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Mobilitätsministerin Backes: "Luxemburg braucht in Zukunft einen neuen Flughafen"
Interview mit Yuriko Backes im Luxemburger WortInterview: Luxemburger Wort (Marco Meng)
Luxemburger Wort: Yuriko Backes, der Flughafen soll ausgebaut werden. Was heißt das? Zwei Startbahnen sind zum Beispiel nicht möglich.
Yuriko Backes: Zwei Startbahnen sind auf dem bestehenden Gelände nicht möglich, aber wir arbeiten daran, dass unter anderem das Terminal vergrößert wird. Denn wir sehen sowohl auf der Passagierseite als auch im Cargo-Bereich eine dynamische Entwicklung. Die Zahl von Passagierinnen und Passagieren wächst kontinuierlich. Die Prognosen, die wir haben, lauten, dass wir bis 2040 auf über acht Millionen Fluggäste kommen. Heute sind wir bei fünf Millionen. Und im Frachtverkehr sind wir bei 830.000 Tonnen, auch das dürfte auf Dauer weiter steigen.
Luxemburger Wort: Und wenn es irgendwann mehr als acht Millionen Passagiere sein werden?
Yuriko Backes: Auch mit einem größeren Terminal stoßen wir auf dem Findel irgendwann wieder an Grenzen. Darum würde ich sagen, dass Luxemburg langfristig einen neuen Flughafen braucht. Wir reden da nicht vom nächsten Jahr oder in zehn Jahren, aber vielleicht 2050. Jetzt arbeiten wir daran, die nächsten 20, 30 Jahre zu antizipieren. Ich möchte, dass wir gestalten und nicht dem Wachstum weiter hinterherlaufen. Daher gehe ich davon aus, dass Luxemburg in Zukunft einen neuen Flughafen brauchen wird. Und wir sollten anfangen, uns Gedanken dazu zu machen.
Luxemburger Wort: Mit welchen Investitionskosten rechnen Sie?
Yuriko Backes: Wir arbeiten mit Investitionszeiträumen von sieben Jahren. Bis 2032 werden mehr als eine Milliarde Euro investiert. Wir müssen die Infrastrukturen anpassen, müssen sie ausbauen und modernisieren, und dabei auch langfristig denken. Auch für den Zeit raum 2033 bis 2040 gibt es schon erste Planungen.
Wichtig ist, dass wir uns perspektivisch für die Entwicklung der nächsten zehn und zwanzig Jahre aufstellen. Das betrifft sowohl die Infrastruktur des Flughafens, die Gesellschaft lux-Airport, als auch den DAC und die ANA (nationale Luftfahrtbehörde Luxemburgs und Verwaltung für Flugsicherung, Anm. d. Red.), bei denen wir seit Kurzem eine neue Führung eingesetzt haben. Auch hier im Ministerium haben wir uns neu aufgestellt, denn wir wollen das Ganze proaktiv angehen.
Wir haben jetzt den Skypark gebaut, der nächstes Jahr fertig ist und dann vollständig in Betrieb genommen werden kann. Er erlaubt es, die Aktivitäten von lux-Airport zu diversifizieren und somit die Gesellschaft resilienter aufzustellen. Auch hat die Regierung beschlossen, dass die "Cité de l'Aéroport" künftig von der Betreibergesellschaft lux-Airport verwaltet werden soll. Dieses Gelände wird längerfristig Logistiktätigkeiten am Flughafen vorbehalten sein.
Luxemburger Wort: Was ist konkret am Flughafen geplant?
Yuriko Backes: Eine gelungene Reise beginnt mit einem stressfreien Erlebnis. Für mehr Platz und Komfort für Passagierinnen und Passagiere ist eine weitere Vergrößerung der Terminalfläche geplant. Dies durch Erweiterung des Gebäudes nach links, vom Eingang aus gesehen.
Auch innerhalb des Terminals soll mehr Platz entstehen. Die Gepäckförderungssysteme befinden sich im Augenblick noch im Terminal selbst. Dieser Platz könnte im Sinne eines zusätzlichen Komforts den Passagieren zur Verfügung gestellt werden. Wir prüfen derzeit die Möglichkeit, die Gepäckförderungssysteme zu verlagern. Damit könnten wir die Anlage für eine höhere Gepäckanzahl modernisieren. Kurzfristig wird die Information an der Gepäckausgabe verbessert, indem Status und Wartezeit angezeigt werden.
Die Taxiways (Wege auf dem Flughafengelände für Flugzeuge, Anm. d. Red.) sowie verschiedene Aprons (Parkpositionen für Flugzeuge, Anm. d. Red.) werden instand gesetzt, und das Cargocenter wird renoviert und erweitert. Weitere Neubauten sind geplant: ein neues Business Aviation Terminal, mehrere Hangars, das Catering Gebäude sowie das Atelier zur Wartung des Fuhrparks. Die Investitionen, die lux-Airport tätigt, liegen bei ungefähr 800 Millionen Euro. Dazu kommen Investitionen, die der Staat vornimmt, etwa die Tankinfrastruktur "Fuel Farm". Auch die 9.200 Parkplätze, die es heute gibt, werden durch die Vergrößerung von "Parking-E" um weitere 400 erweitert.
