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Interview: Revue (Eric Hamus)
Revue: OGBL und LCGB haben Sie zuletzt scharf angegriffen. Um ihren Vorwurf aufzugreifen: Sind Sie den Anforderungen gewachsen?
Georges Mischo: Ja! Die Kritik ging unter die Gürtellinie. Es wurde auf den Mann gespielt und nicht mehr auf den Ball. Das war nicht in Ordnung. So bin ich nicht. Ich grätsche nicht zurück! Ich bin den Anforderungen gewachsen. Natürlich lag mir als Sportlehrer das Sportministerium zunächst mehr als der Posten des Arbeitsministers. Aber ich bin in beide Funktionen hineingewachsen.
Revue: Hat Sie die Heftigkeit der Kritik überrascht?
Georges Mischo: Ich kann gut mit Kritik umgehen, wenn sie konstruktiv ist und nicht persönlich wird. Diese Kritik war heftig. Das ist nicht meine Art zu arbeiten, und ich weiß bis heute nicht, warum es so gelaufen ist. Es ist nun mal passiert, und jetzt müssen wir nach vorne schauen. Ich bin nicht nachtragend. Das entspricht nicht meinem Charakter. Aber getroffen hat es mich trotzdem.
Revue: Sind Ihnen im Umgang mit den Gewerkschaften tatsächlich Fehler unterlaufen?
Georges Mischo: Ja. Wir hatten Schwierigkeiten, einander zu finden oder auf die Art und Weise zu reagieren, wie der jeweils andere arbeitet. Ich hätte vielleicht mehr kommunizieren und öfter zum Telefon greifen müssen, damit wir in einem permanenten Kontakt stehen, statt fast ausschließlich über den formellen Weg miteinander zu sprechen. Man hätte auch mal informell über etwaige Schwierigkeiten reden sollen. Dann hätte man vielleicht die Gefühle oder Vorstellungen des anderen besser verstanden. Das ist vielleicht ein Fehler, den ich gemacht habe — beziehungsweise etwas, das wir gemeinsam besser hätten machen können.
Revue: Wollen Sie das in Zukunft anders angehen?
Georges Mischo: Auf jeden Fall! Ich habe das mit den Gewerkschaftsvorsitzenden besprochen und gesagt, dass wir uns vielleicht öfter hätten treffen müssen. Meine Tür steht ihnen jederzeit offen. Sie haben meine Telefonnummer. Wenn etwas ist, können sie mich anrufen. Und umgekehrt werde auch ich mich bei ihnen melden, bevor es zu heikel wird.
Revue: Sie haben zuletzt mehrfach angedeutet, dass das Arbeitsministerium ein schweres Ressort sei. In welcher Hinsicht?
Georges Mischo: Es handelt sich um ein soziales Ressort, in dem es Interessenlagen und Sensibilitäten gibt, in denen sehr schnell heftig reagiert wird. Hier geht es um Menschen und ihre Lebensgrundlage, um Gerechtigkeit und Zukunftsperspektiven, um Löhne und Arbeitszeiten. Bei solchen Themen reagiert man nun mal etwas sensibler. Zumal es manchmal auch um Missbrauch und Ausbeutung geht. Es ist nicht immer alles schwarz, aber auch nicht immer alles weiß.
Revue: Sie gehen davon aus, bis 2028 im Amt zu bleiben. Macht man sich dennoch Gedanken über eine Zeit nach der Politik?
Georges Mischo: Natürlich. Aber diese Gedanken habe ich mir auch schon davor gemacht. Seit meinem Eintritt 2014 in die Kommunalpolitik - und erst recht mit noch größerer Verantwortung - mache ich mir immer bewusst, dass es kein CDI ist, sondern ein CDD! Niemand in der Politik hat einen unbefristeten Vertrag. Auch ein Jean Claude Juncker hatte keinen.
