Objektiv vermitteln. Der Landwirtschaftsminister über die Neuorientierung der landwirtschaftlichen Lebensmittelvermarktung

Revue: Die Cepal hat der Konkurrenz den Einstieg angeboten. Wäre dies im Interesse der gesamten Landwirtschaft?

Fernand Boden: Die Regierung hat mich beauftragt, die verschiedenen Akteure an einen Tisch zu bringen. Ziel ist es, via Synergien einen starken "agro-alimentairen" Sektor im Land zu behalten. Außerdem geht es um den Erhalt von Arbeitsplätzen. Deshalb ist Minister Biltgen ebenfalls eingebunden. Wir müssen intelligente Auswege aus der schwierigen Lage finden.

Revue: Was haben Sie unternommen?

Fernand Boden: Da ist viel passiert! Ich hatte etliche Sitzungen mit dem Herdbuchverband und dem SEG – separate und gemeinsame. Beide sind in der Schweine- und Rinderzucht tätig. Mit beiden hat der Staat eine Konvention, um sie finanziell bei ihrer Aufgabe zu begleiten. Da es stets Meinungsverschiedenheiten über Zahlen gibt, einigten wir uns darauf, einen internationalen Experten mit einem Audit zu beauftragen. Er soll herausfinden, was die Konventionen gebracht haben, wie Synergien gefunden werden können und wie man effizienter weiterarbeiten kann.

Revue: Wann wurde dieser Experte genannt?

Fernand Boden: Wir haben Kontakt mit ausländischen Experten aufgenommen und warten auf Rückmeldungen.

Revue: Jean Stoll, Generalsekretär des Herdbuchverbandes, beschuldigt Sie, sich zum Komplizen der SEG und der Cepal gemacht zu haben.

Fernand Boden: Herr Stoll mag ein guter Manager sein, aber es fehlt ihm an der nötigen Objektivität. Als Vermittler muss ich Wege ausloten, die eine intelligente Zusammenarbeit und effizientere Strukturen ermöglichen. Der Herdbuchverband erklärte, er sei stärker und wolle deshalb den SEG übernehmen. Ich fragte, ob auch eine Zusammenarbeit möglich sei, ohne dass einer den anderen übernimmt. Dieser Einwand reichte, um mir Einseitigkeit vorzuwerfen! Mehrmals habe ich die Verhandlungspartner aufgefordert, die Vergangenheit aus dem Spiel zu lassen. Es geht darum, etwas Neues aufzubauen. Jeder muss Wasser in seinen Wein schütten. In einem kleinen Land macht es keinen Sinn, alles doppelt zu tun.

Revue: Welche Rolle kommt dem Agrozenter zu?

Fernand Boden: Was dort vor 50 Jahren aufgebaut wurde, zeugt von Weitsicht. Ziel war es, die Bauern in die Verarbeitung und Kommerzialisierung ihrer Produkte einzubeziehen. So konnten sie mehr verdienen. Es wird oft bedauert - zu Recht -, dass die Bauern das schwächste Glied in der Lebensmittelkette sind. Daher bleibt es wichtig, sie zu beteiligen.

Revue: Der Merscher Schlachthof steckt in großen Schwierigkeiten. Zusätzlich gibt es drei weitere Schlachthöfe im Land. Eine Überkapazität?

Fernand Boden: Das ist zweifellos ein Problem. Nach industriellen Normen würde ein einziger Schlachthof reichen. Für den Export benötigt man eine gewisse Größe. Wir müssen uns über das Ziel klar werden. Ist es sinnvoll 20.000 einheimische Rinder im Ausland zu schlachten? Es gibt Möglichkeiten, das Schlachtvolumen zu erhöhen...

Revue: Die Regierung könnte finanzielle Anreize schaffen...

Fernand Boden: Wenn man sich einigt, die Qualitätsproduktion, die in die Großregion exportiert wird, in Luxemburg zu machen, dann gibt es Potential. Dies erfordert aber sehr hohe Investitionen in Mersch. Allein wird die Cepal es nicht schaffen. Es gibt potentielle Partner hier im Land. Ich habe den Eindruck, dass immer mehr Akteure sich bewusst werden, dass das Instrument in Mersch doch nicht so schlecht ist.

