Charles Goerens: Umweltpolitik umsetzen heißt Integrieren. Der Umweltminister zum Auftakt der Oekofoire

Letzebuerger Journal: Die Öko-Foire stellt umwelt- und gesundheitsschonende Produkte aus. Sie bietet kulturelle Animation, sie gibt Tipps für ökologische Pläne oder Projekte und veranstaltet sogar Umfragen über die Wahlen 2004. Was schätzen Sie besonders an dieser Öko-Foire? Die Umfragen?

Charles Goerens: Für Wahlumfragen kann ich mich nicht begeistern. Es zählen ja nicht die Umfragen, sondern die Wahlresultate. Ich gehe auch davon aus, dass auf der Öko-Foire eher Wert auf thematisch orientierte Meinungsforschung gelegt wird. Die Veranstalter dürften wohl versuchen, so genannte Wahlprüfsteine aufzustellen. Man will ja vor den nächsten Wahlen wissen, was von den einzelnen Parteien zu erwarten ist. Da kommt es eben auf die Verankerung des Nachhaltigkeitsprinzips an, das die Umweltpolitik der Zukunft prägen wird. Ansonsten, um auf den Kern der Frage zurück zu kommen, schätze ich die Öko-Foire als einmalige Initiative, um möglichst vielen Menschen auf attraktive Weise schmackhaft zu machen, dass der schonende Umgang mit der Umwelt unverzichtbar ist.

Wie verträgt sich Ihr umweltpolitisches Programm mit den Vorstellungen, die von den Öko-Foire-Veranstaltern vertreten werden?

Charles Goerens: Mouvement Ecologique und Ökofonds, die Foire-Veranstalter, gehören zu unseren regelmässigen Diskussionspartnern. Sie machen niemandem, der im Umweltbereich Verantwortung zu tragen hat, Geschenke. Nach vierjähriger Erfahrung glaube ich aber behaupten zu können, dass alle Seiten im Dialog gewonnen haben. Die Leistungen in der Umweltpolitik sind denn auch zumindest zu einem Teil durch gegenseitige Stimulation möglich geworden.

In einem Jahr werden die politischen Karten neu gemischt sein. Inwieweit sind Sie zufrieden mit Ihrer bisherigen Bilanz im Umweltbereich?

Charles Goerens: Da gibt es eine gewisse Ungeduld, denn Umweltpolitik umsetzen heißt zunächst Integrieren, ohne immer mit den erforderlichen Zuständigkeitskompetenzen ausgestattet zu sein. Umweltpolitik ist mit einer Reihe von Interessengegensätzen konfrontiert: Ökonomie und häufig auch Soziales kontra Ökologie. Die große Herausforderung besteht heute darin, diese drei Komponenten in einer gemeinsamen Politik zu integrieren, woraus sich dann die nachhaltige Entwicklung ergibt.

Eines der Hauptanliegen der Ökologisten ist die Naturschutzgesetzreform. Wie kommen Sie damit weiter?

Charles Goerens: Nicht so zügig wie ich gehofft hatte. Das Umweltministerium hat seine Hausaufgaben bereits vor über einem Jahr abgeschlossen. In den zuständigen Parlamentskommissionen wurden jedoch Änderungsanträge eingebracht, die dann wiederum vom Staatsrat zu begutachten sind. Dies hat zu Verzögerungen geführt. Ich gehe aber davon aus, dass das Gesetz in diesem Herbst endgültig vom Parlament verabschiedet werden kann.

Manche sprechen über Mängel im Klimaschutzbereich. Was bleibt da zu tun?

Charles Goerens: Die Ratifizierungsprozedur ist noch nicht definitiv abgeschlossen, so dass das Kyoto-Protokoll noch nicht verbindlich ist. Auf europäischer Ebene ist inzwischen eine Direktive unterwegs, die uns zur Auflage macht, einen Plan zur Verteilung der Emissionen (CO2) bis zum l. April 2004 vorzulegen. Dieser Plan gilt für die größten Betriebe des Landes, die ja auch den höchsten Energieverbrauch haben. Darin liegt dann auch der Ansatz, um über eine generelle Verteilung der Emissionsrechte nachzudenken. Wir kommen also nun in eine Phase der Entscheidung, wobei wir uns beraten lassen von Dr. Dieter Ewringmann vom finanzwissenschaftlichen Forschungsinstitut Köln. Er hat ja diese Woche eine Studie in Bezug auf eine Reform der Finanzierung von Staat und Sozialsystemen in Luxemburg vorgestellt, die vom Mouvement Ecologique, mit Unterstützung des Umweltministeriums, in Auftrag gegeben wurde. Da bei der Festlegung der Grenzen des Treibgasausstoßes natürlich wieder gegensätzliche Interessen auftreten werden, möchten wir die Tripartite mit der Thematik befassen.

