Jeannot Krecké: "Potenziellen Investoren ein Gesamtpaket anbieten". Le ministre de l'Économie et du Commerce extérieur au sujet de la diversification de l'économie luxembourgeoise

Tageblatt: Als Hauptschwerpunkt für die Diversifizierung der Luxemburger Wirtschaft ist immer wieder vom Ausbau des Logistik-Sektors die Rede. Warum gerade dieser Bereich?

Jeannot Krecké: Wir müssen uns damit abfinden, dass nicht mehr alles in Europa produziert werden kann. Die Produkte, die wir verbrauchen, müssen jedoch herbeigebracht werden. Mit den Logistikunternehmen bleibt Luxemburg wenigstens als Teilstück innerhalb der Produktionsketten präsent.

Zudem bedeutet Logistik nicht, einfach mehr Lastwagen ins Land zu bringen, sondern eine ganze Reihe von Arbeiten rund um die Produkte: die Organisation des Transportes, die Verpackung des Produktes, die Versicherungen, Aufbau und Unterhalt der notwendigen informatischen Systeme usw.

Tageblatt: Was sind die Vorteile, die unser Land als Standort für Logistikunternehmen interessant machen?

Jeannot Krecké: Erstens, unsere zentrale Lage in Europa. Wir befinden uns auf den großen Transportachsen Nord-Süd und Ost-West, was Straßen und Schienen angeht. Auch gibt es heute schon etwa 680 Betriebe im Land, die in der Logistikbranche aktiv sind und etwa 9.000 Mitarbeiter beschäftigen. Von diesen Betrieben sind 120 reine Logistikunternehmen. Eine Firma wie die Cargolux hier zu haben, ist gut für die Glaubwürdigkeit des Standortes.

Zudem bieten wir den Betrieben gute Bedingungen, um ihren Firmensitz hier niederzulassen. Und nicht zuletzt auch noch die günstige Mehrwertsteuer.

Tageblatt:: Wo werden all diese Betriebe, die sich z.B. auf dem alten WSA-Gelände niederlassen sollen, herkommen?

Jeannot Krecké:: Dies müssen ja nicht alles neue Betriebe sein. Es können auch Unternehmen sein - wie Kühne & Nagel oder DHL - die schon im Lande sind und weiter expandieren wollen.

Wir werden aber auch versuchen, eine Reihe neuer Unternehmen nach Luxemburg zu bringen. Zum Beispiel werden wir auf dem WSA-Gelände ein Containerterminal aufbauen. Die CFL Cargo wird die Container direkt von den Häfen in Belgien und den Niederlanden nach Luxemburg bringen können, wo die Waren dann neu verpackt und von hier aus verteilt werden können. Als ich vor kurzem in Hongkong war, hab ich, dies im Sinne, auch eine große Containerfirma besucht.

Tageblatt: Wenn unser Land so gut aufgestellt ist, um die Logistikunternehmen anzuziehen, warum hat denn Amazon, deren europäische Zentrale in Luxemburg zu Hause ist, hier kein Verteilerzentrum aufgebaut?

Jeannot Krecké: Als Amazon sich Anfang 2005 in Luxemburg niedergelassen hat, hatten sie gesagt, dass das Logistiknetz für ganz Europa von Luxemburg aus nicht gut genug entwickelt sei. Es gebe nicht genügend Konkurrenz.

Vielleicht wird es jetzt für sie interessanter.

Tageblatt: Ein weiterer Zielbereich für die Diversifizierung der Luxemburger Wirtschaft sind die Internetfirmen. Wie sieht es hier für die Zukunft aus?

Jeannot Krecké: In dem Bereich hat sich schon viel getan.

Die günstige Mehrwertsteuer ist ein guter Startpunkt. Nun sind wir auch dabei, die anderen Standortfaktoren zu verbessern. Die Infrastrukturen werden verbessert und es müssen mehr qualifizierte Mitarbeiter ausgebildet werden. Ein weiterer Standortvorteil sind auch die internationalen Schulen für die Kinder der Manager, die nach Luxemburg kommen.

Aber es gibt immer mehr Interessenten für Luxemburg. In den USA habe ich vor kurzem wieder einige Firmen besucht - es gibt welche, die darüber nachdenken, hierher zu kommen, und andere, die schon hier sind, wollen ihre Aktivitäten ausbauen.

Tageblatt: Wie stehen die Chancen, dass aus den Firmeninkubatoren eine neue Hightech-Firma wie z.B. eine SES herauswächst?

