Le ministre des Affaires étrangères et de l'Immigration, Jean Asselborn, au sujet du projet de boucliers anti-missiles

Anmoderation: Brauchen die USA ein Raketenabwehrsystem in Osteuropa? Wozu? Und muss sich Russland davon bedroht oder herausgefordert fühlen? Die Pläne des US-Militärs, in Polen Raketen zu stationieren und dazu in Tschechien ein Radar zu installieren, werden derzeit viel diskutiert. Russland sieht es als einen Angriff auf seine eigene Sicherheit und will mit Aufrüstung antworten. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat gestern noch einmal betont dass dieses Raketenabwehrsystem kein Alleingang der USA sein darf. Ihrer Ansicht nach soll die Raketenabwehr in das Verteidigungssystem der NATO eingebaut werden. Polen wiederum will sich nicht darein reden lassen. Die Meinungsbildung in Europa läuft.

Am Telefon ist jetzt der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn. Guten Morgen.

Jean Asselborn: Guten Morgen, Madame Beckmann.

Inforadio: Sollen die USA das Raketenabwehrschild stationieren? Sollte es ein NATO-Projekt sein oder sind Sie ganz gegen dieses Verteidigungsprojekt?

Jean Asselborn: Also, ich glaube zuerst, die Wahrscheinlichkeit dass das Ganze ohne breite Debatte stattfinden wird, ist sehr klein geworden, und das ist gut so. Aus meiner Sicht, Madame Beckmann, ist es zuerst eine politische Debatte, die wir führen müssen, dann erst die militärische Dimension beleuchten. Die Wahrscheinlichkeit ist ja jetzt groß dass wir in der NATO, und Sie haben Frau Merkel, die Frau Bundeskanzlerin, zitiert, dass wir offen darüber reden. Die Wahrscheinlichkeit ist auch nicht zu übersehen, aus meiner Sicht, dass es ein Thema wird in der EU. Sie wissen, dass 19 Länder gleichzeitig Mitglied der EU und der NATO sind, aber nicht alle EU-Länder sind Mitglied der NATO. Ob wir dieses zusätzliche Element zum Raketenabwehrschild, ob das jetzt installiert wird, ob wir das brauchen, wie Sie sagen, das ist eine Frage, die man heute nicht mit ja oder nein beantworten kann. Es ist noch viel, sehr sehr viel, Klärungsbedarf nötig.

Inforadio: Warum fühlen sich die Russen von diesem Abwehrschild bedroht, Ihrer Ansicht nach?

Jean Asselborn: Also, es ist ja eigentlich eine doppelte Schiene die wir fahren. In Riga wurde aus dem Gipfel der NATO, das war im November 2006, entschieden, eine Studie zur Raketenabwehr weiterzuführen. Die Schlussfolgerungen dieser Studie liegen nicht vor. Parallel haben die USA, wie Sie richtig gesagt haben, haben Gespräche angeboten, zwei Ländern. Wir sind hier noch in der Vor-Vorphase. Und man kann nicht sagen, dass diese Länder eigentlich damit beglückt wurden. Es ist, wenn ich sage eine politische Frage, dies auch im Kontext Russland so zu verstehen.

Man muss sich aber zuerst generell fragen: ist dies wirklich jetzt eine Priorität? In einer Zeit, wo 25.000 Kinder jeden Tag am Hungertod sterben, wo die Aids-Bekämpfung stockt in Afrika, wo 40% der Menschen infiziert sind, wo wir das ganze Geld, glaube ich, wirklich anders anbringen könnten.

Es ist aber auch eine kontinentalpolitische Frage. Wir sind glücklicherweise nicht mehr in Sowjetzeiten, aber wir, die EU und andere auf diesem Kontinent, haben mit Russland zusammenzuleben. Darum haben wir ja auch, politisch gesehen, die Partnerschaft mit Russland aufgebaut. In der EU, und als Luxemburger bin ich sehr gut platziert, denn in unserer Präsidentschaft wurden diese Gespräche über die vier Räume abgeschlossen, und auch in der NATO. Wir müssen also kooperieren und uns konzertieren, das dürfen nicht nur Schlagwörter sein.

Inforadio: Die NATO hat aber ein ähnliches Projekt schon beschlossen, warum jetzt diese Diskussion ?

Jean Asselborn:: Also ich weiß nicht, ob die NATO ein ähnliches Projekt beschlossen hat. Ich weiß nur, dass wir wirklich, politisch gesehen wieder einmal, in der NATO, wenn wir jetzt darüber diskutieren, dass wir es fertig bringen müssen, uns international strategisch so zu platzieren, dass das auch akzeptiert wird.

Sehen Sie, ich komme noch einmal auf Russland zurück. Wir leben in einer Weltgemeinschaft, wo wir Russland brauchen, selbstverständlich im Quartett des Nahen Osten, in der Iran-Frage, Balkan, Energiefragen und so weiter. Es gibt Entwicklungen in Russland, die gehen uns wirklich gegen den Strich, das stimmt. Aber wir verbessern die Lage nicht, wenn der Westen generell gesehen – und wenn Sie darin die NATO sehen – Russland in die Ecke drückt, wie ich mich einmal ausgedrückt habe. Das ist unklug operiert.

Wir brauchen wirklich in der NATO eine sehr, sehr breite Debatte. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass dieses Thema, was ein extrem wichtiges Thema ist, dass es jeden Menschen in Europa und auf den ganzen Kontinenten interessiert, dass dies kein politisches Thema sein sollte. Die Demokratie verlangt von uns, dass wir Entscheidungen offen austragen, das ist nicht Sache der Geheimdiplomatie, der Geheimdienste oder der Offiziersmessen [unterbrochen]

Inforadio: Also, Herr Asselborn, befürworten Sie - ganz kurz noch - so wie Frau Merkel, dass es ein NATO-Projekt sein muss und kein Alleingang der Amerikaner ?

Jean Asselborn: Ja, also, das wäre schon ein sehr großer Fortschritt, wenn wir das in der NATO diskutieren könnten, glaube ich. Wir haben ja auch einen NATO-Russland-Rat. Das wäre ein sehr grosser Fortschritt, und dann werden wir sehen, dass wir diese multidimensionale Partnerschaft, und nicht Konfrontation, aufbauen müssen. Das wäre auf jeden Fall ein großer Fortschritt zu dem, was wir jetzt in der Diskussion haben, dass wir bilateral zwischen Amerika und zwei Ländern diskutieren sollen.

Ich glaube, jeder weiß, dass die transatlantische Beziehungen auf eine sehr hohe und effiziente Stufe gestellt werden müssen, um die grossen Probleme der Welt zu lösen. Aber hier müssen wir wirklich auch aufpassen, dass wir nicht den Fehler machen, unseren Kontinent wieder aufzureißen. Es ist ja nicht wert, dass wir diese Frage der militärischen Raketenabwehr benutzen, um die politische Stabilität auf dem Kontinent in Frage zu stellen. Das hatten wir leider genug im vorigen Jahrhundert. Wir brauchen jetzt wirklich den Dialog und die Partnerschaft, die wir ja auch politisch und auch militärisch mit Russland entwickelt haben.

Inforadio: Ganz herzlichen Dank an Jean Asselborn, den luxemburgischen Außenminister, zum geplanten Raketenabwehrschild der USA in Polen und in Tschechien.

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