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Télécran: Interview (Martina Folscheid)
Télécran: Frau Backes, was fällt Ihnen als erstes ein, wenn Sie an den letzten Thronwechsel denken?
Yuriko Backes: Ich habe damals nicht an den Festivitäten selber teilgenommen. Aber ich habe das sehr nah verfolgt. Ich erinnere mich, dass im Jahr zuvor, also 1999, ein Staatsbesuch von Großherzog Jean und Großherzogin Joséphine Charlotte in Japan stattfand. Und ich wurde vom Außenministerium nach Tokio geschickt, um der dortigen Luxemburger Botschaft bei der Organisation dieses Besuchs zu helfen. Das war für mich eine große Ehre und eine schöne Erfahrung. Damals war Pierre Gramegna Botschafter in Japan. Ein Jahr später fand dann der Thronwechsel statt. Als das junge Paar den Thron bestieg, war das natürlich etwas Neues, etwas Frisches, etwas Schönes für unser Land.
Télécran: Es war eine Überraschung und wurde als modern bewertet, als mit Ihnen 2020 erstmals eine Frau für das Hofmarschall-Amt ausgewählt wurde. Wie modern ist Großherzog Henri in Ihren Augen?
Yuriko Backes: Als Großherzog Henri Staatschef wurde, hat er ja sehr schnell die Änderung vorgenommen, dass das erste Kind, und nicht der erste männliche Nach komme, Thronfolger beziehungsweise Thronfolgerin werden kann. Da hat er ein klares Zeichen für Modernität gesetzt. Das bedeutet, wenn später einmal das erste Kind des kleinen Prinz Charles ein Mädchen sein sollte, bekämen wir wieder eine Großherzogin. Ich möchte an dieser Stelle auch daran erinnern, dass Großherzogin Charlotte im Zweiten Weltkrieg eine sehr wichtige Rolle spielte. Ich habe enormen Respekt davor, was sie getan hat. Dass Großherzog Henri mich gefragt hat, Hofmarschallin zu werden, ist meiner Ansicht nach ein klares Zeichen dafür, dass er modern ist, da dieses Amt vorher immer nur von Männern besetzt wurde. Ich möchte auch betonen, dass Fragen rund um Gleichstellung immer ein wichtiges Thema für Großherzog Henri waren. Aber ich denke, dass ich über die Tatsache hinaus, dass ich eine Frau bin, auch über andere Qualifikationen verfüge. (lacht) Ich glaube, Sasha Baillie ist heute nicht Hofmarschallin, weil sie eine Frau ist, sondern weil sie kompetent ist. Als ich das Amt antrat, hieß es, ich sei die erste "Maréchale" mit einem "e" - man kann das Wort ja auch mit einem "e" am Ende schreiben - aber bei Sasha Baillie war die Geschlechter frage gar kein Thema mehr. Und so soll es auch sein.
Télécran: Und wie modern schätzen Sie Prinz Guillaume ein? Er hat ja mit der Ankündigung des Baus eines Wohnhauses auf dem Gelände von Schloss Berg auch schon ein Zeichen gesetzt, oder?
Yuriko Backes: Ich habe Verständnis dafür, wenn man als Eltern von zwei kleinen Kindern an einem Zuhause in einem familiären Rahmen interessiert ist, was in einem großen Schloss vielleicht nicht immer so gegeben ist. Und ich schätze ihn als modernen Monarchen ein, ja.
Télécran: Wie war denn der Kommunikationsstil mit Großherzog Henri: Eher formell oder situationsabhängig? Eher schriftlich oder persönlich?
Yuriko Backes: Meinen Sie die Kommunikation zwischen ihm und mir?
Télécran: Ja.
Yuriko Backes: Also wir haben sehr viel miteinander gesprochen. Ich würde sagen, wir haben uns in den anderthalb Jahren, in denen ich Hofmarschallin war, jeden Tag gesehen. Kommunikation ist ein wichtiges Thema in solch einer Administration. Die interne Kommunikation mit Großherzog Henri verlief sehr offen, sehr direkt und sehr regelmäßig, wenn wir uns zusammengesetzt, geredet und uns ausgetauscht haben. Und er war auch bei Fragen stets verfügbar.
Télécran: Mit dem neuen Großherzog Guillaume wird das ähnlich sein, glauben Sie? Er wirkt ja von außen betrachtet sehr offen...
