In Zukunft gemeinsames Stadtbahnsystem für SaarLorLux ? Kommission arbeitet Grundsätze für ein gemeinsames Regelwerk aus

Die Chancen, in Zukunft ohne Fahrzeugwechsel mit einer Stadtbahntechnik in der gesamten Europaregion SaarLorLux fahren zu können, steigen. Unterschiedliche technische Regelwerke für den Betrieb hatten dies bisher verhindert mit dem Ergebnis, dass Stadtbahnalternativen für den Verkehr in der Region nicht ernsthaft verfolgt wurden.

Die Arbeit einer gemeinsamen Kommission mit ihrem Projekt „Erarbeitung von Grundsätzen für ein gemeinsames Regelwerk für eine Stadtbahn im Grenzraum Saar - Lor – Lux" soll dies ändern. Die Initiative hierzu wurde vom Präsidenten des Weltverbandes des Öffentlichen Personennahverkehrs (Union Internationale des Transports Publics, UITP), der Saarbahn GmbH und der französischen Staatsbahn, Société Nationale des Chemins de Fer (SNCF) ergriffen und vom luxemburgischen Transportministerium und der Société Nationale des Chemins de Fer Luxembourgois (CFL) sofort unterstützt. Finanziell gefördert wurden die Arbeiten vom saarländischen Ministerium für Wirtschaft, dem französischen Transportministerium und der Saarbahn GmbH.

Beteiligt sind weiter der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und die französische Union des Transports Publics (UTP) sowie alle zuständigen nationalen Behörden, Ministerien, die staatlichen Aufsichtsbehörden und die nationalen Eisenbahngesellschaften Deutschlands, Frankreichs und Luxemburgs. Die nationalen Verwaltungsstellen und Genehmigungsbehörden wurden früh beteiligt, um das gemeinsame Regelwerk bei einem Pilotprojekt schnell und hinderungsfrei genehmigen zu können. Die Projektkoordination erfolgte durch die mit der Planung und dem Bau der Saarbahn erfahrene Rail Consult und die französische Semaly.

Der saarländische Wirtschaftsminister Dr. Hanspeter Georgi sieht in dem Vorhaben eine zentrale Bedeutung für den Ausbau des grenzüberschreitenden Verkehrs nach Frankreich: „Mit einem gemeinsamen System für den öffentlichen Nahverkehr wächst die Region noch besser zusammen. Die Entwicklung eines Dreisystem-Fahrzeuges für den Saar-Lor-Lux-Raum sei dabei eine erste Voraussetzung, beispielsweise für eine gemeinsame Stadtbahnverbindung von Saarbrücken in Richtung Forbach/St. Avold.“ Zitat

Der luxemburgische Wirtschafts- und Transportminister Henri Grethen begrüsst die Idee eines einheitlichen grenzübergreifenden Regelwerkes für Bahnhybrid-Fahrzeuge in der Großregion SaarLorLux.

Mit der Zielvorgabe, den Modal Split in Luxemburg mittelfristig auf 25% zu verbessern, soll das öffentliche Verkehrsangebot in den nächsten Jahren deutlich verbessert werden unter Einbeziehung der grenzüberschreitendem Verbindungen im SaarLorLux-Raum. Ein gemeinsames Regelwerk ist Voraussetzung für die Beschaffung und den Betrieb eines standardisierten Bahnhybrid-Fahrzeuges, für ein attraktives und kohärentes Schienenangebot in der Grossregion und für ein engeres Zusammenrücken der Aktivitätszentren im SaarLorLux-Raum.

Der Präsident der UITP Dr.-Ing. Wolfgang Meyer weist darauf hin, dass nach dem weitgehenden Abbau der staatlichen Grenzen Europas und der Einführung einer gemeinsamen Währung nun auch im Schienenverkehr schnellstmöglich die noch bestehenden technischen und betrieblichen Barrieren fallen müssen. „Das deutsch-französisch-luxemburgische Gemeinschaftsprojekt gibt mit Blick auf dieses Ziel Anlass zu Optimismus. Die am Projekt Beteiligten haben den festen Willen, erstmals für eine europäische Region eine Verkehrsinfrastruktur im öffentlichen Schienenpersonennahverkehr zu schaffen, die sich an den Belangen der Fahrgäste und nicht an nationalen, technischen oder rechtlichen Grenzen orientiert.“ Zitat.

Auch die Geschäftsführung der Saarbahn GmbH äußerte sich anlässlich der Sitzung des Lenkungskreises am 20. September 2002 in Saarbrücken: „Die Geschäftsführung der Saarbahn GmbH hat mit großer Zufriedenheit feststellen können, dass die Unterschiede der Zulassungsverfahren nicht so groß sind wie anfänglich befürchtet wurde. Die identische Sicherheitsphilosophie aller drei Länder ist ein von Experten nicht erwartetes Ergebnis dieser Arbeit. Es macht deutlich, dass die Basis für eine Zulassung in den drei Ländern vorhanden ist.“ Zitat.

