"Der Finanzplatz wurde substanziell gestärkt". Le ministre du Trésor et du Budget, Luc Frieden, au sujet de la place financière

d'Wort: Die Zahlen für das vergangene Jahr sprechen eine deutliche Sprache - es war ein sehr gutes Jahr für den Finanzplatz. Wie sehen Sie das Jahr im Rückblick?

Luc Frieden: Ich meine, es war aus zwei Gründen ein gutes Jahr. Zum einen hat der Finanzplatz vom positiven konjunkturellen Rahmen in der Welt profitiert. Zum anderen war es ein gutes Jahr, weil der luxemburgische Finanzplatz substanziell verstärkt werden konnte.

d'Wort: Inwiefern wurde der Finanzplatz denn substanziell verstärkt?

Luc Frieden: Wir haben mit Hilfe von Gesetzen die Rahmenbedingungen optimiert und unsere geschäftsfreundliche Politik fortgesetzt mit dem Ergebnis, dass z.B. internationale Gruppen Luxemburg zu ihrem zentralen Standort gemacht haben. Das alles zusammen lässt mich zu dem Schluss kommen, dass 2006 ein bedeutendes Jahr für den Finanzsektor war.

d'Wort: Welche konkrete Bedeutung hat es, wenn die deutsche Privatbank Oppenheim ihr Headquarter m Luxemburg errichtet, der Schweizer Versicherungskonzern SwissRe sein Europageschäft in Luxemburg konzentriert und mit der CBP nach vielen Jahrzehnten mal wieder eine Luxemburger Bank gegründet wurde?

Luc Frieden: Es ist ein Beweis dafür, dass die Politik zur Stärkung des Finanzplatzes ihre Früchte trägt. Es ist außerdem die Bestätigung dafür, dass der Finanzplatz international als seriöses und gut diversifiziertes Finanzzentrum anerkannt wird.

d'Wort: Was macht Luxemburg für diese Unternehmen interessant?

Luc Frieden: Eine Oppenheim-Bank oder die SwissRe haben umfangreiche Analysen angestellt und sind zu der von der Regierung vertretenen Ansicht gelangt, dass Luxemburg wegen seines regulatorischen Rahmens, der schnellen, professionellen und effizienten Arbeit der Behörden, des persönlichen Einsatzes der Regierung, Neutralität sowie der europäischen Dimension des Finanzplatzes der geeignete Standort ist.

d'Wort: Es handelt sich Ihrer Ansicht nach also nicht um besonders erfreuliche Einzelerfolge?

Luc Frieden: Im Gegenteil. Wir führen eine ganze Reihe von Gesprächen mit anderen potenziellen Interessenten. Ich gehe davon aus, dass noch vor der Sommerpause ein weiterer großer Akteur sich am Finanzplatz niederlassen wird. Wir kümmern uns wie in der Vergangenheit auch weiterhin aktiv um den Finanzplatz. Wir müssen wachsam bleiben, denn die Konkurrenz schläft nicht.

d'Wort: Welche Aufgabe hat in diesem Zusammenhang die geplante Agentur zur Promotion des Finanzplatzes?

Luc Frieden: Die Agentur wird Teil unserer Politik, gute Gesetze zu machen und so gut wie möglich über die Realitäten des Finanzplatzes zu informieren. Die Agentur soll vor allem in der Zeit zwischen den verschiedenen Auslandsmissionen mit Finanzakteuren und ausländischen Medien kommunizieren.

d'Wort: Wie weit sind denn die Gespräche mit den Verbänden gediehen und wann kann die Agentur an den Start gehen?

Luc Frieden: Die Gespräche mit den Akteuren aus dem Privatsektor stehen vor dem Abschluss. Ich gehe davon aus, dass noch vor dem Sommer das Grundgerüst für die Agentur steht.

d'Wort: Haben Sie sich mit den Akteuren auch über die finanziellen Details geeinigt?

Luc Frieden: Ein Großteil des Startkapitals wird aus den staatlichen Einnahmen aus dem Aktientausch Arcelor-Mittal stammen. Auch die Partner werden ihren Beitrag leisten.

d'Wort: Ein wichtiges Standortkriterium sind Steuern. Die steuerliche Attraktivität Luxemburgs hat nach Ansicht einiger Vertreter des Finanzplatzes merklich nachgelassen. Gibt es Ihrer Meinung nach Handlungsbedarf?

Luc Frieden: In Steuerfragen besteht immer Handlungsbedarf. Man muss die Entwicklung der Betriebsbesteuerung im Ausland stets im Auge behalten. Dafür hat der Staatsminister auch angekündigt, dass zusammen mit den Unternehmensverbänden über die derzeitige Situation gesprochen wird. Im Zentrum dabei steht die Frage, ob der Unternehmenssteuersatz insgesamt herabgesetzt wird, oder ob verschiedene Abschreibungsmöglichkeiten optimiert werden.

d'Wort: Der Premierminister hat mit seiner Rede zur Lage der Nation im Grunde möglichen Steuersenkungen den Wind aus den Segeln genommen. Wie sieht es konkret aus mit einer Abschaffung des "Droit d'apport"?

Luc Frieden: Man kann in der Steuerdebatte nicht einen einzelnen Aspekt herausschälen. Wir diskutieren über den "Droit d'apport", der im vergangenen Jahr über 80 Millionen Euro eingebracht hat, im Zusammenhang mit der Optimierung der Gesamtbesteuerung von Unternehmen und den Staatsfinanzen. Luxemburg wird auch künftig in der Spitzengruppe der wettbewerbsfähigsten Finanzplätze bleiben. Luxemburg wird steuerlich ein attraktiver Standort bleiben. Die Regierung wird im Laufe des Jahres Änderungen der Steuergesetzgebung, einschließlich des "Droit d'apport", vorlegen.

d'Wort: Der Bankenplatz beruht auf den drei Säulen Investmentfonds, Private Banking und Versicherungen. Wie lassen sich die Aktivitäten des Finanzplatzes stärker diversifizieren?

