Interview mit Yuriko Backes im Luxemburger Wort

Ministerin will Bau der Tram nach Esch beschleunigen

Interview: Luxemburger Wort (Frank Weyrich)

Luxemburger Wort: Yuriko Backes, stellt die Tram für die Mobilität weiterhin eine Priorität dar oder geht es hauptsächlich darum, die begonnenen Projekte abzuschließen?

Yuriko Backes: Ich bin ein ungeduldiger Mensch und wer mich kennt, weiß, dass ich gerne konkret arbeite. Die Projekte, über die wir hier reden, werden erst in zehn oder mehr Jahren abgeschlossen sein. Ich kann Ihnen aber versichern, dass der PNM 2035 (plan national de mobilité) weiterhin aktuell bleibt. Ich werde also in der Kontinuität arbeiten, so wie das auch ganz deutlich im Koalitionsvertrag festgehalten ist. Wir werden sehen, welcher Ausbau darüber hinaus Sinn ergibt und werden das im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten vorantreiben. Wobei auch gesagt sein muss, dass das Regierungsprogramm die Mobilität ganz klar als eine Priorität ausweist und die Investitionen hochgehalten werden. Ich weiß nicht, ob ich andernfalls diese Herausforderung angenommen hätte. Wir werden dementsprechend alles daransetzen, im Sinne von Multimodalität die Projekte voranzubringen. Es macht für mich nämlich keinen Sinn, ein Verkehrsmittel gegen ein anderes auszuspielen, sondern sie müssen aufeinander abgestimmt sein.

Luxemburger Wort: Wie stehen Sie prinzipiell zum Ausbau der Tram?

Yuriko Backes: Wenn man sieht, wie erfolgreich die Tram ist, mit 100.000 Fahrgästen, die jeden Tag mit ihr fahren, dann ist klar, dass die Nachfrage da ist. Es erlaubt einem, sich stressfrei zu bewegen. Dabei möchte ich auch den städtebaulichen Aspekt erwähnen. Wo die Tram fährt, entstehen Fahrradwege und grüne Stadträume. Dazu muss man allerdings auch sagen, dass die Tram nicht nur für die tägliche Mobilität der Bürgerinnen und Bürger ist, sondern auch ein wichtiger Aspekt, der zur Attraktivität des Landesbeiträgt. Ich sehe und höre es immer wieder, wie sehr man uns im Ausland um die "richtig coole" Tram beneidet, natürlich auch im Zusammenhang mit dem gratis öffentlichen Transport.

Luxemburger Wort: Nun wurden vor Kurzem zwei Finanzierungsgesetze im Parlament verabschiedet, um das bestehende Tramnetz auszubauen. Wie geht es anschließend weiter?

Yuriko Backes: Was das Thema Ausdehnung in Richtung CHL angeht, so kann ich nur sagen, dass dies Priorität genießt und wir mit viel Energie und Enthusiasmus mit der Stadt Luxemburg zusammenarbeiten, um die bestehenden Schwierigkeiten zu beheben. Dazu muss allerdings gesagt werden, dass wir von Regierungsseite nicht sämtliche Lösungen alleine finden, sondern nur in Zusammenarbeit mit anderen Instanzen. Dass es nicht immer so schnell geht, wie wir uns das vorstellen, ist auch richtig, nur muss man bedenken, dass es vieler Schritte bedarf, die gutüberlegt sein wollen, bevor es zur Umsetzung kommt.

Luxemburger Wort: Und die Schnellstrecke nach Esch?

Yuriko Backes: Die Strecke von Cloche d'Or über Leudelingen und Foetz nach Esch ist im Koalitionsprogramm festgeschrieben und ich würde es begrüßen, wenn wir noch in dieser Legislaturperiode mit dem Bau beginnen könnten. Dastehen wir nun am Anfang und da werde ich mich mit allen Betroffenenzusammensetzen, um das gesamte Prozedere von Studien über Finanzierungsgesetze bis zur Durchführung voranzubringen. Das Gleiche gilt für den zweiten Tramsschapp, für den es bereits Pläne gibt.

Ein viel diskutierter Abschnitt betrifft die Neipuertsgaass in der Hauptstadt. Wie geht es da weiter?

In der Tat, die Neipuertsgaass scheint viele Leute zu interessieren. Da ist es notwendig, sich die Frage zu stellen: Was macht hier Sinn? Man muss entscheiden, wie viel Platz man für Fußgänger, Radfahrer, Busse oder Autos will.

Dazu besteht ein Limit, wie viele Tramzüge pro Stunde auf derselben Strecke fahren können. Eine andere Überlegung ist die Notwendigkeit einer Ausweichmöglichkeit, wenn es auf einem Abschnitt eine Störung gibt. Wobei ichüberzeugt bin, dass wir nicht umhinkommen, innerhalb eines Jahrzehntseine zweite Nord-Süd-Achse durch die Hauptstadt zu bekommen. Deshalb laufen auch Studien für eine weitere Tramstrecke zwischen dem Stadion über die Route d'Esch in die Stadtmitte.

Luxemburger Wort: Haben Sie noch andere Projekte in der Schublade?

Yuriko Backes: Neben den Strecken, die im PNM 2035bereits angedacht waren, werden wir selbstverständlich weiterdenken. Dabei stützen wir uns auf unseren "Observatoire de la mobilité" und seine Erkenntnisse. Darüber hinaus verspreche ich mir viel von einer Mobilitätsuntersuchung, die noch dieses Jahr in die Wegegeleitet wird, um die Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer besser zu verstehen.

Luxemburger Wort: In der vorigen Legislaturperiode wurde häufig darüber gesprochen, die Trameventuell bis nach Strassen und Mamer zu führen. Haben Sie dazu bereits eine Meinung?

Yuriko Backes: Ich habe dazu keine vorgefasste Meinung. Damit eine Tramstrecke Sinn ergibt, braucht sie jedoch eine Mindestsubstanz. Wenn sich aus den Zahlen und Analysen herausstellt, dass es eine gute Lösung ist, dann bin ich nicht abgeneigt.

Luxemburger Wort: Die Tram bleibt demnach ein wichtiger Pfeiler unserer Mobilität?

Yuriko Backes: Selbstverständlich, wobei ich wiederholen möchte, dass wir die ganze Transportthematik im Sinne von multimodalen Möglichkeiten angehen, ohne ein Verkehrsmittel gegen ein anderes auszuspielen, das Ganze vor dem Hintergrundeiner nachhaltigen Entwicklung. In diese Richtung muss auch die Digitalisierung verständen werden. Da denke ich an die Zusammenschaltung der Verkehrsmittel.

Wenn zum Beispiel ein Zug einige Minuten Verspätung hat, müssen wir es fertigbringen, dass der Bus wartet, damit die Leute die Möglichkeit haben, ihren Anschluss trotzdem zu schaffen. Wir sollten auch sehen, dass wir in der Zwischenzeit ein fundiertes Know-how in Sachen Tram hier in Luxemburg aufgebaut haben, was auch und hauptsächlich einheimischen Firmen zugutekommt. Investitionen in die Verkehrsinfrastruktursind wichtig für unser Land und die müssen wir auch hochhalten.

Luxemburger Wort: Zusammenfassend kann man also davonausgehen, dass als Nächstes mit den Finanzierungsgesetzen zu den Strecken zum CHL und nach Esch zu rechnen sein wird?

Yuriko Backes: Wir haben eine Vorstellung, was den Zeitrahmen angeht, den ich allerdings zurzeit nicht öffentlich machen will. Ichmöchte vermeiden, dass, im Falle einer Verzögerung, die Diskussionen losbrechen.

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