Ein Botschafter für den Mittelstand

Interview von Lex Delles im d'Handwierk

Interview: d'Handwierk (Christian Reuter)

D'Handwierk: Mit Ihnen und Etienne Schneider sind nun zwei Minister für die Wirtschaftspolitik zuständig. Warum die Aufspaltung der Ressorts?

Lex Delles: Tatsächlich ist es so, dass das Wirtschaftsministerium mit seinen Direktoraten und Ressourcen als Einheit bestehen bleiben wird. Neu ist, dass sich zwei Regierungsmitglieder im Ministerrang die Verantwortung teilen. Ich für meinen Teil bin zuständig für Mittelstand und Tourismus. Mittelständische Unternehmen bilden das Rückgrat der Wirtschaft, es ist also nicht verkehrt, dass ein Minister dieses Ressort betreut.

D'Handwierk: Viele Entscheidungen, die die Rahmenbedingungen der Unternehmen betreffen, werden nicht im Wirtschaftsoder Mittelstandsministerium, sondern in anderen Ministerien getroffen. Haben Sie da eine Handhabe?

Lex Delles: Nun, die anderen Ministerien bewegen sich auch nicht im luftleeren Raum. Hier gilt das Koalitionsabkommen und Themen, die besonders die Unternehmen betreffen, sollen sowohl innerhalb der Regierung als auch im Rahmen der Sozialpartnerschaft diskutiert werden. Allgemein bin ich der Meinung, dass man sich im Vorfeld jeder politischen Entscheidung mit den Betroffenen an einen Tisch setzen sollte, um die jeweiligen Argumente zu hören und sich ein genaues Bild über etwaige Auswirkungen zu machen und gegebenenfalls nachzubessern. In meinem Amt als Mittelstandsminister verstehe ich mich auch als Botschafter der kleinen und mittleren Unternehmen und ich werde natürlich ihre Anliegen gegenüber anderen Ministern vertreten und versuchen, dass die Mittelstandskomponente bei deren Entscheidungen bekannt ist und idealerweise berücksichtigt wird.

D'Handwierk: Eine wichtige Aufgabe des Mittelstandsministeriums ist es die Unternehmen bei ihren Investitionen zu begleiten, sind da neue Maßnahmen geplant?

Lex Delles: Das Beihilfegesetz zugunsten klein- und mittelständischen Unternehmen wurde letztes Jahr grundlegend überarbeitet und flexibler gestaltet. Zudem werden in Zukunft die staatlichen Beihilfen nicht mehr steuerpflichtig sein, was ja de facto einer Erhöhung der Beihilfen entspricht. Dann haben wir beschlossen, gemeinsam mit den Berufsvertretungen, den 4. Aktionsplan zu überarbeiten und die Umsetzung des Pakt Pro Artisanat, respektive des Pakt Pro Commerce, weiterzutreiben. Hier sehe ich besonders die geplanten staatlichen Garantien für die Mutualitäten damit diese Investitionsvorhaben der Unternehmen besser begleiten können. Wir werden auch Unternehmen, die in Energieeffizienz investieren zusätzlich unterstützen und natürlich die Digitalisierung und die Transformationsprozesse, die sich daraus für die Unternehmen ergeben, begleiten. Im Bereich der Digitalisierung von Handwerksunternehmen läuft ja gerade ein Pilotprojekt mit dem Kompetenzzentrum „Digitalt Handwierk" der Fédération des Artisans, wo rund 20 Unternehmen auf strategischer Ebenen bei ihren Digitalisierungsprozessen beraten und begleitet werden.

Es ist in der Tat wichtig, dass Unternehmen nicht nur digitale Technik nutzen, sondern sich ebenfalls digitale Geschäftsmodelle überlegen und an ihrem Prozessmanagement arbeiten. Am Modell "Digitalt Handwierk" gefallen mir besonders die stetige Verbesserung der strategischen Beratung und die internen Lerneffekte die es erlauben werden gewonnene Erkenntnisse auf andere Unternehmen zu übertragen.

D'Handwierk: Ein weiteres Thema sind die Gewerbezonen, wo es mittlerweile kaum noch Platz für neue Unternehmen gibt, oder solche die ihre Aktivität ausbauen möchten?

