"Aus eins plus eins soll drei werden". Jean-Louis Schiltz au sujet du rôle du Luxembourg dans le domaine de la microfinance

Tageblatt: Was ist die Motivation für Luxemburg, sich so stark in diesem Bereich zu engagieren?

Jean-Louis Schiltz: Das Wichtigste ist, dass die Mikrofinanz zu Resultaten führt. Zusammen mit der traditionellen Entwicklungshilfe wie Wasser, eine funktionierende Agrikultur, ausreichend Schulen erlaubt sie den Leuten, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.

Tageblatt: Warum engagiert Luxemburg sich hier so stark?

Jean-Louis Schiltz: Das Jahr 2005 war das internationale Jahr der Mikrofinanz. Wir wollten auch danach weitermachen, da wir schon seit zehn bis 15 Jahren Erfahrung in diesem Bereich gesammelt hatten. Außerdem sind wir hier ein internationaler Finanzplatz. Aus eins plus eins soll drei werden.

Tageblatt: Wie viel Geld gibt Luxemburg für die Mikrofinanz aus?

Jean-Louis Schiltz: Das kann man nicht so genau sagen. Die Mikrofinanz ist ein zusätzlicher Pfeiler unserer Entwicklungshilfe. Die Projekte bewegen sich in einer Größenordnung von drei bis fünf Millionen Euro und beinhalten oft eine Mikrofinanz-Komponente.

Tageblatt: Welche Projekte laufen denn gerade?

Jean-Louis Schiltz: Wir haben der ADA als Non-Profitorganisation, die auf den Bereich Mikrofinanz spezialisiert ist, gerade 15 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Von der ADA selbst kommen noch einmal drei Millionen Euro, um für insgesamt 18 Millionen neue, experimentelle Wege gehen zu können.

Zudem entwickeln wir gerade mit der Wirtschaftsunion der Westafrikanischen Staaten ein Programm, um die Rahmenbedingungen für den Mikrofinanzsektor in den betreffenden Ländern zu verbessern. Dafür stellen wir 15 Millionen Euro über eine Laufzeit von vier Jahren zur Verfügung.

Dabei soll der rechtliche Rahmen angepasst, eine statistische Datenerfassung ermöglicht und die Verwaltung der Mikrofinanzinstitute (MFI) professionalisiert werden. Bis Ende des Jahres soll das Programm stehen.

Tageblatt: Wie definieren Sie die Rolle ihres Ministeriums in der Mikrofinanz?

Jean-Louis Schiltz:Wir wollen vermeiden, dass es zu Überschneidungen bei der Vergabe der Gelder kommt. Deshalb vergeben wir die Gelder nicht selbst, sondern nutzen die bestehenden Systeme und Netzwerke und helfen, sie zu verbessern.

Tageblatt: Und wie sehen Sie ihre Rolle in Luxemburg selbst?

Jean-Louis Schiltz: In Luxemburg haben wir die gleiche Rolle. Wir wollen die Möglichkeiten, sich zu engagieren, vereinfachen. Die Agentur LuxFlag, die Investmentfonds, die in die Mikrofinanz investieren, zertifiziert, haben wir zusammen mit den Banken und der ALFI aufgebaut. Bei der "Semaine de la microfinance" haben wir den Impuls der Nichtregierungsorganisationen unterstützt. Wir wollen niemanden ersetzen. Und dann gibt es auch noch den neuen Manuellen Mikrofinanzpreis, den die Großherzogin unterstützt - Ende 2008 wollen wir die zweite Edition organisieren. Und am besten in einem andern Land.

Tageblatt: Warum in einem andern Land?

Jean-Louis Schiltz: Das wäre ein Erfolg für den Preis und wertet ihn auf.

Tageblatt: Was halten Sie von der Idee, dass die Regierung eine eigene MFI aufbaut? Die Zentrale des neuen Instituts bliebe in Luxemburg, hilft in ärmeren Ländern und schafft hier neue Jobs?

Jean-Louis Schiltz: Das ist nicht die Rolle der Regierung. Wir wollen nur unterstützen, Leute zusammenbringen und Synergien nutzen. Auch investiert der private Sektor mittlerweile schon einiges über Investmentfonds in diesem Bereich.

Ich will das Ganze mehr auf ein EU-Niveau bringen, die "Plateforme européenne de la microfinance" ausbauen. Hier können neue Produkte entwickelt werden, um so noch bessere Resultate zu erreichen. Deshalb soll auch der Mikrofinanzpreis in Europa auf Reisen gehen.

Tageblatt: Von der "Plate-forme européenne de la microfinance" hört man aber nicht mehr viel?

Jean-Louis Schiltz: Sie braucht nicht täglich in den Medien zu sein, wie es bei humanitären Krisen der Fall ist.

Die Plattform hat ihren Sitz in Luxemburg und wurde 2005 gegründet. Nichtregierungsorganisationen, einige Universitäten, Stiftungen und die Europäische Investitionsbank sind Mitglieder. Sie soll sich zum Thinktank der Mikrofinanz in der EU entwickeln, deswegen bauen wir gerade das Infozentrum auf.

Tageblatt: Von dem neuen Qualitätslabel für Mikrofinanz-Investmentfonds LuxFlag hört man seit seiner Gründung und der Anerkennung der ersten drei Fonds auch nicht mehr viel ...

Jean-Louis Schiltz: Es handelt sich um ein langfristiges Projekt, und da sehe ich drei Fonds nach einem Jahr schon als Erfolg. Die Regierung glaubt daran, nun müssen wir ihm mehr Zeit geben.

Seit 2005 haben wir soviel neues geschaffen: die "semaine de la microfinance", das Label, die ,midis de le microfinance' und so weiter ... Es wäre eine Illusion zu glauben, dass alle diese Initiativen überleben werden. Deshalb spezialisieren wir uns in drei bis vier Richtungen.

Vielleicht wird sich bei der nächsten "Semaine de la microfinance" entscheiden, welche das sind. Die ADA hat schon mal ihre Richtungen: die Rahmenbedingungen, die Entwicklung neuer Produkte und das EU-Kompetenzzentrum. Die ultimative Richtung heißt: Armutsbekämpfung. Was wir wie einsetzen, da gibt es mehrere Möglichkeiten. Man muss sich einige aussuchen.

Tageblatt: Und wie weit sind Sie?

Jean-Louis Schiltz: Wir sind jetzt weiter als ich das erwartet hatte. Wir haben die Kompetenzen der NGOs und der Banken gut zusammengelegt. Die Synergien funktionieren gut. Das erkennt man an dem hohen Andrang bei den "Midis de la microfinance".

Tageblatt: Um den Sektor und das Qualitätslabel weiter zu unterstützen könnte man doch Steuernachlässe für die von LuxFlaq anerkannten Fonds anbieten?

Jean-Louis Schiltz: Das ist nicht mein Thema. Und dies war gar nicht notwendig, um das Ganze ins Laufen zu bringen. Wir haben so viel aufgebaut, und das alles basierte allein auf Kompetenzen. Nicht alles muss etwas mit Steuern zu tun haben.

Tageblatt: Will Luxemburg aus seiner Hilfe für ärmere Länder profitieren?

Jean-Louis Schiltz: Auf gar keinen Fall! Das ist moralisch unakzeptabel und wirtschaftlich nicht notwendig. Der Kampf gegen die Armut ist unser Ziel!

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