Ich möchte Premier in Luxemburg bleiben. Der Premierminister über die anstehenden Parlamentswahlen

Luxemburger Wort: Herr Juncker, wann treten Sie als Kommissionspräsident in Brüssel an?

Jean-Claude Juncker: Was für eine Frage ... - Ich möchte mit meiner Partei, der CSV, die anstehenden Wahlen am 13. Juni gewinnen und danach auch Premierminister in Luxemburg bleiben.

Und wie erklären Sie sich die unzähligen Berichte in ausländischen Medien? Dort sieht man Sie quasi als sicheren Prodi-Nachfolger.

Jean-Claude Juncker: Das ist keine Unehre.

Ja, aber solche Berichte können doch nicht völlig aus der Luft gegriffen sein.

Jean-Claude Juncker: Es gibt eine ganze Reihe Regierungschefs in der EU, die mich öffentlich vorgeschlagen haben. Hinzu kommen die Aufforderungen fast aller im Europaparlament vertretenen Fraktionen. Daraus ergibt sich ein Ambiente, das seinen Niederschlag in der Presse findet.

 Was Sie nicht ungern haben.

Jean-Claude Juncker: Über die breite Zustimmung bin ich nicht beleidigt. Übrigens haben auch die Luxemburger dazu keinen Grund. Immerhin geht die Rede davon, dass zum dritten Mal binnen 25 Jahren einer ihrer Landsleute an die Spitze der EU-Kommission gelangen könnte.

Könnte ...

Jean-Claude Juncker: Ich sage es noch einmal klar und deutlich: Ich möchte die Wahlen gewinnen und Premierminister in Luxemburg bleiben. Das ist so und daran ändern auch Ihre Fragen nichts. Das ist unverrückbar. Ich halte mein Wort.

Also wirklich, die ganze Diskussion um meine Person nimmt doch groteske Züge an. So als drehe sich alles um die eine Frage.

Aber wer Sie kennt, weiß, dass Sie klare europäische Ambitionen haben.

Jean-Claude Juncker: Dazu gehört eine erfolgreiche EU-Präsidentschaft Luxemburgs im ersten Semester 2005. Europa steht vor Entscheidungen von kruzialer Importenz. Deshalb ist es wichtig, sich als Premier in die Europapolitik einzubringen.

So nach dem Motto: nationale Innenpolitik ist Europapolitik.

Jean-Claude Juncker: Eben. Sehen Sie, ein europäischer Regierungschef, der nicht an der Europapolitik teilnimmt, auf den in der EU niemand hört, wäre eine glatte Fehlbesetzung. Vollzeitpremier in Luxemburg sein, das heißt automatisch auch großes Interesse fürs Europapolitische haben. Damit die Stimme Luxemburgs auch in der EU gehört wird.

Zum Beispiel, wenn es um die Verfassung geht.

Jean-Claude Juncker: Ja. Wissen Sie, Europa und der Integrationsprozess muss unsere Generation zu einem unumkehrbaren Projekt machen. Wir gehören der Generation an, die noch genau weiß, was kriegerische Auseinandersetzungen zwischen Nachbarländern bedeuten. Europa ist ein Projekt des Friedens. Es besteht das Risiko, dass 2040 und später die Regierungen nicht mehr die Kraft finden, auf den echten Grundwerten aufzubauen. Deshalb müssen die Weichen für das geeinte Europa jetzt gestellt werden. In diesen Prozess muss sich auch Luxemburg einbringen.

Zurück zur Innenpolitik. Man wird den Eindruck nicht los, als würde die vereinte Opposition im Land Sie regelrecht nach Brüssel wegloben.

Jean-Claude Juncker: Die anderen Parteien versuchen, den Eindruck zu vermitteln, als drehe sich die ganze Politik nur um meine Person. Das wird so langsam peinlich.

Wie?

Jean-Claude Juncker: Ja, ich sage - wie jetzt auch im Gespräch mit Ihnen - immer wieder das eine: Ich möchte Premier in Luxemburg bleiben. Und die politischen Gegner tun so, als sei ich ein Lügner. Aber ich lüge nicht.

Aber vielleicht wäre die Opposition - vor allem die Sozialisten - wirklich froh, wenn sie tatsächlich nach Brüssel gingen.

Jean-Claude Juncker: Also, die Luxemburger Sozialisten sind mir zu sehr ans Herz gewachsen, um ihnen - im Falle eines Wechsels nach Brüssel - schwerwiegende Entzugserscheinungen zumuten zu wollen.

Ist das etwa eine Koalitionsaussage?

Jean-Claude Juncker : Nein, das hat etwas mit Nächstenliebe zu tun.

Herr Juncker, vielen Dank für dieses Gespräch.

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