Discours du Premier ministre J.-C. Juncker "Europas politische Zukunftsaufgaben" à la "Konrad Adenauer Stiftung" de Bruxelles

Textfassung der frei gehaltenen Rede

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

(...)

Nun ist es Mode geworden und es gehört zum guten Ton, dass Premierminister, Außenminister und sonstige auch, die sich zur Zeit über Europa äußern, eigentlich weniger an dem interessiert sind, was denn morgen früh passieren soll, sondern dass man das Augenmerk ganz bewusst auf eine Zeitspanne lenkt, von der man denkt, dass sie am 1. Januar 2038 anfängt. Es ist ein relativ risikofreies Geschäft, was einige dort betreiben. Es wäre besser wir würden uns auf die Sachlage konzentrieren, so wie sie uns heute vor Augen liegt. Normalerweise fangen europapolitische Reden – dies hier ist keine grosse europapolitische Rede, sondern eine kleine europapolitisch orientierte Plauderei - damit an, dass man sich mit den Institutionen der Europäischen Union beschäftigt. Das hat immer zur Folge, dass Spezialisten zuhören, Journalisten, die Spezialisten sind auch, dass aber die Menschen in Europa nicht hören, was man über Europa zu sagen hat.

Europa ist mehr als nur ein Spiel von Institutionen oder ein Wechselspiel von institutionellen Einflüssen. Was mich an der gegenwärtigen Debatte stört, ist dass viele, die sich zu Europa äussern, sich zu institutionellen Fragen äussern, ohne glaubhaft darzustellen, welchem Zweck diese europäischen Institutionen eigentlich dienen sollen. Nun wusste ich immer sehr gut, was ich zu europäischen Dingen zu sagen hätte. Seit dem Referendum in Irland weiss ich das nicht mehr. Auch ich gehöre zu denen, die munter und flink verkünden, dass das Referendum in Irland keinen Einfluss auf den Erweiterungsprozess der EU habe. Das negative Votum des irischen Volkssouveräns hat auch keinen zeitverzögernden Einfluss auf den Erweiterungsprozess. Trotzdem bin ich der Auffassung, dass wir uns mit dem Negativvotum der Iren beschäftigen sollen. Man kann nicht so tun also ob die Iren nicht abgestimmt hätten, als ob da nichts passiert sei. Es ist nicht einfach eine kleine demokratische Lappalie am Rande des europäischen Geschehens gewesen. Wir müssen das schon sehr ernst nehmen und den irischen Volkswillen zu interpretieren versuchen, um zu ergründen wieso die Iren nicht zur Wahl gegangen sind oder aber ein negatives Votum herbeigeführt haben. Solange ich mit dieser Analyse nicht fertig bin, bitte ich alle Bemerkungen, die ich über Europa mache, unter einen generellen Vorbehalt zu stellen.

Es geht die Rede von einem tiefen Graben zwischen europäischer Politik und europäischem Volk. Ich gehöre zu jenen, die diesen Graben im nationalen Rahmen tagtäglich erleben. Dort gibt es ihn auch. Es gibt ihn mindestens so tief wie in der europapolitischen Debatte. Diese Grabenbildung zwischen Volk und Politik ist also nichts Eurospezifisches, sondern etwas Politikspezifisches. Und das europäische Volk gibt es genauso wenig wie die europäische Meinung. Es gibt 15 Völker in der Europäischen Union und 15 nationale öffentliche Meinungen und demnächst werden es mehr sein. Aber ich habe Schwierigkeiten zu beschreiben, was das denn wäre, das europäische Volk. Ich habe auch einige Probleme zu beschreiben, was das denn wäre, die europäische Politik, denn die wird ja 15 mal sehr verschiedenartig erklärt. Es ist ja nicht so als wenn es nur eine Politikerklärung für das gäbe, was in Europa an politischen Inhalten angeboten wird, sondern jeder von uns, der von Brüssel nach Hause kehrt, erklärt das ja sehr verschieden von dem, was sein Nachbar an Erklärungen anbietet.

