Jean Asselborn au sujet des négociations d'adhésion de l'Union européenne avec la Turquie

Beim Treffen der deutschen Kanzlerin im Saarland mit Frankreichs Präsident Chirac und dem polnischen Präsidenten Kaczynski, dem so genannten Weimarer Dreieck, wurden die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei plötzlich zum Top-Thema. Der polnischen Staatschef, obwohl EU-Kritiker, machte sich zum Anwalt der Türken. Jacques Chirac und Angela Merkel versuchten, den Druck auf die Türkei aufrechtzuerhalten.

Zitat Merkel: "Ich hoffe, dass auch von der türkischen Seite gesehen wir, dass nicht von einer Verschärfung die Rede sein kann, sondern es ist etwas, das wir erwartet haben, nicht passiert. Das muss gewisse Folgerungen haben. Wir wollen keine Ultimaten jetzt in irgendeiner Weise setzen, aber wir wollen nochmals bekunden, dass die Kommission uns sagen soll, was jetzt erreicht ist, und wie könnte es weitergehen, also zwischen dem Herbst 2007, also etwa heute in einem Jahr, und dem Frühjahr 2009."

BR: Am Telefon der Radiowelt ist jetzt der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn. Guten Morgen nach Luxemburg.

Jean Asselborn: Guten Morgen, Madame.

BR: Herr Minister, ist das denn eine gute Idee, die die deutsche Kanzlerin da vorgeschlagen hat?

Jean Asselborn: Also generell gesehen, glaube ich, könnten die allermeisten Länder mit dem Vorschlag der Kommission leben, den wir ein wenig verbessern können. Es gibt in der Türkei-Frage jene, die nur auf Erweiterung setzen, und keine Vertiefung der Union wollen. Es gibt jene, die in der Türkei-Frage immer zerknirscht sind, und jede Gelegenheit mit dem Schopf nehmen, um abzubrechen. Und dann gibt es jene, auch hier in Luxemburg, oder die Frau Bundeskanzlerin - die ja, wie wir auch in Luxemburg wissen, in einer Koalition zu leben hat - die einen Ausweg suchen. Ich bin überzeugt, dass wir diesen Ausweg am nächsten Montag unter Außenministern finden werden. Das liegt auf der Hand.

BR: Kommen wir kurz konkret zum Vorschlag der Kommission. Die hat gesagt, acht der insgesamt 35 Verhandlungskapitel mit der Türkei könnte man ja nicht eröffnen. Dazu soll es dann erst kommen, wenn die Türkei ihre Häfen auch für Schiffe aus Zypern öffnet. Was halten Sie davon?

Jean Asselborn: Ja, man muss in der ganzen Frage immer die Ratio spielen lassen. Das Prinzip wurde ja im Dezember 2004 festgehalten, da wurde der Entschluss gefasst zu verhandeln. Konkret wurden wir dann am 3. Oktober 2005 in Luxemburg. Dazwischen hat die EU etwas Wichtiges erklärt und das muss man immer wieder wiederholen. Das war im September 2005. Erstens, das Ankara-Protokoll muss angewandt werden- das bedeutet freier Warenhandel, freier Transport. Zweitens, 2006 wird beurteilt. Drittens, die Weiterführung der Verhandlungen über einschlägige Kapitel hängt davon ab, ob die Türkei sich bewegt hat. Die Türkei hat sich nicht bewegt.

Jetzt sind wir in der Situation wo die Kommission einen Vorschlag macht. Diesen Vorschlag hat Sie genau erklärt. 8 Kapitel sollen ausgesetzt werden. 8 Kapitel. Das sind die einschlägigen Kapitel. Es heißt nicht, dass die Kommission oder dass der Rat jetzt nachdem wir diesen Beschluss gefasst haben, im September 2005, entschließen kann total zu stoppen. Das ist nicht in der Kompetenz der Kommission, und ich glaube, auch wenn der Rat das tun würde, wäre das entgegen dem, was wir 2005 beschlossen haben.

Die Zypern-Frage, das will ich auch noch ganz klar unterstreichen, ist ja eigentlich die Frage der UNO, nicht die Frage der Europäischen Union. Und der neue Generalsekretär Ban Ki-Moon wird meines Erachtens wieder alles tun, um diese Frage erneut auf die Tagesordnung zu setzen.

Die Kommission liegt also richtig, wenn sie diesen Vorschlag macht, der für mich jedenfalls, und für viele andere meiner Kollegen, eine sehr gute Diskussionsbasis ist.

BR: Herr Asselborn, wenn man sich als Nicht-Politiker so die Verhandlungen anschaut, dann hat man irgendwie den Eindruck, die Türkei wird so lange vor sich hergetrieben, bis sie dann selbst die Lust verliert in die EU zu kommen.

Jean Asselborn: Das wäre meines Erachtens auch ein sehr großer Fehler. Wir müssen einsehen, dass der größte Krisenherd auf der Welt der Nahe Osten ist. Und wir sollten uns fragen: benutzen wir die Türkei – nein, nicht benutzen, das ist das schlechte Wort - aber arbeiten wir mit der Türkei als Europa zusammen, geographisch, kulturell, wollen wir eine europäische Türkei, ja oder nein?

Es gilt natürlich auch, die Frage der Menschenrechte in der Türkei anzusprechen. Wenn Sie nur anschauen, was sich alles zum Guten bewegt hat in den letzten zwei, drei Jahren... Es wird viel über diesen Artikel 301 über das Türkentum geredet. Nur der Druck der Union auf die Türkei in Sachen Menschenrechte für 70 Millionen Menschen, kann bewirken, dass die Menschenrechte verbessert werden. All das müssen wir sehen.

In einem Wort: Europa braucht eine europäische Türkei, keine Türkei die gegen Europa ist. Und darum müssen wir, auch wenn es jetzt ein wenig schwierig ist, Druck machen auf die Türkei - da hat die Kanzlerin vollkommen Recht, auch aus meiner Sicht. Aber es gilt, den Druck so zu gestalten, dass er politisch intelligent ist. Wenn wir die Verhandlungen ganz abbrechen, haben wir keinen Druck mehr.

Also liegt die Lösung auf der Hand. Wir können den Vorschlag der Kommission verbessern mit einer Revisionsklausel zu einem gewissen Zeitpunkt. Das kann man machen. Aber wir sollten keine neue Entscheidung über das Prinzip, mit der Türkei zu verhandeln, herbeiführen.

BR: Dann bedanke ich mich für das Rendez-vous das wir hier Beide heute früh am Telefon hatten. Auf Wiederhören, Herr Asselborn. Der luxemburgische Außenminister war das.

Jean Asselborn: Bitte.

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