Staatsrat

Der Staatsrat findet seinen Ursprung in der Verfassung von 1856. Die Aufgabe des Staatsrats besteht darin, zu allen Gesetzentwürfen, Gesetzesvorlagen und Verordnungsentwürfen eine Stellungnahme abzugeben, sowie zu allen anderen Fragen, mit denen er vom Großherzog oder von Gesetzes wegen betraut wurde, Stellung zu nehmen.  Bis 1966 galt der Staatsrat ebenfalls als Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Der Staatsrat setzt sich aus 21 Räten zusammen, von denen mindestens 11 einen Hochschulabschluss in Jura erworben haben müssen. Diese Zahl beinhaltet nicht die der Thronfolge angehörende Person, die dem Staatsrat angehören kann.  Die Räte werden vom Großherzog ernannt. Ist im Staatsrat ein freigewordener Sitz neu zu besetzen, erfolgt die Neubesetzung abwechselnd und der Reihe nach in einer der folgenden Weisen:

a) Vorschlag eines Kandidaten durch die Regierung;

b) Vorschlag eines Kandidaten durch die Abgeordnetenkammer;

c) Vorschlag eines Kandidaten durch den Staatsrat.

Um zum Mitglied des Staatsrats ernannt zu werden, muss man Luxemburger sein, über seine bürgerlichen und politischen Rechte verfügen, im Großherzogtum wohnhaft sein und das dreißigste Lebensjahr vollendet haben. Der Thronfolger kann jedoch zum Mitglied ernannt werden, sobald er diesen Titel trägt.

Die Staatsräte werden für eine Amtszeit von 12 Jahren ernannt.

Bei der Ernennung des Kandidaten wird der Verteilung der politischen Parteien in der Abgeordnetenkammer sowie einer ausgewogenen Vertretung von Frauen und Männern Rechnung getragen.

Aufgaben im Rahmen der Gesetzgebung

Grundsätzlich wird die Stellungnahme des Staatsrats von der Regierung eingeholt, bevor ein Gesetzentwurf in der Abgeordnetenkammer diskutiert wird. Diese Stellungnahme erfolgt in Form eines begründeten Berichts.

In dringenden Fällen kann die Abgeordnetenkammer jedoch auch mit einem Entwurf befasst werden, ohne dass der Staatsrat vorher zwecks Kenntnisnahme seiner Stellungnahme angehört wurde. Dennoch muss die Stellungnahme des Staatsrats der Abgeordnetenkammer in diesem Fall vor der endgültigen Abstimmung übermittelt werden.

Der Vorsitzende der Abgeordnetenkammer kann den Staatsrat seinerseits direkt mit Änderungsanträgen zu anhängigen Entwürfen befassen.

Im Falle einer artikelweisen Abstimmung über einen Gesetzentwurf durch die Abgeordnetenkammer und falls eine Stellungnahme des Staatsrats noch nicht zu allen Artikeln vorliegt, muss dieser seine Stellungnahme spätestens innerhalb von drei Monaten, nachdem die Bestimmungen dem Staatsrat übermittelt wurde, abgeben. Erfolgt innerhalb dieses Zeitraums keine Stellungnahme, kann die Kammer über das gesamte Gesetz abstimmen.

Im Bemühen um eine gewisse Bewältigung der Nachteile des luxemburgischen Einkammersystems räumt die Verfassung dem Staatsrat zudem ein echtes aufschiebendes Vetorecht im Gesetzgebungsbereich ein. Der Rat wächst dementsprechend über seine rein beratende Rolle hinaus.

Theoretisch muss in der Abgeordnetenkammer bei allen Gesetzentwürfen und Gesetzesvorlagen zweimal über den gesamten Gesetzestext abgestimmt werden. Zwischen diesen beiden Abstimmungen müssen mindestens drei Monate liegen. Allerdings kann die Abgeordnetenkammer auf eine zweite Abstimmung über die Texte verzichten, wobei dieser Verzicht jedoch erst mit der Zustimmung des Staatsrats wirksam wird, was in der Praxis meist der Fall ist. Es kommt von Zeit zu Zeit vor, dass sich der Staatsrat zur Ablehnung der Freistellung eines Gesetzes von der zweiten Abstimmung veranlasst sieht, und zwar insbesondere dann, wenn er der Auffassung ist, dass der angenommene Text mit Verfassungsbestimmungen, mit internationalen oder EU-Rechtsnormen oder mit allgemeinen Rechtsgrundsätzen nicht vereinbar ist. Es muss dementsprechend ein Zeitraum von mindestens drei Monaten zwischen der ersten und der zweiten verfassungsmäßigen Abstimmung der Abgeordnetenkammer liegen.

Aufgaben des Staatsrats im Bereich der sonstigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften

Grundsätzlich können Entwürfe von Verordnungen zur Durchführung von Gesetzen und Verträgen dem Großherzog erst vorgelegt werden, nachdem der Staatsrat zwecks Kenntnisnahme seiner Stellungnahme angehört wurde.

Besteht jedoch nach Einschätzung des Großherzogs Dringlichkeit und verlangt das Gesetz formell keine Stellungnahme des Staatsrats, kann die Regierung auf Letztere verzichten.

Die Regierung kann den Staatsrat um Stellungnahme zu allen Fragestellungen ersuchen. Diese Stellungnahme erfolgt in Form eines begründeten Berichts, einschließlich allgemeiner Erwägungen, einer Prüfung des Entwurfstexts und gegebenenfalls eines Gegenentwurfs. Die Prüfung durch den Staatsrat bezieht sich ebenfalls auf die Vereinbarkeit einer Verordnung mit einer höheren Rechtsnorm, welcher Art sie auch sein mag.

Verfahren innerhalb des Staatsrats

Es obliegt den innerhalb des Staatsrats gebildeten Ausschüssen, Gesetzentwürfe und Gesetzesvorlagen, Entwürfe zu großherzoglichen Verordnungen, die diesbezüglichen Änderungsanträge sowie Anträge auf Stellungnahmen, mit denen der Staatsrat betraut wurde, zu prüfen.

Sie sind befugt, die Regierung auf die Zweckmäßigkeit neuer Gesetze oder Verordnungen bzw. vorzunehmender Änderungen bestehender Gesetze und Verordnungen aufmerksam zu machen.