"Es geht um die Verteidigung von Werten"

Interview von François Bausch im Lëtzebuerger Journal

Interview: Lëtzebuerger Journal (Pascal Steinwachs)

Lëtzebuerger Journal: Wird die Nato noch gebraucht, und wie stehen Sie als Grüner und früherer Pazifist zur Nato?

François Bausch: Ich glaube schon, dass die Nato noch gebraucht wird. Wir leben in einer Welt, die nicht sicher ist und wo Verteidigung immer noch eine Rolle spielt. Ich möchte an dieser Stelle aber unterstreichen, dass ich hiermit die Verteidigung von Werten, die Verteidigung der Demokratie, der Menschenrechte und der Pressefreiheit meine. Wir leben eben in einer Welt, in der nicht jeder diese Werte sieht wie wir, so dass ein Verteidigungsbündnis immer noch benötigt wird. Die Nato ist natürlich das geschichtliche Resultat eines gewissen historischen Moments, und zwar dem Kalten Krieg, so dass ich persönlich der Auffassung bin, dass man dieses Bündnis nicht nur hätte erweitern müssen, was ja geschehen ist, sondern die Nato auch anders hätte aufstellen sollen, um der neuen Situation in der Welt Rechnung zu tragen. Die Nato funktioniert immer noch zu sehr im Geiste der Zeit des Kalten Kriegs. So gibt es Elemente, die für die Sicherheit der Menschen essentiell sind, so wie zum Beispiel der Klimawandel, der inzwischen ganz viele Konflikte auslösen kann. Auch gibt es heutzutage ganz andere Akteure, die es in früheren Zeiten in dieser Stärke gar nicht gegeben hat, so wie Indien, Pakistan oder China. Die Welt hat sich gewandelt, was aber nicht heißt, dass wir in der komplizierten Welt, die wir jetzt haben, kein Verteidigungsbündnis mehr brauchen. Es sollte aber, wie schon erwähnt, um die Werte gehen...

Lëtzebuerger Journal: ...was bedeutet, dass Sie als Grüner wegen diesen Werten mit der Nato leben können...

François Bausch: Genau.

Lëtzebuerger Journal: Im Sommer 2017 stellten die damaligen verantwortlichen Regierungsmitglieder die Leitlinien der luxemburgischen Verteidigungsstrategie bis zum Horizont 2025 und darüber hinaus vor. Gilt diese Strategie noch immer, und was sind hier für Sie die wichtigsten Punkte?

François Bausch: Natürlich haben diese Leitlinien weiterhin ihre Gültigkeit, wurden diese doch auch im aktuellen Koalitionsabkommen festgeschrieben. Die großen Richtlinien sind hier, dass unsere Beiträge zur Verteidigung vor allem im Bereich der Observation angesiedelt sind, was auch zu unserer Armee passt. Wir wollen aber auch, dass unsere Verteidigungsbeiträge einen Feedback für die Luxemburger Wirtschaft und Gesellschaft haben. So werden zum Beispiel die Hubschrauber, die wir kaufen, auch der Polizei zur Verfügung gestellt.

Lëtzebuerger Journal: Und die zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts, die auf Wunsch von US-Präsident Trump ja eigentlich alle Nato-Staaten bis 2024 für die Verteidigung ausgeben sollten...

François Bausch: ... sind absurd. Das kann jawohl nur eine Leitlinie sein, muss 'hier doch zwischen kleinen und großen Ländern unterschieden werden. Ich glaube ein kleines Land wie Luxemburg kann man ja wohl kaum mit Ländern wie den USA oder Frankreich vergleichen. Sogar wenn Luxemburg diese zwei Prozent erreichen wollte, dann wäre dies nur schwer zu schaffen, ohne zum Beispiel eine Luftwaffe oder etwas ähnliches aufzubauen. Wir liegen im Moment bei 0,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, und bis 2025 werden wir höchstwahrscheinlich auf 0,72 bis 0,75 Prozent kommen. Das ist darauf zurückzuführen, dass wir eine Reihe von Projekten angehen müssen, die richtig ins Geld schlagen, die wir aber auch brauchen, so wie zum Beispiel die Modernisierung des Schießstands der Armee, von dem ja auch die Polizei profitiert, oder die Modernisierung des Munitionslagers auf "Waldhaff". Erwähnt sei aber auch noch die EU-Mission „Sophia" im Mittelmeer, was ja eher eine humanitäre Mission ist, und wo Luxemburg die Luftüberwachung finanziert - einer Verlängerung der Mission haben wir bereits zugestimmt. Wichtig ist aber auch die Kooperation mit Portugal zur Unterstützung der Sicherheit auf den Kapverden, dies mit Hilfe von Äutidärungsdrohnen, diesbezüglich sich die Luxemburger Armee spezialisieren will. Die Kapverden haben momentan ganz viele Probleme in ihren Gewässern mit dem Drogenschmuggel aus Lateinamerika in Richtung Europa - hier könnten die besagten Drohnen zum Einsatz kommen.

Lëtzebuerger Journal: Eine letzte Frage. Bekanntlich leidet die Armee schon seit längerem unter Personalmangel. Was gedenken Sie zu tun, um wieder mehr Leute für die Armee zu interessieren?

François Bausch: Der springende Punkt ist meiner Meinung nach die Attraktivität der Berufe innerhalb der Armee, und zwar auf allen Ebenen. So hat man in der Armee inzwischen die Möglichkeit, Pilot zu werden...

Lëtzebuerger Journal: Wann kommt denn jetzt der umstrittene Militärflieger A4OOM?

François Bausch: Im nächsten Jahr. Was ich aber noch sagen wollte, das ist, dass der Klimawandel in Sicherheitsfragen viel zu wenig thematisiert wird. Wenn der Klimawandel nämlich so weitergeht wie jetzt, dann nimmt die Flüchtlingskrise in Zukunft dramatische Ausmaße an, und dann kommt es zu Konflikten und Kriegen wegen Wasser- und Ressourcenmangel. Ich kann nicht verstehen, warum sich nicht mehr hiermit beschäftigt wird...

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