Die Tatsache, dass wir alle die Brüsseler oder die europäische Politik durch die nationale Brille interpretieren, ist ein Grund warum so etwas wie eine europäische öffentliche Meinung nie entstanden ist: wir führen sie ja dauernd als die durch 15 geteilte Auffassung europäischer Regierungen vor. Diese Erklärung ist jedoch zu simpel und ich glaube dass das Phänomen, mit dem wir es zu tun haben, viel tiefer liegt. Der Graben verläuft nicht zwischen europäischer Politik, die es so nicht gibt, und dem europäischen Volk, das es aufgrund kultureller historischer Vorgänge so auch nicht gibt. Der Graben verläuft vielmehr quer durch die nationalen öffentlichen Meinungen und zwar durch die 15. Wir haben es in Europa effektiv öfters mit diesem eigenartigen Phänomen zu tun, nämlich dass es einerseits einen Bevölkerungsteil von X % gibt, der eigentlich erweiterungsintegrierende Fortschritte dringendst wünscht und enttäuscht ist über das, was wir in Nizza oder sonstwo beschlossen haben und andererseits einen Bevölkerungsteil von X %, der sehr resolut der Auffassung ist, dass wir genug Europa hätten und deshalb dem Nationalstaat wieder zu seinen Rechten verhelfen wollen. Eine Demarkationslinie von „weitergehenwollenden“ Europäern und von „stehenbleibenwollenden“ Europäern verläuft quer durch die Bevölkerung und das kann man in jedem Land und bei jeder öffentlichen Debatte feststellen. Da gibt es eigentlich kaum Unterschiede von einem Land zum andern. Man muss sich also etwas einfallen lassen - was ich als neue europäische Pädagogik beschreiben würde - um den Menschen nahezubringen wieso und weshalb die Europäische Union eigentlich stattfindet.

Ich glaube wir machen einen grossen Fehler, weil wir eigentlich nie mehr auf die Frage über Krieg und Frieden hinweisen, auch nicht im Zusammenhang mit der Erweiterung nach Ost- und Mitteleuropa. Ich glaube jedoch dass dieses antinomische Verhältnis zwischen Krieg und Frieden kein Phänomen der Vergangenheit ist, sondern sehr schnell wieder Wirklichkeit werden könnte. Die alten Dämone schlafen nur. Deshalb bleibt Europapolitik für mich der nobelste Teil politischen Engagements. Es geht letztlich um die Frage, ob wir Diplomatie mit den Mitteln des Zuhörens, des Zuredens, des Aufeinanderzugehens bewältigen oder einfach den Negativkräften den Vormarsch überlassen. Ich finde schon, dass diese Tatsache fast obligatorisch in jede europapolitische Rede gehört.

Dann glaube ich, dass wir riesige Fehler machen, weil wir über Dinge reden die keinen Menschen interessieren. Ich behaupte und erlebe es dauernd, dass niemand an der institutionellen Frage Europas interessiert ist. Das interessiert viele von uns Politikern, Ministern, Botschaftern und Journalisten, aber die Menschen interessiert das nicht. Die Menschen interessiert das, was ihnen Europa zu bringen vermag sowohl im materiellen als auch im immateriellen Sinne. Und ich denke nur zu oft, dass wenn wir mehr über europäische Politikinhalte reden würden als über institutionelle Fragestellungen, wir ein gutes Stück weiter wären. Ich glaube die Menschen sind sehr daran interessiert, wie die Welt der Arbeit in den nächsten Jahrzehnten aussehen wird.

Wir haben den europäischen Binnenmarkt hingekriegt, noch nicht ganz aber zum grossen Teil. Wir haben die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion hingekriegt, aber das sind Themen, die die Menschen nicht umtreiben, obwohl sie sich zu Unrecht nicht umgetrieben fühlen.

Dass die Grenzen in Europa verschwunden sind, ist nicht etwas das zur europäischen Normalagenda gehört hätte. Das hat schon Anstrengung bedurft. Um die Grenzen herum ist Schreckliches passiert. Den Grenzen die Bedeutung zu nehmen ist ein kulturhistorischer Fortschritt, den man nicht kleinreden sollte. Dass wir den Euro hingekriegt haben war kein leichtes Unterfangen.

