Henri Grethen: Offizielle Inbetriebnahme der Erdgasleitung Mittelbrunn-Remich-Leudelange

Herr Kollege Minister, meine Damen und Herren,

Das Projekt der Saarautobahn, also der Verbindung auf dem Strassenweg zwischen Luxemburg und dem Saarland ist in aller Munde. Die Berufspendler, die Fernfahrer, aber auch die Anwohner der Gemeinden die dem Durchgangsverkehr auf der heutigen Strecke ausgesetzt sind, sehnen sich der Fertigstellung dieser weiteren wichtigen Verkehrsanbindung in der Grossregion SaarLorLux entgegen.

Sozusagen im Schatten dieses publikumsträchtigen Strassenbauprojektes - dafür jedoch viel schneller - haben die Soteg und die Ruhrgas in einem Gemeinschaftsprojekt eine nicht minder wichtige Verbindungs-Trasse zwischen Luxemburg und dem Saarland geschaffen. Mit der neuen Erdgastransportleitung wurde ein weiterer Akzent gesetzt um einem integrierten europäischen Erdgasmarkt ein Stück näher zu kommen.

Der Europäische Rat von Lissabon hat Ende März beschlossen, dass die Liberalisierung, unter anderen, in den Bereichen Strom und Erdgas beschleunigt werden soll. Ein jeder Markt, somit auch der europäische Binnenmarkt, ist jedoch nur dann funktionshähig, wenn das Handelsgut vom Anbieter zum Verbraucher gelangen kann. Somit ist die Schaffung der benötigten Transportinfrastruktur eine hierfür grundlegende Voraussetzung.

Mit der heutigen Inbetriebnahme der Erdgastransportleitung Mittelbrunn-Remich-Leudelange hat Luxemburg Zugang zu den Erdgasmärkten seiner drei Nachbarländer und darüber hinaus zum europäischen Erdgasverbundnetz. Damit sind die technischen Voraussetzungen gegeben um die luxemburger Wirtschaft am liberalisierten europäischen Erdgasmarkt teilnehmen zu lassen, dies sowohl auf der Anbieter- wie auch auf der Verbraucherseite.

Der legale Rahmen zur Öffnung des europäischen Erdgasmarktes ist durch die europäische Richtlinie - 98/30/EG - über den Erdgasbinnenmarkt abgesteckt. Die Richtlinie soll die Grundlage zur Schaffung eines einzigen liberalisierten europäischen Erdgasmarktes schaffen. Das angestrebte Ziel ist es der europäischen Wirtschaft die Grundlage für kompetitive Energiepreise zu bieten, und somit einen Beitrag zu leisten um ihre Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt zu verbessern.

Der Gesetzentwurf 4697, der am 14. Juli dem Ministerrat vorlag und am 17. August dem Parlament offiziell zugestellt wurde, wird diese Richtlinie in luxemburger Recht umsetzen. Neben der reinen Umsetzung der Brüsseler Richtlinie wird durch diesen Gesetzestext die Organisation des luxemburger Erdgasmarktes auf eine breitere legale Basis gesetzt. Begriffe wie Fernleitung, Verteilung, Versorgung oder Erdgasunternehmen werden präzise definiert und somit gegeneinander abgegrenzt. Dem Gesetzgeber wird die Möglichkeit eröffnet den Erdgasunternehmen gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen aufzuerlegen, dies insbesondere im Hinblick auf den Schutz der Rechte der nicht zugelassenen Kunden, also der Erdgaskunden die auf Grund der Rechtslage ihren Erdgasversorger nicht wählen können.

Da Luxemburg nicht im Besitz von Erdgasquellen ist, und folglich 100% seines Bedarfs importieren muss, ist die zukünftige Absicherung der Erdgasversorgung des Großherzogtums eine wichtige Aufgabe. Zum Zwecke der langfristigen Planung wird die Regierung künftig in Abständen von maximal drei Jahren einen Zehn-Jahres-Erdgasversorgungsplan erstellen. Dieser wird Aufschluss geben über die Entwicklung der Erdgasnachfrage, die Versorgungssituation, die Diversifizierung der Versorgungsquellen, die technische Sicherheit der Netze, die Notwendigkeit zum Ausbau der Netze, und so weiter.

Darüber hinaus führt der Gesetzestext ein Genehmigungsverfahren ein, dem der Erdgasleitungsbau, die Fernleitung, die Verteilung und die Versorgung unterliegen. Dieses Genehmigungensverfahren wird sicherstellen, dass die Erdgasliberalisierung in geordneten Bahnen mit einer größtmöglichen Sicherheit für alle beteiligten heutigen und zukünftigen Marktpartner abläuft.