Revue: Jean-Claude Juncker hat im revue-Interview etwas Ähnliches gesagt. Diese Haltung habe ihm geholfen, Distanz zu wahren und seine Aufgabe besser zu erfüllen...
Georges Mischo: Ganz egal in welchem Beruf: Jeder hat einmal einen schlechten Tag. Aber man muss sich immer wieder aufrappeln und versuchen, sein Bestes zu geben. Das habe ich immer getan. Wenn ich eines Tages keine Lust mehr hätte, morgens aufzustehen und ins Büro zu fahren, dann wäre es Zeit, etwas anderes zu machen.
Revue: 2028 sind wieder Chamberwahlen, 2029 dann Gemeindewahlen. Können Sie sich vorstellen, in die Kommunalpolitik zurückzukehren?
Georges Mischo: Ich war sehr gerne Gemeinderat und noch lieber Bürgermeister - das hat mir große Freude bereitet. Nach den Parlamentswahlen war ich zunächst darauf angewiesen, dass mich der damalige Formateur Luc Frieden in sein Team holen wollte. Als das feststand, habe ich mir die Entscheidung nicht leicht gemacht. Schließlich weiß man, was man hat, aber nicht, was man bekommt. Deshalb habe ich mit vielen Menschen gesprochen. Und der Tenor war eindeutig: Der Zug "Regierung" hält nur einmal. Wenn man dann nicht mit aufspringt... Schließlich weiß ich nicht, was 2028 bringt: Schenken mir die Wähler wieder ihr Vertrauen? Ist die CSV noch in der Regierung? Bin ich dann noch ministrabel? Ich hatte diese einzigartige Chance, also habe ich sie ergriffen.
Revue: Welche Prioritäten haben Sie sich noch gesetzt?
Georges Mischo: Zunächst wollen wir die bilateralen Gespräche mit den Sozialpartnern angehen und erfolgreich abschließen - sowohl mit den Gewerkschaften als auch mit dem Patronat. Dann gibt es noch eine ganze Reihe von Dossiers, die uns am Herzen liegen. Dazu gehört die Umsetzung europäischer Richtlinien: die Entsendung von Arbeitskräften, die Plattformarbeit und die Direktive bezüglich des Mindestlohns - wo nun endlich Klarheit herrscht. Nun können wir richtig daran arbeiten, Vorschläge ausarbeiten und ein konkretes Projekt zur Umsetzung entwickeln.
Revue: Welche Auswirkungen hat die Richtlinie für Luxemburg?
Georges Mischo: Bei den Kollektivverträgen wollen wir mit einem Aktionsplan weiterhin eine Abdeckung 43 von 80 Prozent erreichen. Das Kernstück ist aber der Mindestlohn selbst. Wir müssen die Berechnungen von 60 Prozent des Medianlohns oder 50 Prozent des durchschnittlichen Bruttolohns juristisch prüfen, auf deren Grundlage der Mindestlohn festgelegt werden soll. Anschließend müssen wir durchrechnen, was dieses Paket umfasst, bevor wir als Regierung entscheiden, wie wir die Direktive umsetzen.
Revue: Leider rutschen in Luxemburg immer mehr Menschen in die Armut. Wo wollen Sie als Arbeitsminister ansetzen?
Georges Mischo: Der Arbeitsmarkt ist im Moment schwierig - sehr schwierig. Und das nicht nur in Luxemburg, wie ich aus Gesprächen mit meinen Ministerkollegen im Ausland erfahre. Aktuell steigt die Zahl der Arbeitssuchenden, während die Zahl der offenen Stellen sinkt. Das war lange nicht der Fall. Im Sommer 2022 lagen beide Zahlen sogar noch praktisch übereinander. Damals hatten wir genauso viele offene Stellen wie Arbeitssuchende. Heute stehen 18.000 Arbeitssuchende nur noch knapp 7.000 offenen Stellen gegenüber. Das bereitet mir Sorgen...
Revue: ...zumal ganz bestimmte Profile gesucht werden?
