Das "Land der kurzen Wege" Interview mit Innenminister Michel Wolter über den Entwicklungsplan der Stadt Luxemburg

Telecran: Bis zum Sommer 2005 soll ein Stadtentwicklungsplan vorliegen. Arbeitet die Stadt Luxemburg diesbezüglich mit dem Innenministerium zusammen?

Michel Wolter: Bislang hat es keine Zusammenarbeit gegeben, weil dieser Plan an sich Sache der Gemeindeverantwortlichen ist. Es ist aber klar, dass das Endprodukt mit den Richtlinien des IVL übereinstimmen muss. So wird es sicher zum gegebenen Zeitpunkt Unterredungen geben.

Das große Verkehrsaufkommen ist zweifelsohne eines der größten Probleme der Stadt, die auch im IVL angeschnitten werden. Was muss Ihrer Meinung kurz-, mittel- und langfristig geschehen, um das Problem in den Griff zu bekommen?

Michel Wolter: Erstens – und das sagt auch das IVL: Wir müssen mehr Menschen dazu bewegen, den öffentlichen Nahverkehr zu benutzen. Um das zu erreichen, muss man die Arbeitplätze in Zukunft dort ansiedeln, wo es einen Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr gibt. Zweitens müssen wir in Betracht ziehen, verschiedene Einrichtungen langfristig auszusiedeln. Beispiel: Man könnte ein Lyzeum vom Limpertsberg abziehen und in den Gaspericher Bann verlegen. Persönlich könnte ich mir auch vorstellen, dass wir einen Teil der Aktivitäten der Uni Luxemburg, die derzeit auf dem Limpertsberg stattfinden, dort abziehen und anderswo unterbringen. Zum Beispiel auf den Industriebrachen in Dommeldingen. Drittens weiß ich von der Stadt Luxemburg, dass sie künftig Betriebe dazu anregen will, das Stadtzentrum sowie die Wohnviertel zu verlassen, indem sie ihnen gleichzeitig anderswo in Gewerbegebieten Platz zur Verfügung stellt. Viertens werden die Peripheriebahnhöfe einen wichtigen Beitrag leisten. Mit einem solchen Maßnahmenpaket erreichen wir mittel- und langfristig eine Verbesserung der Verkehrslage in der und um die Stadt.

Teilen Sie die Meinung des Stadtbürgermeisters, dass die Menschen eher den öffentlichen Nahverkehr nutzen, je näher sie an einer Bushaltestelle oder einem Bahnhof wohnen oder arbeiten?

Michel Wolter: Ja. Es handelt sich hierbei um das Prinzip "Land der kurzen Wege". Das heißt: Die Menschen sollen näher an ihrem Arbeitsplatz wohnen und für den kurzen Weg zum Büro den Bus oder die Bahn benutzen. Hinzu kommt: Wenn die Stadt Luxemburg weiterhin ihre zentrale Rolle als Hauptstadt spielen will, dann muss sie sich einwohnermäßig verstärken.

Laut IVL sollen schon an den Grenzen Luxemburg Auffangmöglichkeiten für die zahlreichen Grenzgänger geschaffen werden, die täglich nach Luxemburg fahren, Wie kann man sich das vorstellen?

Michel Wolter: Eigentlich gibt es zwei zentrale Ideen. Die erste: Wir müssen verstärkt Arbeitsplätze im Grenzbereich schaffen, um von der übermäßigen Konzentration in der Stadt Luxemburg loszukommen. Belval ist in diesem Sinne Vorreiter.

Die zweite Idee: Was die Auffangparkplätze betrifft, so geht es in erster Linie nicht darum, diese in Luxemburg zu schaffen. Vielmehr geht darum, sie bereits dort anzulegen, wo die Menschen herkommen, Luxemburg arbeitet diesbezüglich mit verschiedenen französischen Gemeinden zusammen. Probleme stellen sich allerdings dort, wo die Arbeitsplätze nicht mit Bus oder Bahn erreichbar sind.

Hätten die heute bestehenden Probleme denn nicht vermieden werden können, wenn man schon eher über ein solches Maßnahmenpaket nachgedacht hätte?

Michel Wolter: Doch, sicherlich. Aber das wurde nicht getan. Früher sah die Lage noch etwas anders aus. Denn die Entwicklung der Stadt ist noch relativ jung, der größte Teil der Arbeitsplätze ist erst im Lauf der vergangenen zehn Jahre entstanden. Das Problem besteht darin, dass die verschiedenen Netze nicht auf die heutige Situation ausgerichtet worden waren. Zum Beispiel die Autobahnen rundum die Stadt. Deshalb ist es müßig, heute darüber zu spekulieren, was man damals hätte anders machen können.

Welchen Rat geben Sie als Innenminister dem Schöffen- und Gemeinderat der Stadt Luxemburg in puncto Städteplanung mit auf den Weg?

Michel Wolter: Wir müssen auf allen Ebenen – Ministerien, Gemeinden, Verwaltungen – zu der Überzeugung kommen, dass nicht jeder in seiner Ecke sein kleines Problem lösen kann – auch wenn er das nach bestem Wissen und Gewissen tut. Man muss sich gemeinsam an einen Tisch setzen und zusammen nach Lösungen suchen. Und das gilt für jeden, nicht nur für die Stadt Luxemburg.

Dernière mise à jour