Interview avec le Premier ministre à l'occasion de la visite du chancelier autrichien Alfred Gusenbauer au Luxembourg

KURIER: Herr Ministerpräsident, Österreich wollte die Quotenregelung beim Uni-Zugang im EU-Vertrag festschreiben. Sind Sie dafür?

Jean-Claude Juncker: Im spannungsgeladenen Dossier des Uni-Zugangs ist Luxemburg genau auf österreichischer Linie. Wir unterstützen Österreich. Die Kommission sollte sich sehr genau überlegen, ob sie die Zustimmung der Österreicher zum europäischen Einigungswerk verstärkt oder weiter schwächt. Ich erwarte mir mehr Sensibilität der Kommission gegenüber Österreich.

KURIER: Auch viele junge Luxemburger studieren in Österreich?

Jean-Claude Juncker: Rund 300 Luxemburger sind derzeit in Österreich. Unsere Studenten fallen aber nicht unter die Quote, darüber gibt es seit 1985 ein Abkommen. Die Studenten berichten mir, dass sie sich in Österreich heimelig fühlen. Sie kommen zurück und prägen dann das Bild Österreichs in Luxemburg.

KURIER: Beim EU-Gipfel nächste Woche in Lissabon soll nach dem Scheitern der EU-Verfassung ein neuer Reformvertrag beschlossen werden. Ist dieser Vertrag zukunftstauglich?

Jean-Claude Juncker: Der Reformvertrag entspricht der Substanz des Verfassungsvertrages. Dass man auf europäische Symbole wie Hymne und Fahne, die längst im Herzen der Menschen angekommen sind, verzichtet, ist lächerlich. Der Name Verfassung suggerierte, die EU werde ein Superstaat. Wir werden nie die Vereinigten Staaten von Europa, das entspricht nicht dem Lebensgefühl der Menschen.

KURIER: Wie erklären Sie den europäischen Sparern die Folgen der amerikanischen Finanzkrise?

Jean-Claude Juncker: Man kann nicht abstreiten, dass es eine sehr leichte Abschwächung des Wachstums in der Eurozone 2007 und etwas stärker 2008 geben wird. Die EZB hat mustergültig reagiert und Liquidität zur Verfügung gestellt.

KURIER: Welche Auswirkungen hat der starke Euro?

Jean-Claude Juncker: Der starke Euro macht mich besorgt, aber nicht überbesorgt. Ohne starken Euro wäre jetzt der Energiepreis für den Endverbraucher höher. Autofahrer müssten an der Tankstelle mindestens 30 Prozent mehr zahlen. Der Euro hat sich in der US-Immobilien- und Finanzkrise sowie in der Erdölkrise - die Ölpreise stiegen ja um 400 Prozent - als effizienter Schutz für den Kleinverdiener sehr bewährt.

KURIER: Sie kritisieren die extrem steigenden Managergehälter in der EU. Warum?

Jean-Claude Juncker: Aus gutem Grund verlangen wir von Arbeitnehmern eine moderate Haltung bei der Lohnentwicklung. Parallel dazu expandieren die Managergehälter. Dadurch entsteht nicht nur eine Gerechtigkeitslücke, sondern das totale Unverständnis derer, die Lohnmäßigung akzeptieren und gleichzeitig sehen, wie ihre Chefs bis zu 50 Prozent Aufstockung erhalten. Das ist unmoralisch. Ich habe Führung immer so verstanden, dass man im richtigen Moment das richtige Beispiel gibt.

KURIER: Wird die EU in der Welt gehört?

Jean-Claude Juncker: Wenn Europa vielstimmig redet, wird es im internationalen Sprachenwirrwarr nicht gehört. Die 27 können nicht länger einzeln gegenüber den USA, Russland, China oder dem Iran auftreten. In der Außen- und Sicherheitspolitik darf die EU nicht wie ein aufgeregter Hühnerhaufen wirken, sie muss wie eine geschlossene Kampfformation auftreten.

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