Georges Mischo: Wir haben einen Mangel an qualifizierten und nicht qualifizierten Arbeitskräften - in allen Sektoren! Der Arbeitsmarkt ist in Bewegung, Entwicklungen erfolgen rasant. Zum Teil kommen junge Menschen mit Wissen von der Uni zurück, das bereits überholt ist. Wir müssen uns den Auswirkungen der KI stellen und die Arbeitsplätze auffangen, die durch die Automatisierung wegfallen. Dafür setzen wir aufs Reskilling/Upskilling der ADEM und auf den neuen Skills-Plan, mit dem kleine und mittlere Betriebe Schulungen direkt im Unternehmen durchführen können. So können Beschäftigte schon während ihrer Tätigkeit weitergebildet werden und haben im Falle einer Entlassung eine Perspektive. Ein Jobverlust kann Menschen in ein tiefes Loch stürzen. Und für ältere Arbeitnehmer wird es schwer, eine neue Beschäftigung zu finden. Wir sind uns dieser Herausforderung bewusst. Ich bin viel unterwegs, spreche mit Gewerkschaften und Arbeitgebern. Wir müssen richtig Gas geben! Daran arbeitet das Ministerium jeden Tag.
Revue: Lässt Sie das abends nicht grübeln?
Georges Mischo: Doch. Man stellt sich Fragen... Und ich weiß: Ich mache nicht immer alles richtig - wie jeder andere auch. Gerade bei größeren Sozialplänen, bei denen viele betroffen sind, trägt man das als Minister länger mit sich herum. Das gilt aber auch für einen oder zwei Mitarbeiter, die ihren Job verlieren. Schließlich geht es um echte Schicksale, um Existenzen, die plötzlich wackeln. Das bereitet mir Sorgen. Deshalb sage ich: Ich bin der Arbeitsminister der Gewerkschaften und der Arbeitgeber, aber vor allem bin ich der Arbeitsminister der Arbeitnehmer. Um sie geht es.
Revue: Sport ist bekanntlich ein guter Ausgleich. Wird ihm auf Regierungsebene ausreichend Bedeutung beigemessen?
Georges Mischo: Ich habe begonnen, einen jahrelangen Rückstand aufzuholen. Der Haushalt lag zuletzt bei 41 Millionen Euro, jetzt bei 87 Millionen - mehr als das Doppelte. Der Rückstand ist noch nicht vollständig aufgeholt, aber Finanzminister Roth und Premierminister Frieden stehen voll hinter dem Sport, was uns die Investitionen erleichtert. Man kann nicht ständig die Bedeutung des Sports betonen - sozial, gesundheitlich, mental - und dann beim Budget kneifen. Das habe ich nie akzeptiert. Mein Ziel ist, vor allem den Breitensport besser aufzustellen. Wenn der Leistungssport daraus Erfolge erzielt, umso besser. Aber ich bin nicht Sportminister, um eine olympische Goldmedaille zu gewinnen - auch wenn das schön wäre.
Revue: In diesem Zusammenhang wird oft vom Schulsport gesprochen. Arbeiten Sie dabei Hand in Hand mit dem Bildungsministerium? Oder geht da noch mehr?
Georges Mischo: Ich bin immer noch Sportlehrer. Als solcher ist es mein Traum, drei Stunden Schulsport pro Woche einzuführen. Aber dafür braucht man einen weiteren Partner: den Bildungsminister. Claude Meisch hat in dieser Hinsicht schon viel erreicht. Aber auch für ihn ist es nicht einfach, von heute auf morgen eine zusätzliche Stunde einzuführen. Mir geht es vor allem darum, die Kinder mitzunehmen, die nicht ohnehin schon zwei- oder dreimal die Woche trainieren und am Wochenende Wettkämpfe haben. Meine Kinder treiben ohnehin viel Sport in ihrer Freizeit und im Club. Sie bräuchten im Grunde keine zusätzliche Sportstunde - viele ihrer Freunde aber schon. Im Lycée gab es immer Rankings der sportlichsten Schüler, die dafür belohnt wurden. Eigentlich müssten wir die 30 schwächsten Kinder motivieren und ihnen positive Erlebnisse ermöglichen. Man sieht ja, wie viele Kinder heute nicht schwimmen oder Fahrrad fahren können.