Zufriedenheit über die im Lenkungskreis und in den Arbeitsgruppen erreichten Ergebnisse äußerte auch der Direktor für den Bereich Stadtbahnprojekte der SNCF Jean-Claude Degand: "Erste Studien für ein Netz an der Saar und im Osten des Departements Moselle für einen gemeinsamen Stadtbahnzug sind erfolgt. Diese Untersuchungen beziehen sich vor allem auf ein Dreisystem-Fahrzeug, das sowohl das Netz der DB AG, das Netz der HBL (Steinkohlenbergwerke des Beckens von Lothringen) und der französischen Staatsbahn SNCF nutzen als auch auf eigener Schiene rollen kann. Die französisch-deutsch-luxemburgische Arbeitsgruppe hat mit Unterstützung der UITP diese Arbeiten erleichtert und öffnet den Weg für ein europäisches Regelwerk auf dem Gebiet von Straßenbahnen und Straßenbahnzügen." Zitat.

Zum Abschluss der Sitzung des Lenklungskreises stellten die Beteiligten gemeinsam fest, dass nun auf der Grundlage der erreichten Ergebnisse ein Lastenheft für ein in der Saar-Lor-Lux-Region universell einsetzbares Stadtbahnfahrzeug erarbeitet werden kann. Auf dessen Grundlage wird die Beschaffung eines entsprechenden Fahrzeuges und damit ein grenzüberschreitender Betrieb möglich sein.

 

Saarbrücken, 20. September 2002

 

Hintergrund:

Für den Bau und den Betrieb von schienengebundenen Verkehrssystemen im Öffentlichen Personennahverkehr existieren in den europäischen Ländern sehr unterschiedliche Regelwerke. Für den Betrieb von Straßenbahnen und für den Betrieb von Stadtbahnen im Mischverkehr mit Eisenbahnen gibt es zum Teil auch keine Regelwerke oder solche sind erst in der Entstehung. Hintergrund ist, daß erst seit kurzer Zeit in Frankreich und Luxemburg wieder Straßenbahnsysteme beziehungsweise Stadtbahnsysteme im Mischbetrieb mit der klassischen Eisenbahn geplant oder in Betrieb genommen wurden.

Ein grenzüberschreitender Betrieb im schienengebundenen ÖPNV, der auf die Bedürfnisse der europäischen Regionen - insbesondere der im Zentrum Europas gelegenen Region Saar-Lor-Lux - zugeschnitten ist, war aus diesen Gründen bisher nicht möglich. Dies ist auch der Grund dafür, daß der Modal Split im grenzüberschreitendem Verkehr (z. B. Berufsverkehr) für den ÖPNV zumeist sehr schlechte Werte aufweist.

Zusammen mit externen Fachleuten u.a. aus der Schienenfahrzeugindustrie wurden innerhalb der letzten 8 Monaten in verschiedenen Arbeitsgruppen die bestehenden nationalen Regelwerke für die Länder Deutschland, Frankreich und Luxemburg analysiert und verglichen.

Auf Basis der erzielten Ergebnisse soll nun für regionale Projekte ein Lastenheft für ein Dreisystem – Fahrzeug, das zum Beispiel Saar-Lor-Lux – Raum universell einsetzbar ist, erarbeitet werden. Ziel ist es dabei, für ein solches Fahrzeug einen Prototyp zu entwickeln, der den Anforderungen der drei Länder gerecht wird, um in einem weiteren Schritt schnellstmöglich einen grenzüberschreitenden Verkehr in der Region Saar-Lor-Lux und anderen interessierten Regionen aufnehmen zu können. Als konkrete Einsatzmöglichkeit für ein solches Dreisystem-Fahrzeug ist die Aufnahme eines Stadtbahnverkehrs zwischen Forbach/St. Avold und Saarbrücken in der Diskussion. Für die bereits existierende Saarbahnverbindung nach Saargemünd wurde auf der Basis einer Sondergenehmigung eine Betriebserlaubnis für den Streckenabschnitt auf der französischen Seite erteilt.

Darüber hinaus kann die vorliegende Arbeit als Grundlage bei der Erarbeitung eines geeigneten europäischen Regelwerkes benutzt werden. In diesem Sinne wird sich der Lenkungsausschuß dafür einsetzen, daß die Vorschläge der Arbeitsgruppen den politischen Verantwortlichen vorgestellt werden und der Prozeß der Umsetzung in neue Gesetze und Vorschriften in Gang gebracht wird.

Die Beteiligten weisen auf die große Bedeutung dieses Projektes für die Region, aber auch für ganz Europa hin und streben eine zügige Umsetzung der nächsten Projektphase an.

Communiqué par le ministère des Transports

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