Die Gasrichtlinie sieht die Öffnung des Erdgasmarktes vor unter Duldung der monopolistischen Struktur der Leitungsnetzunternehmen. Diese marktbeherrschende Stellung soll durch den garantierten Zugang der zugelassenen Kunden zu den Netzen dieser Unternehmen neutralisiert werden. Die gewünschte progressive Öffnung des europäischen Marktes in drei Etappen soll durch die Definition der zugelassenen Kunden gesteuert werden.

Der vorgelegte Gesetzentwurf sieht eine Öffnung des luxemburger Marktes in fünf Etappen vor: drei Etappen bei der Definition von zugelassenen Endkunden und zwei Etappen bei den Verteilungsunternehmen. - Ab Inkrafttreten des Gesetzes: alle Endkunden deren Verbrauch pro Jahr höher als 15 Millionen Kubikmeter ist Hierdurch eine Öffnung des Marktes von 51,1% bzw. 72,3% nach Inbetriebnahme der GuD-Zentrale in Esch im nächsten Jahr

- Ab 1. Oktober 2003: alle Endkunden deren Verbrauch pro Jahr höher als 5 Millionen Kubikmeter ist Hierdurch eine weitere Öffnung des Marktes auf 74,1%

- Ab 1. Oktober 2006 Verteilungsunternehmen für ein Drittel ihres Gesamtgasabsatzes an nicht zugelassene Kunden Hierdurch eine weitere Öffnung des Marktes auf 81,7%

- Ab 1. Oktober 2008: alle Endkunden deren Verbrauch pro Jahr höher als 2 Millionen Kubikmeter ist Hierdurch eine weitere Öffnung des Marktes auf 83,5%

- Ab 1. Oktober 2010 Verteilungsunternehmen für den Gesamtgasabsatz an nicht zugelassene Kunden Hierdurch eine weitere Öffnung des Marktes auf 99,2%

Die Betreiber von erdgasbetriebenen Blockheizkraftwerken haben die Wahl entweder zugelassener Kunde zu sein, und damit Zugriff auf den geöffneten Erdagsmarkt zu haben, oder aber weiterhin von den hohen garantierten Stromeinspeisetarifen zu profitieren.

Luxemburg wird das System des geregelten Netzzugangs anwenden, d.h. die Betreiber der Netze, beispielsweise die Soteg, müssen die Tarife veröffentlichen die sie zur Nutzung ihrer Netze durch Dritte verlangen. Diese Tarife müssen dann gleichermaßen und ohne Diskriminierung angewandt werden. Wie auch schon im Strombereich, so soll auch im Erdgasbereich der Markt von einer unabhängigen Behörde reguliert werden. Der Gesetzentwurf beauftragt das I.L.R. (Institut Luxembourgeois de Régulation) mit dieser Aufgabe. Das I.L.R. ist durch das Gesetz zur Liberalisierung des Strommarktes aus dem vormaligen I.L.T. (Institut Luxembourgeois de Télécommunication) hervorgegangen. Seine Aufgabe wird es sein die Netzzugangstarife zu kontrollieren, über Ausnahmen des Netzzugangs zu entscheiden, in Streitfällen zwischen zugelassenen Kunden oder Versorgern und dem Netzbetreiber zu schlichten, aber auch im Falle der Missachtung der Regeln Bußgelder zu verhängen. Darüber hinaus soll es dem Wirtschaftsminister bei allen Fragen zum Erdgassektor beratend zur Seite stehen.

Soweit zu den grossen Zügen des dem Parlament vorgelegten Gesetzentwurf über die Organisation des Erdgasmarktes. Die Rahmenbedingungen, meine Damen und Herren, sowohl auf der technischen wie auch auf der legalen Seite sind somit definiert um der Liberalisierung der Erdgasmärkte entgegen treten zu können.

Um auf die Erdgasleitung Mittelbrunn-Remich-Leudelange zurück zu kommen, deren offizielle Inbetriebnahme wir ja heute feiern, möchte ich nicht schliessen ohne die beiden Unternehmen Ruhrgas und Soteg zu ihrer ausgezeichneten Zusammenarbeit zu beglückwünschen, die in diesem gemeinsamen Projekt ihren Ausdruck findet, und durch die sowohl der Wirtschaft wie auch den Menschen auf beiden Seiten unserer gemeinsamen Grenze in den nächsten Jahrzehnten wertvolle Dienste geleistet werden können.

Mein Dank gilt all denen, die an der Umsetzung dieses Vorhabens beteiligt waren, all denen die ihr Können und Wissen eingesetzt haben um dieses Projekt zu einem Erfolg werden zu lassen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

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