Interview mit Yuriko Backes in der Revue

"Drei Fragen an Yuriko Backes"

Interview: Revue

Revue: Welchen Aufgaben widmen Sie sich zuerst in Ihrem neuen Amt?

Yuriko Backes: Die Aufgaben dieses Amts sind vielfältig und mit vielen anderen Kompetenzfeldern verzahnt. Mir liegt an einer Kontinuität der Regierungspolitik auch im Finanzministerium. Mein Ziel ist es, das Amt so auszuüben, dass wir in Luxemburg weiterhin eine Politik umsetzen können, die den Menschen, die in unserem Land leben und arbeiten, zugutekommt. Um langfristige Ziele zu erreichen, müssen laufendleichte – wenn auch nicht einfache – Kursänderungen und Anpassungen vorgenommen werden. In diesem Sinne gibt es durchaus eine Reihe von Herausforderungen, sowohl zu Hause als auch international. Stabile Staatsfinanzen sind hier ein wichtiges Mittel, um sich mit Erfolg an neue Gegebenheiten, welche oft auf externe Faktoren zurückzuführen sind, anzupassen und somit Wohlstand langfristig sichern zu können. Ich denke da an Herausforderungen im Zusammenhang mit der Pandemie, den Klimawandel und die zunehmende weltweite Vernetzung. Aber auch die Energiewende und die rezenten sicherheitspolitischen Entwicklungen gehören dazu. Eine Reihe von Steuerfragen, sowohl auf nationaler wie europäischer und internationaler Ebene, werden mich beschäftigen. Sie sehen, es gibt eine Menge Themen und viel Arbeit.

Revue: Wie kann man Menschen beruhigen, die aufgrund der Pandemie Angst vorwirtschaftlichen Verlusten haben?

Yuriko Backes: Die Pandemie hat viele Menschen hart getroffen, und ihnen gilt mein ganzes Mitgefühl. Es ist eine außergewöhnliche Situation, die natürlich verunsichert. Die Politik hat darauf mit entsprechenden Maßnahmenreagiert, um die Menschen bestmöglich zu schützen und zu unterstützen. Mit Garantien, Hilfen, Zusatzzahlungen, der Teuerungszulage, der Indexierung des Kindergeldes, der Revis-Erhöhung, dem Kurzarbeitergeld, Gratistests und -Impfungen – um nur ein paar zu nennen – unterstützt die Regierung die Bürger und die Wirtschaft. Allein die COVID-Hilfen haben den Staat in den letzten zwei Jahren 2,7 Milliarden Eurogekostet. Wir haben ein dichtes Netz an Sozialleistungen, das die Menschen absichert. Statt des befürchteten pandemiebedingten Einbruchs von minus sechs Prozent beim Bruttoinlandsprodukt waren es von 2020 bis 2021 "nur" minus 1,8 Prozent. Die Einnahmen des Staates steigen schneller als gedacht, was die Staatsverschuldung drückt, die trotz der Krise mit 25 Prozent des BIP unter dem von der Regierung selbstgesteckten Ziel von 30 Prozent liegt. Die Arbeitslosenquote liegt bei 5,2 Prozent und ist somit auf das Vorkrisenniveau von 2019 zurückgefallen. Derzeit werden mehr als 10.000 Arbeitskräfte gesucht, ein Plus von knapp 63 Prozent innerhalb eines Jahres. Der Statec erwartet auch für 2022 ein positives Wirtschaftswachstum. Die Rating-Agenturen Standard& Poor's, DBRS Morning Star und Fitch haben uns wieder die Bestnote AAA verliehen, weil sie von den guten Perspektiven unseres Landes und von unserer Politik überzeugt sind. Dank der Impfungen normalisiert sich die Lage zunehmend. Wir haben das Schlimmste hoffentlich hinter uns, und die Aussichten sind gut.

Revue: Welche Rolle spielt der Klimawandel für eine luxemburgische Finanzministerin?

Yuriko Backes: Für mich ist dies eines der wichtigsten Themen unserer Zeit, und es steht aus gutem Grund auf der Agenda der Regierung. Als Finanzministerin werde ich meinen Teil dazu beitragen, dass der Finanzsektor einen positiven Einfluss auf den Klimawandel hat. Als internationaler Finanzplatz haben wir die Verantwortung und die Möglichkeit, einen echten, positiven Einfluss auf die Welt zu haben. Unser Finanzplatz ist bereits einer der führenden grünen Finanzplätze der Welt. Das Finanzministerium unterstützt viele verschiedene internationale Initiativen wie die Luxembourg-EIB Climate Finance Platform, die 70 Millionen Euro in Klimafonds und Klimaprojekte investiert, den International Climate Finance Accelerator (ICFA), der im Moment ungefähr 20 Klimafonds unterstützt, oder den Forestry & Climate Change Fund, ein innovativer luxemburgischer Fonds, der in Wälder in Zentralamerika investiert. Aber auch auf lokaler Ebene tut sich was, beispielsweise haben wir als erstes Land in Europa einen Rahmen für nachhaltige Staatsanleihen eingeführt und eine nachhaltige Staatsanleihe in Höhe von 1,5 Milliarden gegeben. Wir bieten auch Steuernachlässe für nachhaltige Luxemburger Fonds als Anreiz für den Finanzsektor, nachhaltiger zu investieren. Um den Finanzsektor bei der Umstellung auf Nachhaltigkeit zu unterstützen, hat Luxemburg u.a. die Luxembourg Sustainable Finance Initiative gegründet. Darüber hinaus gibt es die Luxemburger Börse, ein internationaler Pionier auf diesem Gebiet, die im Mai2021 ihre 1000. nachhaltige Anleihe notiert hat. Derzeit wird dort mehr als die Hälfte aller grünen Anleihen weltweit notiert. Diese Zahlen sprechen bereits für sich. Die Regierung greift für den Klimawandel tief in die Tasche: Laut CARE-Bericht finanzieren nur drei Länder weltweit – Schweden, Norwegen und Luxemburg – in mehr nachhaltige Finanzprojekte als die 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, die die UN-Ziele vorsehen. Luxemburg ist auch der größte Geldgeber pro Kopf des Green Climate Fund (GCF), also des größten Klimafonds der Welt.

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