Maastricht hätte Verfassung sein müssen, Jean-Claude Juncker au sujet du 15e anniversaire du traité de Maastricht

d'Wort: Herr Premier, welche Erinnerungen haben Sie an die Vertragsunterzeichnung in Maastricht?

Jean-Claude Juncker: Ich hatte das Gefühl, zusammen mit Jacques Poos, eine der wichtigsten Unterschriften meines Lebens zu leisten. Es war eine ernsthafte Unterschrift. Es war der Grundstein der Wirtschaftsund Währungsunion und somit des Euro. Es war ein qualitativer Quantensprung. Europa hat sich zu sich selbst und zu seiner weltweiten Integrationsrolle bekannt.

d'Wort: Wie sehen Sie Maastricht im Nachhinein?

Jean-Claude Juncker: Ich bin beeindruckt, dass wir den Euro fristgerecht auf die Beine gestellt haben. Trotz der Strenge der Beitrittskriterien. Wir wurden 1992 ausgelacht. Ich bin beeindruckt, dass der Euro - trotz Unkenrufen zu einer Erfolgsgeschichte wurde. Der Euro schützt uns vor schädlichen Nebenwirkungen der Globalisierung, vor Finanzkrisen, vor arbeits-, wirtschafts- und währungspolitischem Chaos.

d'Wort: Gibt es auch Enttäuschungen?

Jean-Claude Juncker: Ich habe immer gedacht, der Euro mache den europäischen Integrationsprozess unumkehrbar. Ich zweifele heute daran. Amsterdam, Nice und Verfassungsvertrag haben keine breite Zustimmung erfahren. Die Menschen sind zu weiteren europäischen Anstrengungen kaum noch zu motivieren. Ich habe immer gedacht, der Euro vergrößere die Sprungkraft der EU. Das war auch oft der Fall. Aber die Menschen können sich nicht in den Euro verlieben.

d'Wort: Wie kommt denn diese Skepsis der Menschen zustande?

Jean-Claude Juncker: Wir schaffen es nicht, den Menschen zu erklären, dass der Euro etwas gebracht hat. Dabei wurden nach Einführung des Euro zwölf Millionen Arbeitsplätze in Europa geschaffen. Wir haben den Dollar überholt. Der Euro hat uns vor einer Ölpreiserhöhung beschützt. Er ist die einzig schlüssige Antwort auf die Globalisierung. Unser politischer Diskurs findet nicht die Ohren und das Herz der Menschen.

d'Wort: Welche Konsequenzen sind daraus zu ziehen?

Jean-Claude Juncker: Die Politik muss zu einer Pädagogik des Euro werden, nicht zu einer Propagandaveranstaltung. Und die Menschen müssen einsehen, dass der Euro ihnen mehr Positives als Negatives gebracht hat. Die Menschen denken aber nur an die Opfer der Prä-Eurozeit.

d'Wort: Was hat Maastricht Luxemburg gebracht?

Jean-Claude Juncker: Unter Luxemburger Präsidentschaft wurden 1991 die Grundzüge des Euro zusammengefügt. Ohne Maastricht wären wir in einer babylonischen Gefangenschaft zum belgischen Franken geblieben. Wir sind heute ein gleichberechtigter Euro-Miteigentümer. Der Euro ist der größte Souveränitätssprung, den Luxemburg je geleistet hat.

d'Wort: Denken Sie manchmal nostalgisch an Maastricht eingedenk der Verfassungskrise?

Jean-Claude Juncker: 1992 wäre der Verfassungsvertrag angenommen worden. Weil die Menschen unter dem Eindruck des Wechsels in Ost- und Mitteleuropa standen. Wir haben den Verfassungsvertrag mit 13 Jahren Verspätung abgeschlossen. Der Vertrag von Maastricht hätte der Verfassungsvertrag sein müssen. Heute riskiert Europa durch das Hineinplatzen nationaler Egoismen wieder auseinanderzubrechen. Dagegen müssen wir uns wehren. Mit einem Maastrichter Gefühl und einem Maastrichter Sachverstand. Wir müssen aus den rhetorischen Fehlleistungen der Vergangenheit lernen.

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