Aber die Politikerwartungen in Europa sind vielschichtiger Natur. Ich glaube wirklich dass wir uns spätestens jetzt, nach dem Erreichen des Binnenmarktes und des Euros, mit dem eigentlichen Kalender europäischer Sozialpolitik beschäftigen müssen. Nicht dass wir uns auf den Wege machen sollten, die europäischen Sozialsysteme einander näherkommen zu lassen. Das würde die Leistungsfähigkeiten der EU deutlich überfordern und übersteigen. Aber dass wir in einem Binnenmarkt und einer Währungsunion Mindestregeln brauchen, vor allem im Bereich des Arbeitsrechts, das scheint mir eine ausgemachte Sache zu sein. Wir brauchen einen europaweit gültigen, flächendeckenden, von jedem zu beachtenden und zu beobachtenden Mindestsockel an Arbeitnehmerrechten. Jetzt wo das Währungsventil als Korrektiv für ökonomische Ungleichgewichte abhanden gekommen ist, besteht die Gefahr, dass im Bereich des Arbeitsrechtes nach unten korrigiert wird und da würde es Sinn machen, wenn es einen Mindestsockel geben würde, der nicht nach unten durchbohrt oder korrigiert werden kann.

Es gibt in Europa Verzweiflung darüber - und wir merken es nicht einmal - dass das europäische Projekt teilweise unterminiert wird durch diese Angstwelle, die durch Europa geht: große Angst vor internationaler Kriminalität und der Mafia. Die organisierte internationale Kriminalität hat ja die Chance des großen Europas längst schon entdeckt. Die Politik hinkt nur hinterher. Deshalb brauchen wir eine europäische Polizei, um gegen das internationale Verbrechertum anzutreten. Wir brauchen so etwas wie ein nach europäischem Muster ausgerichtetes FBI. Die Menschen haben in Europa ein Recht, dass man sich um ihr Sicherheitsanliegen kümmert.

Ich sage das, weil ich in vielen Gesprächen mit Menschen merke, dass der Schuh drückt. Entweder bekämpfen wir die europaweit agierende Kriminalität mit europaweit funktionierenden Polizeimitteln oder wir werden die Grenzen eines Tages wieder in Europa einführen. Man hat sich jetzt dazu entschlossen für den Genua G 8-Gipfel die Grenzen zu schliessen. Das wiederum führt dazu, dass die Menschen sich denken: also wenn man sich schützen möchte, muss man die Grenzen wieder schließen. Ich bin auch einverstanden damit, dass man die Grenzen für derartige Zwischenstücke wieder kontrolliert. Man muss jedoch wissen, dass das bei den Menschen so ankommt als ob Grenzkontrollen ein adäquates Mittel zur Herstellung der Sicherheit wären. Wenn das so ist, wenn dies so empfunden wird und wenn wir nicht wieder wollen, dass Grenzen in Europa wieder auftauchen, dann müssen wir europaweit mit funktionierenden Polizeikräften auch antreten können.

Ich bin resolut der Auffassung, dass der Nationalstaat in Fragen der Einwanderung, des Asyls, der Immigration und der Visumspflicht an seine Grenzen gelangt ist. Wir brauchen eine Vergemeinschaftung des sogenannten 3. Pfeilers des europäischen Vertragswerkes und müssen in Sachen innere Angelegenheiten und Justiz zu Mehrheitsentscheidungen kommen, zu mehr Europa. Weniger Europa schadet dort und mehr Europa nützt dem Bürger auch in seinem Alltag. Ich bin der Meinung – um kurz auf den Euro zurückzukommen - dass wir eine wesentlich stärkere Koordinierung der Wirtschaftspolitik bräuchten. Wir brauchen eine besser koordinierte Wirtschaftspolitik um weniger von Amerika abhängig zu werden bei Konjunkturrückgängen.