Neben dem traditionellen Tower wird es ein virtuelles Kontrollzentrum geben. Dies bedeutet, dass die Piste im Einklang mit dem Single European Sky und den Digital European Sky-Vorgaben auf Panoramaschirmen visualisiert wird. Das führt gleichzeitig zu einer optimaleren Steuerung des Flugverkehrsaufkommens und einer digitalen Leitung von Funktionen, die bislang von Hand getätigt wurden.
Die Modernisierung der Tankinfrastruktur ist jetzt auf der Schiene, nachdem dieses Projekt über lange Jahre hinweg gestockt hat. In der ersten Phase werden jetzt hier drei neue Treibstofftanks errichtet.Insgesamt werden es sechs sein. So werden die Lagerkapazitäten für Kerosin deutlich erhöht. Da der Findel ein NATO-Flughafen ist, werden die Kapazitäten, die wir hier bereitstellen, auch zu Luxemburgs Verteidigungsinvestitionen zählen. Die Sicherheitskontrollen werden modernisiert: Es wird eine zusätzliche Linie eingeführt, und sobald europaweit 3D-Scanner zugelassen sind, werden sie installiert.
Auch die Interaktion mit dem öffentlichen Transport wird verbessert, denn nicht jedem, der hier landet, ist klar, dass der öffentliche Transport in Luxemburg - als einziges Land auf der Welt - gratis ist. Die Anbindung des Flughafens an die Tram ist übrigens jetzt schon ein Erfolg jenseits aller Erwartungen. Laut ersten Erhebungen Ende April - zwei Monate nach Inbetriebnahme der Linie - nutzten schon 18 Prozent der Reisenden die Tram bei Hin- oder Rückreise. Eine dynamische Echtzeit-Anzeige der Verbindungen des öffentlichen Transports im Terminal wird installiert. Erwähnenswert ist auch, dass die Business-Lounge bis Ende nächsten Jahres auf den ersten Stock verlegt und vergrößert wird.
Luxemburger Wort: Wie steht es um das Nachtflugverbot? Ohnehin landen viele Maschinen nachts mit einer Ausnahmegenehmigung. Und Hahn oder Lüttich werben damit, dass sie kein Nachtflugverbot haben.
Yuriko Backes: Ich habe schon Verständnis für die Frustration von Leuten, die in Flughafennähe oder den Einflugschneisen wohnen. Andererseits werden die Flugzeuge auch immer leiser, sodass wir es in der Zukunft fertigbringen müssten, von den technologischen oder technischen Entwicklungen zu profitieren. Wir brauchen einen Flughafen, wir brauchen die Konnektivität. Der Flughafen sichert, wie eine Studie kürzlich zeigte, insgesamt knapp 90.000 Arbeitsplätze und hat einen wichtigen wirtschaftlichen Beitrag für Luxemburg und die Großregion. Ich glaube, darauf möchte keiner verzichten. Die ANA hat mit Cargolux eine Konvention getroffen, um, soweit es möglich ist, Anflüge nach 23 Uhr zum Findel zu vermeiden. Diese Woche konnte auch eine solche Charta zwischen der ANA und Luxair unterzeichnet werden. Das sind positive Nachrichten, die Nachtflüge weiter einzuschränken.
Luxemburger Wort: Luxair erhielt von lux-Airport einen neuen Hangar, und vor drei Jahren wurde auch die Start- und Landebahn für 150 Millionen Euro renoviert. Aber damit gibt es Probleme?
Yuriko Backes: Die Piste ist 2021/2022 renoviert worden, was auch nach 30 Jahren wirklich notwendig war. Dass diese Start- und Landepiste einwandfrei funktioniert, ist wichtig, nicht zuletzt aus Sicherheitsgründen. Allerdings gab es wiederholt Zwischenfälle und Mängel wurden festgestellt, die für eine renovierte Landepiste eigentlich nicht normal sind.
Lux-Airport hat deswegen eine umfassende Analyse durch internationale Experten beauftragt, und wir warten jetzt auf die Resultate, die bald vorgelegt werden sollten. Es geht auch um die Frage, wer die Verantwortung trägt und wie wir das Problem lösen. Wir brauchen eine voll funktionsfähige und mängelfreie Start- und Landebahn.
Luxemburger Wort: Würde das im Zweifelsfall bedeuten, dass sie komplett wieder neu gemacht werden muss?
Yuriko Backes: Das müssen uns die Analysen zeigen, am Ende hängt es vom Ergebnis der Untersuchung ab. Die Piste ist nicht, wie sie sein soll, das ist die Realität. Und diese Realität ist nicht zufriedenstellend.
Luxemburger Wort: Das heißt, es geht auch darum, wer jetzt haftbar ist, wer seine Arbeit nicht korrekt gemacht hat und wer eine Reparatur oder neue Piste bezahlen muss?
Yuriko Backes: Auch darum geht es.