Luc Frieden: Die Aktivitäten sind so weit diversifiziert, dass der Finanzplatz auf verschiedenen Beinen steht. Von der Gesetzgebungsseite sind daher keine neuen Impulse notwendig. Wir unterstützen die Akteure, wenn sie neue Produkte auf den Markt bringen wollen.

d'Wort: Luxemburg hat in letzter Zeit eine ganze Reihe von neuen Produkten auf den Weg gebracht. Das Gesetz über die SPF ist parlamentarisch abgeschlossen. Wie steht es um ein Gesetz über die Soparfi?

Luc Frieden: Das Parlament hat den Wunsch ausgedrückt, ob man nicht auch das bestehende Gesetz über Soparfi modernisieren sollte. Das wird derzeit geprüft.

d'Wort: Wird in diesem Zusammenhang auch über einen Abzug der "intérêts notionnels" nachgedacht?

Luc Frieden: Auch das ist eine Frage, die im Rahmen der Diskussion über die Optimierung der Gesamtbetriebsbesteuerung diskutiert werden wird.

d'Wort: Die Gesetze Ober Sicar und Titrisation liegen zur Prüfung bei der EU-Kommission. Haben Sie inzwischen eine Antwort?

Luc Frieden: Wir haben der Kommission unsere Sicht der Dinge dargestellt. Die Kommission ist bislang nicht darauf zurückgekommen. Keine Nachrichten aus Brüssel sind gute Nachrichten.

d'Wort: Ein strukturelles Problem des Finanzplatzes ist der Mangel an qualifizierten Arbeitsplätzen. Wie kann Luxemburg den Kampf um die Talente gewinnen?

Luc Frieden: In der Immigrationspolitik und in dem von Regierungschef Jean-Claude Juncker angekündigten Zuwanderungsgesetz muss vorgesehen werden, dass man diejenigen Arbeitskräfte, die in Europa nicht zu finden sind, außerhalb Europas suchen muss. Hier geht es darum, qualifizierte Leute aus dem Ausland anzuziehen. Wir brauchen die besten Köpfe.

d'Wort: Technisch kommt eine Menge auf die Banken zu. Sepa, Basel II, IAS und nicht zuletzt Mifid heißen die Stichworte. Viele Banken sprechen gerade bei Mifid von zusätzlichen Belastungen. Haben Sie Verständnis für deren Sorgen?

Luc Frieden: Ich teile eine Reihe der Sorgen der Akteure des Finanzplatzes über die Umsetzung der Mifid-Direktive. Es geht darum, mehr Transparenz zu schaffen, aber auch darum, den Akteuren neue Möglichkeiten auf dem europäischen Markt zu eröffnen. Die Kosten müssen mit den Vorteilen abgewogen werden. Grundsätzlich teile ich die Meinung der Bankenwelt, nicht zu viel zu regulieren, weil die damit zusammenhängenden Kosten für die Wirtschaft zu groß sind. Ein Finanzplatz kann nur erfolgreich sein, wenn Gesetze nicht zusätzliche Hürden schaffen, sondern der Wirtschaft neue Möglichkeiten bieten.

d'Wort: Um den europäischen Markt für Finanzdienstleistungen zu verwirklichen, werden noch zwei heiße Eisen diskutiert: Das Verbraucherlandprinzip und eine europäische Finanzaufsicht. Wie stehen Sie zu diesen beiden Themen?

Luc Frieden: Luxemburg tritt für einen europäischen Markt für Finanzdienstleistungen ein. Dieser Markt darf jedoch nicht durch neue Hürden blockiert werden. Deswegen sind wir der Ansicht, dass bei Finanzdienstleistungen das Gesetz angewendet werden muss, wo die Bank ihren Sitz hat. Das zurzeit diskutierte Verbraucherlandprinzip würde bedeuten, dass ein Finanzinstitut über 27 nationale Gesetze mit seinen Kunden in Kontakt tritt, was zu unnötigem zusätzlichen Aufwand führt und den Binnenmarkt zerstört. Anders als die meisten EU-Staaten ist Luxemburg daher gegen eine Umkehrung des aktuellen Prinzips des Gesetzes des Ursprungslands.

d'Wort: Und wie stehen Sie zu einer europäischen Finanzaufsicht?

Luc Frieden: Luxemburg ist für eine effiziente Finanzkontrolle, die nah an ihren Kunden sein muss. In einem großen Europa benötigt man nationale Aufsichtsbehörden, die genau wissen, was in den Banken los ist. Bei grenzüberschreitenden Fällen müssen die jeweiligen Finanzbehörden zusammenarbeiten und es muss deutlich gemacht werden, wer in Konfliktfällen die Oberaufsicht hat. Für die täglichen Aufgaben müssen lokale Behörden zuständig sein.

d'Wort: Sie haben eingangs gesagt, 2006 sei ein gutes Jahr für den Finanzplatz gewesen. Seit dem 1. Januar stehen die Uhren wieder auf Null. Was erwarten Sie für 2007?

Luc Frieden: 2007 dürfte auf Grund der Resultate der ersten vier Monate ebenfalls ein gutes Jahr werden. Wenn wir uns weiterhin so intensiv um den Finanzplatz bemühen, bin ich optimistisch, was die weitere Entwicklung angeht.

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