Bei Amtsantritt der aktuellen Regierung wurde ironisch argumentiert, um den Berg von den Amtsvorgängem unerledigt gebliebenen Kommodo-Dossiers abzuarbeiten, wäre schon ein Bergsteiger wie Eugène Berger als Staatssekretär unentbehrlich gewesen. Ist der Berg jetzt bezwungen?

Charles Goerens: Das Kommodo-Dossier ist in der Tat äußerst delikat und schwierig. Es erfordert außerdem einen großen Arbeitsaufwand. Wir waren am Anfang mit einem doppelten Problem konfrontiert. Es ging zunächst um die Anwendung der neuen Gesetzgebung, die übrigens sehr gut ist. Schließlich hatten wir eine Unmenge an Anträgen abzuarbeiten, die noch eingereicht wurden, als die alte Gesetzgebung in Kraft war. Es ist uns gelungen, die Fülle an Kommodo-Dossiers progressiv zu verarbeiten. Man muss sich aber bewusst sein, dass bei der zuständigen Dienststelle rund 17 Beamte, die eine vorbildliche Arbeit leisten, permanent jeweils 200 Dossiers zu bearbeiten haben. Die Situation hat sich wesentlich verbessert, auch dank der neuen Gesetzgebung. Wir werden denn auch eines Tages wohl den Idealzustand erreichen.

In Bezug auf alternative Energien hat sich einiges getan, wobei sowohl Privathaushalte wie auch Betriebe unterstützt werden. Sind Sie mit dem Erreichten zufrieden?

Charles Goerens: Ich bin wirklich sehr zufrieden mit dem was wir erreicht haben. Am Anfang kam die Förderung von alternativen Energien vielleicht nicht schnell genug vom Fleck, inzwischen werden wir von der Entwicklung beinahe überrollt. Wir müssen kurz- und mittelfristig auf einem überschaubaren Förderungsniveau bleiben, einerseits um die Bewusstseinsbildung der Nutzer von alternativen Energien zu schärfen, andererseits auch, um dem Handwerk eine gewisse Planungssicherheit zu verschaffen. Wir setzen in diesem Bereich auf ein allgemein nützliches Vertrauensklima.

Es gibt einigen Widerstand gegen die neuen Genehmigungsanträge der Cattenom-Betreiber. Was kann Luxemburg tun?

Charles Goerens: Wir haben nicht lange gebraucht, um uns im Rahmen der bestehenden Prozeduren die erforderlichen Einspruchsmöglichkeiten zu geben. Ich möchte daran erinnern, dass in Deutschland zuerst vom Bundesministerium über die Offenlegungsprozedur befunden werden muss. Wir haben unsererseits sofort, im Juli, akzeptiert, dass wir im Rahmen der grenzüberschreitenden Kooperation mitmachen werden.

Wir haben denn auch in der Umweltverwaltung, zusammen mit dem Gesundheitsministerium, eine Offenlegungsprozedur gemacht. Bis zum 15. Oktober wollen wir unser Gutachten an die Franzosen weiterleiten, denen dann genügend Zeit verbleibt, um unseren Argumenten Rechnung tragen zu können.

Wir setzen in diesem Dossier auf totale Transparenz. In dem Sinne habe ich dem Vorsitzenden der parlamentarischen Umweltkommission auch vorgeschlagen, noch vor Ende dieses Monats eine gemeinsame Sitzung der Ausschüsse für Umwelt, Auswärtiges und innere Angelegenheiten einzuberufen. Zuvor werde ich mich mit meinen Ministerkollegen aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland beraten. Sie befürworten eine gemeinsame Analyse, die auch zu einheitlichen Stellungnahmen führen sollen.

Wir setzen im Gesundheitsbereich auf die bestmöglichen Standards für die Menschen. Im Umweltbereich müssen wir selbstverständlich auf das Prinzip der bestmöglichen Technologie drängen.

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