Luc Frieden: Es geht nicht um eine Absicherung des Finanzplatzes Luxemburg. Der Budgetminister über die europäische Steuerharmonisierung

Ist die europäische Steuerharmonisierung nur noch eine Frage von Monaten?

Luc Frieden: Nein, denn auf dem EU-Gipfel im portugiesischen Feira ist nicht der Startschuss für eine Steuerharmonisierung gefallen, sondern eher deren Ende eingeleitet worden.

Und auch beim EU-Gipfel in Nizza war nicht zu erkennen, dass die Regierungschefs diesem Thema mehr Bedeutung beimessen wollten.

Soll das heißen, dass es weder die geplante Quellensteuer noch die Lüftung des Bankgeheimnisses in Luxemburg geben wird?

Luc Frieden: Nein, wir haben europäische Regeln und Vorbedingungen vereinbart, die erfüllt werden müssen. Wir werden einer europaweiten einheitlichen Besteuerung von Kapitalerträgen nur dann zustimmen, wenn sich Drittstaaten wie etwa die Schweiz, Liechtenstein und Andorra 2002 zu gleichwertigen Maßnahmen verpflichten. Außerdem hat Luxemburg auf dem EU-Gipfel auf der Kopplung zwischen einheitlicher Zinsbesteuerung und verbindlichen Absprachen gegen unlauteren Steuerwettbewerb bei Unternehmen beharrt. Dieses Junktim - von allen Mitgliedsstaaten seit 1997 getragen - wurde in Brüssel im November bestätigt. Es besteht Einvernehmen darüber, eine Lösung für das Steuerpaket als Ganzes zu erzielen. Denn: Wenn wir Luxemburger etwas von unseren Standortvorteilen aufgeben, dann muss dies auch von den übrigen Mitgliedsländern der EU, die zahlreiche Steuerprivilegien für ausländische Unternehmen anbieten, erwartet werden können.

Wenn es beim derzeitigen Stand der Verhandlungen bleibt, fällt dann die Steuerharmonisierung ganz ins Wasser?

Luc Frieden: Ich gehe davon aus, dass sich die anderen europäischen Staaten in der Unternehmensbesteuerung bewegen und Steuervorteile abschaffen werden. Jedes Land hat seine "Spezialitäten" - ohne eines besonders herausstellen zu wollen. Was die Haltung der Luxemburger Regierung in Sachen Zinsbesteuerung angeht, möchte ich darauf verweisen, dass es nicht nur um eine Absicherung des Finanzplatzes Luxemburg geht, sondern auch darum, zu verhindern, dass es insgesamt zu einer Kapitalflucht von allen EU-Finanzplätzen in Drittstaaten kommt.

Das macht es unabdingbar, dass alle anderen so genannten "Steueroasen" ebenfalls zur EU-Regelung verpflichtet werden.

Luc Frieden: Exakt. Wir haben einen Zeitplan, der für alle verbindlich ist. Und dies gilt neben den Drittstaaten auch für die einzelnen abhängigen Territorien, zum Beispiel die Kanalinseln. Ansonsten wird es wohl bei dem Nebeneinander der verschiedenen Steuermodelle, das heißt Quellensteuer oder Kontrollmitteilung, bleiben.

Das wird bei den Kanalinseln schwierig. Die britische Regierung kann sie nicht zwingen, die Inseln sind souverän.

Luc Frieden: Wenn weder verbindliche Garantien aus abhängigen oder assoziierten Gebieten noch aus Drittländern vorliegen, werden wir gegen die Einführung der Quellensteuer und die Aufhebung des Bankgeheimnisses stimmen.

Nun, Luxemburg stimmt nicht allein.

Luc Frieden: Auch andere Staaten haben kein Interesse an einem Kapitalfluss in Richtung Finanzzentren außerhalb der EU. Im Übrigen haben alle Staaten in dieser Frage ein Vetorecht. Die Drittstaatenregelung wurde von 15 Staaten vereinbart. Fiskalische Richtlinien der EU werden auch in Zukunft nur einstimmig beschlossen.

Das Zugeständnis an die Amerikaner, offen zu legen, welcher US-Bürger in Luxemburg besteuerbare Wertpapiere hat, macht es für Ihr Land schwieriger, sich der Steuerharmonisierung zu widersetzen.

Luc Frieden: Die Abmachung, die zwischen den US-Behörden und den Bankinstituten ausgehandelt wurde, betrifft nur Anlagen von Amerikanern in US-Wertpapieren. Gleiches gilt übrigens auch für die Banken in der Schweiz, Frankreich, den Niederlanden und so weiter.

Das hat nichts mit der Steuerharmonisierung zu tun.

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