Interview von Xavier Bettel im Tageblatt

"Wir tappen nicht in die Steuerdumping-Falle."

Interview: Tageblatt

Tageblatt: Die Briten können nach dem Brexit eine aggressive Steuerpolitik außerhalb der EU führen. Wie reagieren Sie? 

Xavier Bettel: Die Höhe der Besteuerung spielt momentan in Europa noch keine Rolle in den Diskussionen. Wir haben aber als Luxemburg gesagt: Wir tappen nicht in die Steuerdumping-Falle. Ich kann nicht erklären, dass der Bäcker, der morgens um sechs Uhr aufsteht, Steuern zahlen muss und eine andere Firma gar keine Steuern zahlen muss. Auch bei den GAFA-Unternehmen (Google, Apple, Facebook, Amazon, Anm. d. Red.) brauchen wir eine Besteuerung, die richtig ist. Steuerdumping bringt im Endeffekt nur politische Probleme mit sich. Ich kann nicht jemandem erklären: Du stehst auf, arbeitest acht Stunden am Tag und zahlst 40 bis 50 Prozent Steuern und jemand anderes im Betrieb muss fast gar nichts zahlen. Das ist ungerecht. Auch als Liberaler gibt es für mich Grenzen, wo ich mitmache. 

Tageblatt: Weiche Strategie verfolgt Luxemburg? 

Xavier Bettel: Es ist wichtig, nicht nur an heute, sondern auch an morgen zu denken. Wenn ich jetzt kurzfristig denke und auf dem europäischen Markt riskiere, den Briten Öffnungen zu ermöglichen, und sie danach mit Blick auf Steuerfragen alles selbst regeln können, habe ich innerhalb der EU ein Problem. Deswegen muss es Regeln geben, die auch von allen eingehalten werden. Wir dürfen dem Bürger nicht das Gefühl geben, dass er schlechter als ein Unternehmen davonkommt. 

Tageblatt: Aber wo liegt die Grenze im Steuerwettbewerb konkret für Sie? 

Xavier Bettel:
Ich will nicht so eine Diskussion anfangen. Wenn der eine mit 19 Prozent Unternehmensbesteuerung anfängt, geht der Nachbarstaat dann auf 18 Prozent runter? Und wo hören wir dann auf? 
Steuern müssen gezahlt werden.

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