Yuriko Backes: Er ist sehr offen, er geht auf die Leute zu, hat überhaupt keine Berührungsängste. Guillaume hat einen sehr offenen, positiven Kommunikationsstil, der sehr gut ankommt. Und was man nicht vergessen darf, hinter der Kommunikation steht auch eine Administration. Das eine ist der persönliche Kommunikationsstil. Das andere hat sich mit der Reform, die ich damals umgesetzt habe, sehr verbessert. Da wurde eine neue Website des groß herzoglichen Hofes — monarchie.lu - aufgestellt, ein sehr modernes Portal mit vielen Informationen. Das ist ein Teil des Ganzen, und auch die sozialen Medien gehören natürlich dazu.
Da muss der Hof genau wie andere Institutionen mit der Zeit gehen. Was ja auch geschieht, indem auch über die sozialen Medien die Aktivitäten dokumentiert werden. Vergessen darf man auch nicht die traditionellen Ansprachen an bestimmten Festtagen an die Bevölkerung, wie zum Beispiel an Weihnachten oder am Nationalfeier tag. Die Rolle des Großherzogs ist es, die Menschen zusammenzubringen, an die Werte und die Geschichte des Landes zu appellieren. Und vergessen darf man auch nicht die Ansprachen in schweren Momenten. Ich denke da an die Pandemie oder an die schlimmen Überschwemmungen 2021, als der Monarch die Opfer aufsuchte und mit ihnen über das Unglück sprach.
Dass er für sie da ist, dass er ihnen zur Seite steht, ist eine Botschaft, die ihm sehr wichtig war.
Télécran: Ist gerade in der heutigen Zeit mit Krisen und Konflikten in der ganzen Welt seine Rolle als Haltgeber vielleicht umso wichtiger für die Bevölkerung?
Yuriko Backes: So ist es. Und ich bin überzeugt, dass auch Guillaume diese Rolle exzellent ausführen wird. Er hat eine tolle Art, mit den Menschen zu kommunizieren. Er ist ein positiver Mensch. Diese positive Energie spüren die Menschen heute schon und das werden sie auch in Zukunft.
Télécran: Sie haben nicht nur mit Henri und Guillaume, sondern auch mit Großherzogin Maria Teresa und Erbgroßherzogin Stéphanie zusammengearbeitet. Wie werden sich deren Akzente im öffentlichen Auftreten unterscheiden?
Yuriko Backes: Das ist schwer einzuschätzen. Es ist klar, dass die beiden Damen unter schiedliche Lebensläufe und Charaktere haben. Ich bin auf jeden Fall überzeugt, dass die Erbgroßherzogin Stéphanie als Großherzogin sehr Positives für unser Land bewirken wird in ihrer wichtigen unterstützenden Rolle zu Großherzog Guillaume.
Télécran: Gibt es spezielle Anekdoten aus Ihrer Zeit als Hofmarschallin?
Yuriko Backes: Ich war anderthalb Jahre lang Hofmarschallin. Eine extrem intensive Zeit. Es war am Schluss der Pandemie, es gab keine Staatsbesuche etc., sodass wir sehr viel intern gearbeitet haben. Ich denke gerne an die ruhigen Momente zurück, in denen ich mit dem Großherzog reden konnte, in denen wir uns über Erfahrungen oder Reisen ausgetauscht haben, in denen wir auch gelacht haben. Das bleibt eine schöne Erinnerung für mich. Ende Mai hatte ich die Ehre, Großherzog Henri auf einem seiner letzten Arbeitsbesuche zu begleiten. Wir reisten nach Japan, im Grunde dorthin, wo mein Kontakt mit der Monarchie vor 26 Jahren begann, als ich dabei half, den Staatsbesuch von Großherzog Jean in Japan vorzubereiten. Für mich ist es schön, dass in einem gewissen Sinne auf dieselbe Art und Weise im selben Land das Kapitel mit Großherzog Henri in Anführungszeichen geschlossen wird. Wir waren zusammen in Tokio, dann auf der Weltausstellung, Osaka ist ja nicht weit entfernt von meiner Geburtsstadt Kobe. Ich werde all diese schönen Momente mit Großherzog Henri, mit Hofmarschallin Sasha Baillie und mit all den Delegationen in Erinnerung behalten. Jetzt freue ich mich auf den neuen Monarchen.
Télécran: Frau Ministerin, ich danke Ihnen für das Gespräch.