Lex Delles: Tatsächlich kenne ich die Thematik aus meiner Zeit als Bürgermeister und als Vorsitzender des Triangle Vert in Mondorf ziemlich gut. Ich sehe auch, dass wir bei den Aktivitätszonen noch nicht am Ende unserer Bemühungen angelangt sind. Im sektoriellen Plan Aktivitätszonen sind zusätzliche Zonen vorgesehen und wir müssen natürlich sicherstellen, dass davon ein guter Teil Handwerksunternehmen zugutekommt. Wir müssen uns aber auch überlegen, wie wir bestehende Zonen verdichten können, die Syndikate bei der Verwaltung besser unterstützen und interne Regelwerke anpassen können, damit auf den bestehenden Flächen mehr möglich wird. Auch beim sogenannten bail emphytéotique herrscht in einigen Punkten Klärungsbedarf. In den kommenden Jahren laufen die ersten Pachtverträge aus und nicht immer ist es juristisch klar, wie es mit den betroffenen Parzellen weitergeht.

D'Handwierk: Das Handwerk, wie andere Sektoren auch, kämpfen mit Fachkräftemangel und mit Problemen im Bereich der Berufsausbildung. Wie kann die Regierung helfen, damit sich wieder mehr junge Menschen für eine Karriere im Handwerk entscheiden?

Lex Belles: In diesem Bereich gibt es natürlich keine Allheillösungen und ich sehe da vor allem ein Zusammenspiel von vielen Faktoren, die dazu führen könnten, dass sich die Situation verbessert. Ein Element beim Fachkräftemangel sind sicherlich die Kompetenzzentren der Fédération des Artisans im Bereich der beruflichen Weiterbildung, die das Wirtschaftsministerium unterstützt hat und das Mittelstandsministerium natürlich weiter begleiten wird. Bildungsminister Claude Meisch hat ein Pilotprojekt angekündigt bei dem Schüler parallel einen Sekundarschulabschluss und eine Lehre absolvieren können. Aus meiner Erfahrung als Lehrer heraus bin ich zudem der Meinung, dass wir die Sensibilisierungsarbeit zugunsten der Berufsausbildung fortsetzen müssen, insbesondere in Richtung der Eltern, die eine nicht unwesentliche Rolle bei der Orientierung ihrer Kinder spielen.

D'Handwierk: Im Koalitionsvertrag geht von einer Anpassung des Niederlassungsrechtes die Rede. In Deutschland laufen z.B. Überlegungen die Meisterpflicht wieder auszuweiten. In welche Richtung soll es in Luxemburg gehen?

Lex Delles: Im Koalitionsvertrag haben wir festgehalten, dass die Meisterausbildung gestärkt wird und, dass es im Handwerk nach wie vor einen Bezug zwischen Ausbildung und Berufszugang geben soll. Es muss uns gelingen die Qualitätsanforderungen hoch zu halten, ohne aber einheimische Betriebsgründer und Unternehmen gegenüber von ausländischen Konkurrenten, die hier arbeiten, zu benachteiligen.

Bei der kommenden Reform wollen wir vor allem dem kreativen Handwerk einen gesetzlichen Rahmen geben, um auch hier Konkurrenzverzerrungen zu verhindern. Wie ich bereits gesagt habe, ist es mir wichtig solche Projekte zusammen mit den Handwerksorganisationen umzusetzen.

D'Handwierk: Sie planen eine Reform der Ladenöffnungszeiten...

Lex Delles: Wir sind heute in einer Situation wo es zahlreiche Ausnahmeregelungen gibt, wie z.B jene für das Lebensmittelhandwerk, wie es die Fédération des Artisans beantragt hat. Gleichzeitig steht der Handel zunehmend in Konkurrenz mit Onlineanbieter, die rund um die Uhr für die Kunden erreichbar sind. Zudem gibt es auch zumindest ein Gerichtsurteil, das die heutigen Regelungen als verfassungswidrig einstuft. Der Handlungsbedarf ist klar. Ich habe deshalb beschossen, ab Ende März eine Reform der Öffnungszeiten gemeinsam mit den betroffenen Parteien in Angriff zu nehmen. Das Timing sieht vor, dass 2020 die Reform stehen soll.

D'Handwierk: Herr Minister wir danken für das Gespräch

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