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Premierminister Juncker und Minister Frieden in Litauen
Premierminister Jean-Claude Juncker und Minister Luc Frieden waren am Sonntag und Montag auf Besuch in Litauen.
Der Luxemburger Regierungschef und Minister Frieden hatten eine ganze Reihe von Unterredungen, mit Staatspräsident Valdas Adamkus, Premierminister Ronaldas Paksas und Parlamentspräsident Arturas Paulauskas, sowie Vertretern einiger im Seimas (Parlament Litauens) vertretenen Parteien zu Ende.
Hauptpunkte der Diskussionen waren die Osterweiterungen der EU und der NATO. Für Litauen - seit 1991 ist die ehemalige Sowjetrepublik unabhängig – ist der Beitritt zu beiden Organisationen oberste Priorität. Premierminister Juncker zeigte sich beeindruckt von den Fortschritten, die Litauen auf den meisten beitrittsrelevanten Gebieten erzielt habe, so dass ein rascher Beitritt Litauens sowohl zur NATO als auch zur EU sehr wohl möglich sei.
Bei der NATO Erweiterung sprach der Luxemburger Regierungschef sich für eine neue Erweiterungsrunde aus, bei der drei Jahre nach den Beitritten Polens, Ungarns und der Tschechischen Republik, auch andere Länder, die in ihren jeweiligen Regionen eine wichtige stabilisierende Wirkung hätten, mit einbezogen werden sollten. Der nächste NATO Gipfel, 2002 in Prag, müsste diese Entscheidungen treffen.
In Sachen EU Erweiterung, so Jean-Claude Juncker, sei es nach wie vor angebracht die Entscheidungen des EU Gipfels von 1997 in Luxemburg zu respektieren, den zu Folge die Beitrittskandidaten, individuell und ausschließlich nach ihrer Beitrittsfähigkeit beurteilt werden sollten, je nachdem in welchem Rhythmus die nötigen Anpassungen und Reformen in den jeweiligen Ländern abgeschlossen werden können. Auch hier habe Litauen gute Karten, weil das Land, jetzt schon 13 der insgesamt 29 Verhandlungsbereiche mit der EU abgeschlossen habe und damit nur knapp hinter Polen, mit 15 abgeschlossenen Bereichen, liege.
Premierminister Juncker konnte seinen litauischen Gesprächspartnern die konkrete Unterstützung Luxemburgs für die Schließung des 2. Reaktors des Kernkraftwerks Ignalina zusichern. Luxemburg wird sich mit einer Million Euro am internationalen Fond zur Schließung des KKWs beteiligen. Ignalina ist das einzige Kernkraftwerk des Tschernobyl Typs, das noch funktioniert und 85% des litauischen Strombedarfs abdeckt. Bis zur Schließung, die spätestens 2004 erfolgen soll, müssen alternative Energiequellen in Litauen erschlossen werden.
Ein anderes Thema der Diskussionen war die Situation der russischen Enklave Kaliningrad (Königsberg), die zwischen Polen und Litauen liegt, und in Zukunft, nach der EU Erweiterung eine EU-Außengrenze mit Russland mitten in der EU sein wird. Premierminister Juncker unterstütze deshalb den Plan die Situation Kaliningrads in Gesprächen der europäischen Kommission, zusammen mit Polen und Litauen, und Russland zu erörtern. Die polnischen und litauischen Erfahrungen im täglichen Kontakt mit Kaliningrad seien hier sehr wertvoll, so Jean-Claude Juncker.
Auf der Ebene bilateralen Beziehungen stellten Premierminister Juncker und seine litauischen Gesprächspartner fest, dass diese, besonders in der Wirtschaft, komplett unterentwickelt seien und unbedingt erweitert und vertieft werden müssten. Überhaupt würden Luxemburger und Litauer sich ungenügend kennen, und der beste Weg, mögliche Berührungsängste abzubauen, sei deshalb ein kultureller Austausch zwischen beiden Ländern, der so schnell wie möglich konkrete Formen annehmen sollte.
Premierminister Juncker hielt vor Studenten der Universität von Vilnius eine viel beachtete Rede in der er besonders die Herausforderungen hervorhob, denen die Europäische Union sich in den nächsten Jahren stellen muss, besonders die Neudefinition der Kompetenzen zwischen den Mitgliedsstaaten und dem Ministerrat einerseits und der Kommission und dem Europäischen Parlament andererseits. Wichtig sei es vor allem, in dieser Diskussion nie aus den Augen zu verlieren, welche Idee eigentlich ganz am Anfang des europäischen Integrationsprozesses stand, nämlich die endgültige Befriedung des ganzen europäischen Kontinents. Diese historische Dimension Europas würde vor allem heute sehr an Bedeutung dazu gewinnen, weil die Europäische Union jetzt endlich, mit der Erweiterung, diese Möglichkeit zum kontinentalen Frieden habe. Mit der traditionellen Monnet Methode, d.h. der Methode der kleinen konkreten Schritte, sei Europa jetzt nicht mehr voran zu bringen, der Integrationsprozess sei dafür schon zu weit fortgeschritten. Es gelte jetzt vor allem die europäischen Bürger in das Europaprojekt der Zukunft einzubinden. Nur wie? Jean-Claude Juncker spricht sich hier klar für eine so breit als möglich angelegte Debatte über die zukünftige Orientierung der Europäischen Union aus, eine Debatte deren Ziel und Zweck es sein müsste mit den Bürgern, den politischen Parteien, den Gewerkschaften du anderen gemeinnützigen Organisationen, endgültig festzulegen welches Europa überhaupt gewollt sei. Soll das zukünftige Europa eine lose Gemeinschaft von Nationalstaaten werden, eine gehobene Freihandelszone, oder eine Solidargemeinschaft europäischer Staaten, die gemeinsame Werte wie Freiheit, Demokratie und Recht über ihre rein wirtschaftlichen Interessen stellen. Die Einzigartigkeit des europäischen Integrationsprozesses, so Juncker, sei eben dieses Festhalten an gemeinsamen Grundwerten, das es ohne Einschränkungen auch in Zukunft beizubehalten gelte und, wo möglich, wie zum Beispiel in der sozialen Dimension, ausgebaut werden sollte. Die Debatte wie Europa sich in Zukunft entwickeln sollte, habe noch gar nicht begonnen und es ei, so Jean-Claude Juncker auch nicht möglich diese bis 2004 abzuschließen.
Am Rande des Besuchs von Premierminister Juncker hatte Justizminister Luc Frieden einen längeren Meinungsaustausch mit seinem litauischen Amtskollegen Gintautas Bartkus. Der litauische Justizminister informierte Luc Frieden über die grundlegenden Rechtsreformen in den letzten Jahren in Litauen. Unter anderem hat Litauen kürzlich ein neues Zivil- und Strafgesetzbuch angenommen. Hierbei wurde sich an den deutschen und niederländischen Gesetzgebungen inspiriert. Minister Frieden unterstrich die Wichtigkeit für Luxemburg und für die EU zügig bei der Schaffung eines europäischen Raums für Sicherheit, Freiheit und Recht voranzukommen. Dies gelte insbesondere im Bereich des Familienrechts, sowie bei der Bekämpfung der illegalen Einwanderung und der organisierten Kriminalität. Die beiden Minister stimmten überein, dass es wichtig sei so schnell wie möglich die Eu Beitrittskandidaten an die Mechanismen der europäischen Justiz- und Polizeizusammenarbeit heranzuführen.