Ich bin der Meinung, dass wir uns heute im 21. Jahrhunderts auch in Richtung einer stärkeren Vergemeinschaftung der Aussen- und Sicherheitspolitik der EU zubewegen müssen. Es wird aber irrsinnig lange dauern bis alle das so sehen. Es macht jedoch keinen Sinn Plädoyers zu führen, die für die übernächste Generation von inspirierender Kraft sein mögen, die aber für die jetzt handelnde Generation von keiner praktischen Handhabung sind. Deshalb müsste man eigentlich jetzt mit etwas kleineren Schritten anfangen anstatt sich nur in architektonischen, blühenden Feldern zu verlieren. Es wäre doch gut, wenn wir es beispielsweise schafften, dass die gesamte Eurogruppe sich in den internationalen Finanzorganisationen auch als Gruppe präsentiert, dass es nicht mehr eine französisch geführte, eine belgisch geführte, oder eine niederländisch geführte „Constituency“ im internationalen Währungsfonds gäbe, sondern Europa, die insgesamt 12 Euro-Mitglieder als eine Gruppe im internationalen Währungsfond auftreten würden. Dies würde doch auch nach aussen hin zeigen, dass wir es ernst meinen mit der nach aussen durchdringenden Fülle und Dichte des Euroraums.

Es macht doch Sinn, bevor wir zur Vergemeinschaftung der Aussenpolitik in der EU kommen, zu zeigen, dass wir es ernst meinen und die europäischen Mitglieder des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, Frankreich und Grossbritannien, sich in Zukunft von der Präsidentschaft der Europäischen Union dort im Weltsicherheitsrat vertreten ließen. Ich bin sehr der Auffassung, dass der Einsatz von Solana in vielen Krisenherden wirklich etwas bewirkt hat. Mir wäre es nur lieber, der Mann säße in der Kommission und würde von dort aus initiativergreifend tätig werden, nicht als ein Organ des Ministerrates der EU.

Ich bin strikt der Auffassung, dass wir über Institutionen erst reden sollten, wenn wir die Substanzbereiche der europäischen Politik inhaltlich-programmatisch so auf Vordermann gebracht hätten, dass wir uns sehr genau aussuchen könnten, welche Institutionen wir brauchen, um diese Politik dann auch in die Wirklichkeit übertragen zu können anstatt uns zu fragen, welche Institutionen wir brauchen und ohne zu wissen was wir mit diesen Institutionen machen sollen.

Und dann sollte man auch aufpassen, dass man diese unselige Debatte über Groß und Klein, die wir uns auf dem Vorfeld zum Nizza-Vertrag dauernd anhören mussten nicht wieder in Europa anfacht. Gross und Klein müssen miteinander können und haben auch eine Geschichte - sowohl die Grossen als auch die Kleinen - und das muss man dann halt zusammenführen, wobei es einigen Grossen schon gut zu Gesicht stehen würde, nachdem die Kleinen akzeptieren, dass sie kleiner sind und kleiner bleiben werden, dass sie manchmal etwas sensibler umgehen mit den Befindlichkeiten in kleineren Mitgliedstaaten. Wenn man über Gleichgewichte auf dem europäischen Kontinent nachdenkt, soll man sich doch mit Brehms Tierleben etwas intensiver beschäftigen. Dort wird berichtet, dass ein Floh einen Löwen zum Wahnsinn treiben kann. Dort wird nicht berichtet, dass es jemals einem Löwen gelungen wäre einen Floh zum Wahnsinn zu treiben. Insofern müssen Grosse wissen, dass man auch auf Kleine Rücksicht nehmen muss, wobei Flöhe auch akzeptieren müssen, dass es in der Tierwelt etwas Größere gibt als sie, selbst ihre eigenen Rechte haben, sich so auf die Löwen zubewegen, dass sie daraus ein überblickbares Gehege in Gesamteuropa wird.

Wenn ich davon ausgehe, dass ich recht behalten könnte in der Vermutung, dass es eine europäische Notwendigkeit sein könnte, europäische Aussen- und Sicherheitspolitik, Innere Angelegenheiten und Justiz zu vergemeinschaften, resultiert daraus de facto, dass die Kommission gestärkt werden muss. Sie müsste das auch jetzt. Sie dürfte sich nicht selbst schwächen und sie müsste vom Rat und von den Mitgliedstaaten, von den Parlamenten, europäisches und nationale Parlamente, gestärkt werden. Um der Kommission grössere demokratische Legitimität zu verleihen, wäre es angebracht, in Ländern die das möchten, die Kommissare in direkter Wahl zu ermitteln. Wieso wissen eigentlich die wenigsten in den grösseren Flächenstaaten, wer sie eigentlich in der Brüsseler Kommission vertritt? Wenn die Menschen wirklich wählen müssten wer sie in Brüssel vertritt, wohlwissend dass derjenige nicht nur sein Land vertritt, sondern das Gemeinschaftsinteresse zu vertreten hat, wäre dies ohne Zweifel einfacher.

