Marie-Josée Jacobs: "Wichtiger Beitrag der Solidarwirtschaft". La ministre de la Famille et de l'Intégration, ministre de l'Égalité des chances au sujet de la solidarité sociale

Tageblatt: Frau Jacobs, Sie sind seit beinahe zwei Jahren die zuständige Ministerin für die Solidarwirtschaft in Luxemburg. Wie sieht Ihre Zwischenbilanz aus? Was haben Sie erreicht, wo sind Sie in Ihrer Arbeit zurückgeworfen bzw. in Ihren Ansprüchen gebremst worden?

Marie-Josée Jacobs: Im Koalitionsvertrag von 2004 wurden die zwei Bereiche Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Solidarwirtschaft voneinander getrennt. Erstere sind seitdem dem Arbeitsministerium, Letztere dem Familienministerium zugeordnet.

Als Familien- und Integrationsministerin war mir sehr daran gelegen, alle interessierten Akteure in diesem Sektor zu befragen und die jeweiligen Ansichten und Erfahrungen auszutauschen. Dieser Austausch ergab, dass es bezüglich der Definition und der praktischen Umsetzung der so genannten Solidarwirtschaft erhebliche Differenzen gibt. Daraufhin hat das Familienministerium entschieden, in Absprache mit dem Arbeitsministerium, ein pragmatisch ausgerichtetes Konzept auszuarbeiten.

Dieses Konzept wurde allen Akteuren im Dezember 2004 vorgelegt, mit der Einladung, entsprechende Projektvorschläge einzureichen. Die sechs für 2006 zurückbehaltenen Projekte konnten, wegen der zur Konsolidierung der öffentlichen Finanzen notwendigen budgetären Einschnitte, leider nicht umgesetzt werden. Lediglich drei bestehende Projekte mit solidarwirtschaftlichen Elementen wurden im Rahmen der vorhandenen Mittel weitergeführt. Diese Tatsache, sowie auch die immer noch zu klärende Uneinigkeit auf der Ebene der Akteure, hat uns natürlich stark zurückgeworfen und es bleibt zu hoffen, dass wir in Zukunft schneller vorankommen.

Tageblatt: Die Regierung hat beschlossen, die Solidarwirtschaft dem Familien- und Integrationsministerium zuzuschreiben. Manche Stimmen meinen, dass sie eher in den Zuständigkeitsbereich des Wirtschaftsministeriums fallen soll. Wie stehen Sie zu diesem Punkt?

Marie-Josée Jacobs: Solidarwirtschaft ist ein horizontales Thema! Die Frage ist also nicht, welches Ministerium zuständig sein sollte, sondern welches Ministerium federführend sein sollte. Die Zuweisung an das Familien- und Integrationsministerium erfolgte aufgrund eines Ansatzes, der eher die Komponente der Solidarität betont: Zwecks Stärkung des sozialen Zusammenhalts, der sozialen Kohäsion, soll die Solidarwirtschaft zur Eingliederung aller in unsere Gesellschaft beitragen, indem sie aktiv wird in Bereichen, die weder vom Staat noch von der Wirtschaft zur Genüge abgedeckt sind.

Tageblatt: Und wie sehen Sie den solidarwirtschaftlichen Sektor in Luxemburg in zehn Jahren?

Marie-Josée Jacobs: Mit solchen Voraussagen sollte man sich zurückhalten. Denken Sie z.B. an die ehrgeizigen Ziele der europäischen Lissabon-Strategie des Jahres 2000 für das Jahr 2010 und daran, wie weit die europäische Union heute, im Jahr 2007, von diesen Zielen noch entfernt ist. Damit wir hinsichtlich der Solidarwirtschaft mit einem gewissen Optimismus in die Zukunft schauen können, sollten wir uns konzentrieren auf das, was heute zur Klärung ansteht: Es gilt vorrangig, eine stärkere Übereinkunft aller Beteiligten bezüglich der Definitionen, Abgrenzungen und Zielsetzungen herbeizuführen. Nur so kann es zu einer stärkeren Akzeptanz der Solidarwirtschaft bei den Entscheidungsträgern und in der breiten Öffentlichkeit kommen.

Tageblatt: Können Sie sich eine friedliche "Koexistenz" der drei Wirtschaftssektoren in unserem Land vorstellen? Sollte die Entwicklung nicht sogar in Richtung einer gegenseitigen Zusammenarbeit und eines Austausches gehen?

Marie-Josée Jacobs: Es wäre sicherlich nicht sinnvoll, wenn sich die Solidarwirtschaft, abgenabelt von den anderen Sektoren, auf ein Nischendasein beschränken würde. Ziel sollte vielmehr sein, in gegenseitiger Akzeptanz, komplementär zu anderen Sektoren, neue Möglichkeiten zu schaffen im Interesse der Bevölkerung. Die Erfahrung lehrt uns, dass weder der Staat noch die Wirtschaft allen Bedürfnissen der Menschen gerecht werden kann. Hier kann die Solidarwirtschaft, mit ihren stärker auf das menschliche Zusammenleben ausgerichteten Prinzipien, einen wichtigen Beitrag leisten.

Gerade für Menschen mit geringem Einkommen könnten hier neue Angebote an Dienstleistungen, zum Beispiel in der informellen Hilfe, geschaffen werden. Deshalb werde ich in Zukunft alles daran setzen, die nötigen Kredite zur Realisierung entsprechender Projekte aufzubringen und zusammen mit allen Akteuren die Schaffung eines gesetzlichen Rahmens der Solidarwirtschaft weiter voranzutreiben.

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