Jeannot Krecké: Das kann man nur schwer vorhersagen. Auf jeden Fall müssen wir bereit sein, das Risiko einzugehen, dass nicht alle Projekte erfolgreich sind. Aber wir haben gute Beispiele von Erfolgen - wie zuletzt die Informationen, dass Belgacom sich für Voxmobile interessiert.

Auf jeden Fall ist es notwendig, dass wir auf Innovation und Qualität setzten. Wir müssen den neuen Unternehmen ein abgesichertes Umfeld anbieten, um ihre Geschäfte zu starten.

Wir müssen auf hochwertige Produkte setzen. Darum will die Regierung auch weiterhin den Anteil von Forschung und Entwicklung in unserem Bruttosozialprodukt steigern - von heute 1,7 Prozent auf 3 Prozent in Zukunft.

Tageblatt: In Frankreich hat die Regierung angekündigt, den kleinen und mittleren Unternehmen ihr erstes Patent zu bezahlen. Denkt die Luxemburger Regierung auch über solch einen Schritt nach?

Jeannot Krecké:: Wir bieten den Firmen eine finanzielle Unterstützung, damit sie hingehen und sich (entweder intern oder extern) die nötige Expertise einkaufen. Zudem versuchen wir, die Prozeduren zum Abgeben von Patenten zu vereinfachen.

Tageblatt: Gibt es noch weitere Branchen, die Sie diversifizieren wollen?

Jeannot Krecké: Ja, da wären die Gesundheitstechnologien (Teile der Biotechnologiefirmen und verschiedene medizinische Instrumente). In Düdelingen, beim "Laboratoire national de la sante" wollen wir eine Zone für Betriebe schaffen, die in dieser Branche aktiv sind.

Aber es braucht Zeit, solche Betriebe anzuziehen.

Und zudem wollen wir den Bereich der Ökotechnologien ausbauen, denn eine der großen Herausforderungen der heutigen Zeit ist die effizientere Nutzung der Energie. Hier haben wir schon einige interessante Betriebe im Land, wie z.B. Delphi, die Forschung und Entwicklung betreiben, um Autos besser zu isolieren und Motoren effizienter zu nutzen usw.

Ökotechnologien sind auch im Bau von Niedrigenergiehäusern erforderlich. Ein Beispiel von einem solchen Haus soll in die "Cité des sciences 1 auf den Escher "Frichen" kommen. Aber in diesem Bereich sind wir noch im Anfangsstadium .

Tageblatt: Braucht es hierfür nicht neue strikte Regeln von der Regierung, damit eine solche neue Bauweise sich durchsetzen kann?

Jeannot Krecké: Doch, und ich habe vor kurzem ein "règlement grand-ducal" auf den Instanzenweg geschickt - eine Wärmeschutzverordnung für Neu- und Altbauten. Das sollte diesem Sektor auf die Beine helfen.

Tageblatt: Wie steht es mit dem Projekt, mehr und mehr Sitze von europäischen Firmen nach Luxemburg zu ziehen?

Jeannot Krecké: Damit sind wir konstant beschäftigt, wir haben ja auch schon viele.

Da die Produktionskosten in Luxemburg recht hoch sind, versuchen wir, potenziellen Investoren ein Gesamtpaket von Zentrale, Forschung & Entwicklung, verschiedenen Dienstleistungen (shared Services) und Logistik anzubieten.

Vor kurzem noch hat eine finnische IT-Firma, Elcoteq, angekündigt, sie würde ihren Sitz am ersten Januar 2008 nach Luxemburg verlegen.

Tageblatt: Die hohe Inflation in Luxemburg schadet ja bekanntlich der Wettbewerbsfähigkeit. Was wird dagegen unternommen?

Jeannot Krecké: Die Inflation ist ja schon rückläufig, aber bei fünf Prozent Wachstum hat man eben mehr Inflation als andere Länder mit weniger Wirtschaftswachstum das ist eine ungeschriebene Regel.

Aber wir machen auch zusätzliche Schritte, um die Preisentwicklung besser zu verstehen und gegebenenfalls abzubremsen. So arbeiten wir an der Einführung eines Preisindexes für die Großregion; diskutieren mit Unternehmen, dass sie im Falle einer Indexerhöhung den Preis ihrer Produkte nicht um ganze 2,5 Prozent, sondern nur um den wirklichen Lohnkostenzuwachs erhöhen; und wir versuchen, mehr Wettbewerb auf dem Einkaufsmarkt für Luxemburger Firmen zu ermöglichen.

Man darf nicht vergessen, dass es sehr kompliziert ist, vorhandene, alte Strukturen zu modernisieren.

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