Das gleiche trifft im übrigen auch auf das Europäische Parlament zu. Auch hier wäre eine stärkere Hinwendung des  Wählers zu einem individuell stärker erkennbaren europäischen Abgeordneten wünschenswerter als die in einigen Ländern der europäischen Union praktizierten Wahlsysteme. Den Präsidenten der Europäischen Kommission sollte man entweder direkt wählen oder ihn aber im Kreise der stärksten Fraktionen im Europäischen Parlament wählen lassen, was nicht hieße, dass der dann Kommissionspräsident Mitglied des Europäischen Parlamentes sein müsste. Ob man eine 2. Kammer braucht weiss ich nicht. Ich wüsste gern was mit der ersten passiert bevor wir über die zweite reden.

An der Frage der Kompetenzneuordnung kommt man nicht vorbei. Man sollte sie, wie andere europäische Fragen auch, im Rahmen eines Konvents oder eines Forums vorbereiten. Europäische Geschicke lassen sich nicht nur von exklusiv regierungsseitig besetzten Konferenzen bewältigen. Man muss hier nationale Parlamente, das Europäische Parlament und Teile der Zivilgesellschaft an diesem Denkprozess beteiligen. Niemand sollte jedoch davon ausgehen, dass die Dinge sich dann einfacher gestalten lassen.

Ich bin nachdrücklich der Auffassung, dass wir eine europäische Verfassung brauchen. Denn diese führt Menschen zusammen über die Brücke der Prinzipien der allgemein gültigen Regeln. Weil es aber die europäische Nation nicht gibt und weil es weder den europäischen Staat noch das europäische Volk gibt, bin ich der Meinung, dass wir uns zu 15, 20 oder 25 eine europäische Verfassung geben sollten, sie verabschieden sollten und sie dann in unsere jeweils nationale Verfassungsordnung einbringen sollten. Wer jedoch mit dem Argument, dass es das europäische Volk nicht gibt, gegen die europäische Verfassung antritt, muss einverstanden sein, dass es europäische Prinzipien gibt, die jeder in seine nationale Verfassung in gleichlautenden Worten einführen kann. Dann hätten wir die europäische Verfassungsordnung eines jeden Nationalstaates untergebracht anstatt uns mit einer prinzipiellen Debatte abzumühen, die zu keinen Resultaten führt.

Kompetenzzuordnung gehört entweder in den Vertrag oder in die verfassungsmäßig angehauchten Vertragsartikel, wobei ich diese Debatte, die notwendig ist, nicht unterschätze. Sie wird zu einem großen Konflikt in der Europäischen Union führen, denn hier prallen zwei sehr unterschiedliche Europa-Auffassungen knallhart aufeinander. Mehr Europa, weniger Europa? Was soll auf die nationale Ebene zurückverlegt werden? Da gibt es einiges, was Europa- und integrationsvertiefend an neuen Kompetenzen hinzugefügt werden muss. Darüber besteht nicht die Spur einer Einigkeit in Europa. Meine Sorge ist nur, dass wir Artikel 308 des Vertrages nicht abschliessen, der besagt, dass die Europäische Union sich durch einstimmigen Beschluss der Mitgliedstaaten der Kompetenz wird bemächtigen können, die sie braucht, um mit ihrer Politikgestaltung auf diesem Kontinent zu Rande zu kommen. Wir brauchen diesen dynamischen Artikel, weil es sonst einen europäischen Stillstand geben würde. Wenn die Gründungsväter in den 50ger Jahren gesagt hätten, was alles nicht gemacht werden darf, hätten wir nie den Binnenmarkt, hätten wir nie den Euro gekriegt, hätten wir nie Aussen- und Sicherheitspolitik gekriegt, hätten wir vieles anderes, aus den 23 Politikbereichen der Union herausgepickt, hätten wir nie etwas zustande gebracht. Unsere Vorgänger haben uns die Tür nicht auf der Nase zugeschlagen. Wir sollten das auch nicht mit unseren Nachfolgern tun.

Ich höre jetzt einfach auf.

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