Revue: Was heißt das konkret?

Fernand Boden: Es reicht nicht, zu schlachten. Es muss auch ein Markt da sein. Es laufen Gespräche. Die Bereitschaft der Bauernzentrale, sich zurückzuziehen und sich auf die Gewerkschaftsarbeit zu konzentrieren, öffnet Türen, die sonst verschlossen geblieben wären.

Revue: Der Ettelbrücker Schlachthof will sich ebenfalls modernisieren und etliche Millionen investieren. Gibt es dafür Unterstützung vom Staat?

Fernand Boden: Prinzipiell kann das Agrargesetz helfen, wenn ein Projekt wirtschaftlich und nützlich ist. Es macht aber keinen Sinn, dass jeder investiert, um nachher das Gleiche zu tun. Ich habe vorgeschlagen, dass die Landwirtschaftskammer oder die Organisation der Schlachthöfe eine Marktstudie in Auftrag gibt. Ein Experte soll eine Zukunftstrategie erstellen.

Revue: Läuft diese Studie?

Fernand Boden: Das Problem war, dass nicht jeder mitmachen wollte, weil ja etwas herauskommen könnte, was nicht jedem passt. Zum Beispiel, dass es wenig Sinn macht, an drei Standorten, das Gleiche zu tun.

Revue: Und was passiert jetzt?

Fernand Boden: Sie wird gemacht. Ich bestehe darauf.

Revue: Bevor investiert wird?

Fernand Boden: Das hängt davon ab. Wenn ein gutes Projekt kommt, kann es unterstützt werden. Aber die Studie muss ebenfalls kommen. Besonders um sich über längerfristige Perspektiven klar zu werden. Ich bin nicht davon überzeugt, dass alle Standorte die nächsten 20 Jahre überstehen werden.

Revue: Alle Akteure wollen gemeinsame Strukturen schaffen. Ist es eine Überlebensfrage? Und was ist die Alternative?

Fernand Boden: Wir würden einen wichtigen Trumpf verspielen, wenn wir nicht versuchen würden, das Agrozenter auf Vordermann zu bringen. Es gibt nicht nur Negatives zu melden. "De Verband" und die Silozentrale stehen vor einer Einigung. "De Verband" müsste sowieso eine neue Futtermischanlage bauen. Es ist kein Nachteil, dies auf einem integrierten Standort zu machen. Das Silo kann gemeinsam genutzt werden.

Revue: Das Silo muss doch renoviert werden!

Fernand Boden: Stimmt. Dann gibt es das Problem Central Marketing. Die Cepal hat nicht ausreichend Kenntnis in der "Distribution". Daher will Generaldirektor Durand sie abtreten. Es geht auch darum, einen Partner zu finden.

Revue: Einen luxemburgischen Partner?

Fernand Boden: Ich hoffe es. Man sollte versuchen, nicht mit Leuten zusammenzuarbeiten, die nur auf den Gewinn erpicht sind und denen weder die Qualität der Produkte noch das Einkommen der Bauern größere Sorgen bereiten.

Revue: Drängt die Zeit?

Fernand Boden: Man soll sich in die Haut des anderen versetzen. Wenn jemand mit dem Rücken zur Wand steht, nicht aufgeben will und keinen Partner hier findet, dann geht er über die Grenzen, mit allen Konsequenzen. Wenn es zu keiner nationalen Einigung kommt, können wir das nicht verhindern.

Revue: Das ist also die Alternative?

Fernand Boden: Ich hoffe, es kommt nicht dazu. Aber ich glaube, dass die Cepal sich ihrer Haut wehrt. Das muss jeder wissen, der mit ihr verhandelt.

Revue: Wie geht es weiter?

Fernand Boden: Es geht nicht darum, jemanden aus einer schwierigen Lage zu retten. Ziel ist es, etwas Vernünftiges aufzubauen. Ich gebe die Hoffnung nicht auf und stelle fest, dass die Reaktionen weniger vehement werden. Ich hoffe nur, dass die Zeit uns nicht davonläuft.

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