Jean Asselborn s'exprime sur le processus de paix au Proche-Orient au lendemain de l'élection de Mahmoud Abbas à la présidence palestinienne

Doris Simon: Kaum gewählt, hat der neue Palästinenser-Präsident schon reichlich Lob und Einladungen bekommen. US-Präsident Georg Bush gehörte zu den ersten Gratulanten und er lud Abbas nach Washington ein. Darauf hat ja zum Beispiel Jassir Arafat, der Vorgänger von Machmud Abbas, jahrelang vergeblich gewartet. Auch die Europäer haben gratuliert und sie haben ihren Beauftragten für die Außenpolitik, Javier Solana, in die Region zu Gesprächen geschickt. Nächste Woche folgt dann der amtierende EU-Ratspräsident, der luxemburgische Außenminister, Jean Asselborn. Er ist jetzt bei uns am Telefon. Guten Morgen.

Jean Asselborn: Guten Morgen.

Doris Simon: Herr Asselborn, was verändert sich nun mit der Wahl von Machmud Abbas, mit diesem Mann im Friedensprozess im Nahen Osten?

Jean Asselborn: Sie haben das richtig gesagt, man muss die Persönlichkeit von Machmud Abbas ganz gut versuchen zu erklären. Er ist ein Mann, der ja vor 40 Jahren zusammen mit Arafat die Partei gegründet hat. Er wird als Hirn dieser Organisation angesehen. Er ist ein Mann, das ist bemerkenswert, der in dieser Organisation immer gegen Gewalt war, als Mittel oder als Weg, um zum Ziel zu kommen. Das Ziel muss ja Frieden sein mit Israel und die Zweistaatenlösung. Darum ist es auch bemerkenswert, dass er das auch immer öffentlich bekundet hat. Er hat also den Mut gehabt, dies zu tun. Er ist auch ein Mann, der den Dialog nicht nur fordert, sondern er hat bewiesen, er war in einer Schlüsselposition bei den Oslo-Verhandlungen, dass er diesen Dialog auch konkretisieren will. Also diese zwei Eigenschaften, würde ich sagen, Mut zu Prinzipien, Macht nicht als Selbstzweck zu betrachten, und eben auch seine Überzeugung, den Frieden durch Verhandlungen zu erreichen. Das sind zwei positive Eigenschaften, die sicherlich in dieser Gegend jetzt in den nächsten Wochen und Monaten die Landschaft verändern werden.

Doris Simon: Herr Asselborn, gehen Sie davon aus, dass diese Eigenschaften von Machmud Abbas, die sie gerade geschildert haben, auch die israelische Seite dazu bewegen werden, weiter zu gehen als bisher?

Jean Asselborn: Die Israelis müssen jetzt auch nicht nur Wille zeigen, sondern sie müssen - und ich glaube, es wird auch einfacher werden mit der großen Koalition, die sie jetzt haben - den Willen auch umsetzen, damit beide Seiten wieder an einen Tisch kommen. Ich glaube, was sehr, sehr wichtig ist, das ist die Einstellung der Israelis auf sie. Sie haben ja diese Wahlen erleichtert, sie haben nicht auf stur geschaltet. Und die Palästinenser auf der anderen Seite, die ganze Führung Abbas, Kurei, Nabil Schaath, haben ja auch dieses Mandat aus dem Volk herausgezogen, um ein Mandat zu verhandeln, durch demokratische Wahlen den Israelis anzubieten. Und ich glaube, das ist wirklich ein Quantensprung in der Mentalität und auch in der Einstellung, die sich da vollzogen hat, auf beiden Seiten.

Doris Simon: Welche konkreten Schritte wird jetzt die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union, werden Sie jetzt in Sachen Nahost unternehmen?

