Luc Frieden au sujet des nouvelles évolutions en matière de secret bancaire

Blick: Sie kommen gerade von einem Arbeitsessen der europäischen Finanzminister. Gab es Schweizer Käse mit Löchern symbolisch für das angegriffene Bankgeheimnis?

Luc Frieden: Wir haben heute tschechische Kost serviert bekommen und uns die Vorschläge der Kommission angehört. Sie meint eigentlich, dass es kein Bankgeheimnis mehr geben soll. Wir glauben aber, dass der Schutz der Privatsphäre weiterhin wichtig ist. Das Bankgeheimnis kann nicht missbraucht werden, um Straftaten zu begehen. Das ist bei Ihnen in der Schweiz so und das ist bei uns so.

Blick: Bekommt EU-Steuerkommissar Kovacs sein Verhandlungsmandat für ein Rahmenabkommen gegen die Steuerhinterziehung mit Drittstaaten wie der Schweiz?

Luc Frieden: Nein, weil wir der Meinung sind, dass er sich um Dinge kümmert, die gar nicht zu seinen Aufgaben gehören. Viele Staaten, darunter die Schweiz und Luxemburg, haben sich bereit erklärt, die OECD-Standards zu übernehmen und zwar ausdrücklich mit neu auszuhandelnden Doppelbesteuerungsabkommen. Die EU-Kommission hat hier nichts zu verhandeln. Das ist die Aufgabe der Staaten.

Blick: Und der automatische Datenaustausch?

Luc Frieden: Wir sind klar dagegen, dass Österreich und Luxemburg dazu übergehen müssen. Die Kommission wird am luxemburgischen Widerstand scheitern.

Blick: Dann gefällt Ihnen die schweizerische Strategie von 27 verschiedenen Doppelbesteuerungsabkommen mit allen EU-Mitgliedern?

Luc Frieden: Wir können nicht jeden Montagmorgen die Regeln in Sachen Bankgeheimnis ändern. Die Schweiz, Luxemburg, Österreich und auch andere Staaten haben sich bewegt. Die Position des Schweizer Bundesrates ist deshalb richtig.

Blick: Hand aufs Herz: Ist das Bankgeheimnis noch zu retten?

Luc Frieden: Wie gesagt: Das Bankgeheimnis ist ein wichtiges Instrument zum Schutz der Privatsphäre. In einer total vernetzten Welt ist es noch wichtiger als früher. Deshalb bin ich überzeugt: Das Bankgeheimnis ist zu halten.

Blick: Ist Luxemburg der letzte Freund der Schweiz?

Luc Frieden: Ich hoffe nicht. Aber wir sind sicher gute Freunde, weil die Schweizer sehr viel gemeinsam mit uns haben. Es ist ein Volk, das mit beiden Füssen auf dem Boden steht und für viele ein Vorbild ist.

Blick: Werden Sie mit der Schweiz noch näher zusammenrücken?

Luc Frieden: Unsere Zusammenarbeit mit Hans-Rudolf Merz und Doris Leuthard ist hervorragend. Wir stehen in einem ständigen Meinungsaustausch. Unsere Auffassungen sind deckungsgleich. Es geht schliesslich auch um Grundrechte des Bürgers gegenüber dem Staat. Ein Staat, der seine Bürger respektiert, schenkt ihm Vertrauen. Das muss ich meinen Kollegen in der Europäischen Union immer wieder erklären. Der allergrösste Teil der Steuerzahler sind ehrliche Bürger. Misstrauen ist fehl am Platz. Die Schweiz musste heftige Prügel einstecken, auch von EU-Mitgliedern.

Blick: Ging man mit Ihnen als EU-Mitglied auch so hart ins Gericht?

Luc Frieden: Wenn man EU-Mitglied ist, kann man zurückschlagen. Deshalb haben wir mit gleicher Münze zurückgezahlt. Heute war es auch nicht besonders angenehm, aber das Treffen hat uns erlaubt den anderen 26 Finanzministern unsere Position klar und deutlich zu präsentieren und alle haben zugehört. Und einige haben sogar unsere Meinung geteilt.

Blick: Der tschechische Ratspräsident hat sich sogar bei Ihnen entschuldigt für die schwarzen, grauen und weissen Listen.

Luc Frieden: Ich schätze das sehr. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass die tschechische Ratspräsidentschaft sich beim G-20-Gipfel durchgesetzt hätte und von den anderen europäischen Mitgliedern der G-20 unterstützt worden wäre. Mich stört weiterhin die Intransparenz, mit der diese Listen zustande gekommen sind.

Blick: Gehen Sie ans neue OECD-Treffen im Juni?

Luc Frieden: Dieses Treffen findet am luxemburgischen Nationalfeiertag statt. Meine Pflicht ist es, an diesem Tag mit dem luxemburgischen Volk zu feiern. Als Land werden wir höchstwahrscheinlich teilnehmen.

Blick: Sind wir wieder beim Wiener Kongress von 1815, als die Grossmächte die Kleinstaaten in die Ecke drückten?

Luc Frieden: Ich hoffe das nicht. In Steuerfragen gilt in der Europäischen Union das Einstimmigkeitsprinzip. Deshalb sprechen wir eine klare Sprache. Europa ist nur stark, wenn jeder den anderen respektiert. Einige der Töne der letzten Wochen waren inakzeptabel. Sie haben uns an Zeiten erinnert, von denen ich hoffe, dass sie für immer der Vergangenheit angehören.

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