Revue: Welche Prioritäten haben Sie sich im Sportressort noch gesetzt?
Georges Mischo: Ich habe zwei zentrale Ziele: erstens das Rückgrat zu stärken und zweitens das Herz. Das Rückgrat sind die Verbände: Dort investieren wir stark in professionelle Strukturen und Experten, die aus dem Sportbereich kommen und ihr fachliches Know-how mit einbringen. Beim Herzstück, den Vereinen, kämpfen wir mit schwindendem Ehrenamt. Wir brauchen jeden - ob man sich punktuell eine Stunde mit einbringt oder 20 Stunden Engagement pro Woche leistet. In meiner Vision müssen Ehrenamt und Professionalisierung Hand in Hand gehen und sich gegenseitig stärken. Nur so können Vereine langfristig stabil und zukunftsfähig bleiben. Deshalb wollen wir sie dabei unterstützen, sich professionelle Kräfte zu leisten. Damit schaffen wir gleichzeitig neue Jobs im Sport. Viele Verbände und Vereine funktionieren wie kleine Unternehmen, und Berufe wie Sportpsychologie, Physiotherapie, Management oder Sportverwaltung bieten echte Perspektiven. Deshalb hat die Reform des "Subside qualité+" Priorität hier im Haus. Damit Vereine mehr finanzielle Mittel haben, um sich besser aufzustellen. Eng damit verbunden ist die "Initiative pour la promotion de l'emploi dans le secteur du sport", kurz IPESS, über die Verbände oder Vereine temporär Personal einstellen können, das sie administrativ oder organisatorisch unterstützt.
Revue: Nun ist das IPESS nicht unumstritten. Was sagen Sie zu den Kritiken des COSL?
Georges Mischo: Das ist nicht das erste Mal, dass ich eine kritischere Stellungnahme erhalte. Solche Rückmeldungen kommen vor und entsprechen der Rolle des COSL, das hier seinen Auftrag wahrnimmt. Den Vorwurf jedoch, das COSL sei nicht ausreichend in die Ausarbeitung des Projekts eingebunden worden, kann ich so nicht stehen lassen. Zwischen 2022 und 2023 gab es insgesamt 15 Treffen zum Projekt - das damals noch Pro Sport hieß - mit dem "Mouvement sportif", zu dem sowohl das COSL wie auch die Verbände und Vereine zählen. 2024 und 2025 folgten vier weitere Zusammenkünfte mit dem COSL, bei denen intensiv diskutiert wurde und das COSL verschiedene Vorschläge einbringen konnte, von denen wir einige auch übernommen haben. Es wurden Dokumente ausgetauscht, es wurde sehr viel gesprochen. Vielleicht hätte man sich an der einen oder anderen Stelle noch enger abstimmen können - das mag sein. Aber es stimmt nicht, dass wir nicht miteinander kommuniziert hätten. Ich habe keine Etappe übersprungen und meine Hausaufgaben gemacht. Und wenn eine Änderung dazu beiträgt, ein Gesetzesprojekt noch besser zu machen, habe ich absolut kein Problem damit. Man kann nicht immer alles von Anfang an bedenken - ist eine Ergänzung sinnvoll, dann sollte man sie auch machen. Gleichzeitig muss ich als Minister liefern: Fünf Jahre vergehen sehr schnell. Das IPESS-Projekt war bereit, die Prozeduren zu durchlaufen, und das Gesetz wurde deponiert. Falls nach den Diskussionen etwa in der Chamber-Kommission noch Anpassungen notwendig werden, ist das völlig in Ordnung.