privatsektors?

Luc Frieden: Ein Großteil des Startkapitals kommt aus den Einnahmen aus der Transaktion zwischen Arcelor und Mittal Steel. Wer wie viel in die Agentur einbringt, wird Teil der Gespräche sein, die wir in den nächsten Wochen rühren werden. Wenn ich allerdings von Partnerschaft spreche, ist klar, dass jeder seinen Beitrag leisten muss.

D’Wort: Wird die Agentur eine staatliche Einrichtung oder ein privatwirtschaftlich organisiertes Institut?

Luc Frieden: Meiner Meinung nach sollte der Staat die Leitung der Agentur übernehmen und dann auch finanziell den Löwenanteil tragen.

D’Wort: Heißt Partnerschaft nicht ein Verhältnis von 50:50?

Luc Frieden: Da der Staat über die Botschaft, die nach außen transportiert wird, entscheidet, wird er auch ein höheres finanzielles Engagement eingehen. Die Agentur benötigt ein ordentliches Startkapital von bis zu 20 Millionen Euro. Das Geld stammt wie gesagt nicht aus dem laufenden Haushalt, sondern aus den Einnahmen aus dem Aktientausch zwischen Arcelor und Mittal Steel.

D’Wort: Wo liegt der Unterschied zwischen einer staatlichen Agentur und den privaten Branchenverbänden?

Luc Frieden: Die privaten Organisationen verfolgen eine stärker auf das Geschäft ausgerichtete Strategie. Der Staat wird eine mehr generelle Botschaft verkünden. Da, wo es notwendig erscheint, wird zusammengearbeitet. Die Agentur macht im Gegensatz zu den Verbänden keine Lobbyarbeit für bestimmte Interessengruppen. Geht es um Rahmenbedingungen, ist die Agentur gefragt. Geht es um Produkte, treten die Interessengruppen auf den Plan.

D’Wort: Ist es Aufgabe des Staates, sich aktiv um die Vermarktung eines Wirtschaftszweigs zu kümmern?

Luc Frieden: Es ist Aufgabe des Staates, günstige Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes zu schaffen. Es ist zudem Aufgabe des Staates, danach zu erklären, was die Rahmenbedingungen sind. Diese Rolle muss der Staat selber spielen. Schließlich geht es darum, dass in Luxemburg mehr Arbeitsplätze und mehr Wohlstand geschaffen werden. Nicht jeder Akteur am Finanzplatz hat dieselben Interessen wie der Staat.

D’Wort: Könnten die Pläne zum Aufbau der Agentur die EU-Kommission auf den Plan rufen?

Luc Frieden: Luxemburg braucht sich nicht für seine Gesetze zu schämen, die im Einklang mit europäischem Recht stehen. Es ist Pflicht der Regierung, den wichtigsten Wirtschaftszweig auszubauen. Unser Engagement wird nicht zu Problemen führen, vielleicht bei dem einen oder anderen jedoch Neid schüren.

D’Wort: Gibt es Modelle im Ausland, an denen Sie sich orientiert haben?

Luc Frieden: Ich schaue mir eine Reihe anderer Modelle an. Unsere Agentur wird aber auf die spezielle Situation Luxemburgs zugeschnitten sein. Es gibt kaum ein anderes Land, in dem der Finanzplatz eine solch zentrale Rolle spielt.

D’Wort: Themenwechsel. Brüssel hat relativ schnell die Ersatzlösung für die Holdings 29 genehmigt. Sind Sie zufrieden mit der SPF, der "Societé de gestion de patrimoine familial"?

Luc Frieden: Gestern hat der Regierungsrat den entsprechenden Gesetzesvorschlag angenommen. Es ist ein Beweis für die Stärke des Finanzplatzes, auf Veränderungen schnell und flexibel zu reagieren. Das gibt Rechtssicherheit. Familien erhalten ein Vehikel, ihr Vermögen klar zu strukturieren. Wir sind zufrieden, dass die EU-Kommission unseren Erklärungen gefolgt ist.

D’Wort: Kann die SPF die möglichen Verluste durch die Abschaffung der Holdings 29 auffangen?

Luc Frieden: Ich meine, dass die SPF zusammen mit anderen Instrumenten wie Soparfi ("Societé à participation financière") oder Sicar (Risikokapitalfonds) mögliche Verluste kompensieren kann.

D’Wort: Die Sicar-Gesetzgebung und das Gesetz über Titrisation (Verbriefung) werden ebenfalls von der EU-Kommission geprüft. Haben Sie schon eine Antwort von der zuständigen Kommissarin Kroes?

Luc Frieden: Wir befinden uns mitten in einer Konsultationsphase. Die Gespräche mit der Kommission gehen weiter und dürften bis Ende des Jahres abgeschlossen sein. Ich erwarte keine substanziellen Änderungsvorschläge. Wir dürfen bei allen Schwierigkeiten nicht vergessen, dass die Mitgliedschaft Luxemburgs in der EU zahlreiche Chancen für den Finanzplatz eröffnet. Konkurrenz in bestehenden Schranken ist erlaubt und erwünscht.

D’Wort: Ein großes Projekt ist auch die Umsetzung der Richtlinie über die Märkte für Finanzinstrumente - die so genannte Mifid-Richtlinie. Das entsprechende Gesetz wurde eingebracht. Wurde die Richtlinie zu 100 Prozent übernommen?

Luc Frieden: Es ist eine Umsetzung, die konform ist zum europäischen Recht. In 26 Versammlungen haben wir jeden einzelnen Artikel mit den Akteuren des Finanzplatzes diskutiert. Ziel war, dass die technisch schwierige Direktive spätestens im November 2007 ohne weitere Verzögerung in die Praxis umgesetzt werden kann.

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