Jean-Claude Juncker: Kommissionspräsident als Spielmacher

Ist die EU ausreichend auf die Erweiterung vorbereitet?

Jean-Claude Juncker: Bei der mentalen Vorbereitung vermisse ich die notwendige Begeisterung in den derzeitigen EU-Staaten. Man kann den Ost- und Mitteleuropäern nicht ständig erklären, Europa sei ihre Zukunft, und jetzt, wenn sie an unsere Tür klopfen, den Schlüssel verstecken.

Ist das hohe Tempo ein Grund für die Skepsis in der EU?

Jean-Claude Juncker: Ich war immer gegen eine Erweiterung im Galopp. Die Geschwindigkeit war aber doch beeindruckend. Die Ost- und Mitteleuropäer sind wesentlich reformfreudiger als wir das in unseren wesentlich satteren Gesellschaften waren und sind. Weil die sich angestrengt haben, konnte die Erweiterung zum l. Mai 2004 terminisiert werden.

Im Zuge des Konvents hat man den Eindruck bekommen, die Balance zwischen großen und kleinen EU-Ländern ist in Gefahr. Sehen Sie das auch so?

Jean-Claude Juncker: Ich sehe die dauerhaften Bemühungen einiger großer EU-Länder, uns zu beweisen, dass sie größer sind als die Kleinen. Die Kleinen werden nicht größer dadurch, wenn sie immer so tun, als gäbe es keine größeren Länder. Und die größeren Staaten werden kleiner, indem sie ihre Größe dauernd betonen.

Was halten Sie von einem ständigen EU-Ratspräsidenten?

Jean-Claude Juncker: Wir sind der Meinung, dass der Kommissionspräsident der eigentliche Spielmacher in der EU sein muss. Daher werden wir uns gegen den Versuch einiger großer Länder wehren, aus dem Spielmacher einen Linienrichter zu machen.

Apropos EU-Kommissionspräsident. Wäre dieser Job für Sie persönlich interessant?

Jean-Claude Juncker: Ich habe die Absicht, am 13. Juni 2004 in Luxemburg erneut für das Amt des Ministerpräsidenten zu kandidieren. Es gibt neben dem Job als Premierminister nur eine erstrebenswerte Aufgabe: den oberösterreichischen Landeshauptmann. Da Josef Pühringer sein Amt aber noch über Generationen hinweg ausüben wird, beschränke ich meine Ambitionen auf das Großherzogtum.

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