Jean Asselborn: Also persönlich bin ich im September zum ersten Mal - also letztes Jahr habe ich an einer Tagung teilgenommen. Damals war die "Roadmap" praktisch gestorben. Wir waren komplett in einer Sackgasse. Wir haben den Aktionsplan, den Solana-Plan, wo wir Wahlen und Reformen ankurbeln wollten - Sicherheit verbessern, ökonomische Revitalisierung, verschiedene Ansätze - sind jetzt Realität geworden. Die "Roadmap" muss wieder eine Chance bekommen. Das ist, wie Sie wissen, ein Instrument, wo UNO, die USA, Russland und die EU zusammensitzen. Wir müssen diesem Instrument neue Griffigkeit geben. Das ist das erste, was wir tun müssen. Die transatlantischen Beziehungen, wenn wir die ansprechen - Sie wissen, dass am 22. Februar Bush und Rice nach Europa kommen - das wird bestimmt ein sehr, sehr wichtiges Thema werden, bei diesem neuen Dialog mit Amerika. Wenn die EU solidarisch ist und das ist sie zur Zeit in dieser Frage und ich hoffe, dass sie das auch bleibt, dann haben wir Gewicht. Dann bringen wir Gewicht mit auf die Waage. Dann sind wir nicht nur "Payer", dann sind wir auch "Player", wie man sagt. Auch in diesem Punkt bin ich optimistisch, dass Europa etwas dazu gelernt hat und in diesem Friedensprozess sehr viel helfen kann. Ich werde nächste Woche in Jerusalem sein, in Ramallah, auch in Amman und ich werde versuchen, im Namen der Europäischen Union zu sagen und zu bekunden, dass der Friedensprozess zwischen Israel und Palästina, eigentlich der Eckstein ist, für viele Konflikte in der arabischen Welt selbst, das muss man ja auch sehen, aber auch zwischen der arabischen Welt und der westlichen Welt. Und wenn wir dieses lösen, haben wir mehr Stabilität, mehr Sicherheit aber auch mehr Menschenwürde. Das ist das allerwichtigste, in diesem Prozess zu gewinnen.

Doris Simon: Sie haben angesprochen, die Europäische Union hat bis jetzt in dieser Friedens-Nahost-Geschichte vor allem immer gezahlt aber wirklich ernst genommen worden ist sie nicht. Was mehr als Hoffnung haben sie denn als Anzeichen, dass Israel sich nun auch an ihnen und nicht nur an den USA ausrichten wird?

Jean Asselborn: Bis jetzt wurde immer schablonenhaft gesagt, die Europäer sind mit den Palästinensern, die Amerikaner sind mit den Israelis. Das muss aufhören. Dieses Bild muss gebrochen werden. Israel und Palästina müssen sich an einen Tisch setzten und die Amerikaner zusammen mit den Europäern. Wir Europäer jedenfalls müssen beide Seiten dazu zwingen, dass sie sich wieder an einen Tisch setzen. Und ich glaube, dass wir jetzt in einer Situation sind, wo wir aus Europa heraus, zum Beispiel, wenn ich den Gaza-Streifen nehme, ich habe das persönlich auch erlebt und ich habe auch im Kosovo ein wenig gesehen, wie das aussieht, wenn ökonomische Perspektivlosigkeit in einer Region herrscht. Wir kommen nur aus diesem Prozess heraus, sicherlich mit Reformen und Wahlen usw. aber auch wenn wir den Menschen in Gaza, in den Gebieten, wieder eine ökonomische Perspektive geben, dass sie in Dignität und auch einer gewissen Autonomie ihr Leben wieder vor sich sehen, dass sie wieder Perspektiven bekommen. Und hier hat Europa eine sehr, sehr wichtige Rolle zu spielen.

Doris Simon: Herr Asselborn, das ist jetzt die Sprache der Vernunft. Aber Sie haben selber vorher gesprochen, man muss sie zwingen. Aber ganz im Ernst, sie werden die USA nicht zwingen können, die Europäer schaffen das nicht.

Jean Asselborn: Die Europäer sind 450 Millionen Menschen und wenn dieses Europa solidarisch ist, dann spielt das eine sehr, sehr große Rolle, werden Sie sehen, auch gegenüber Amerika. Und Amerika hat auch keine andere Wahl. Amerika muss jetzt zu diesem Zeitpunkt viel mehr investieren in diesem Friedensprozess, als es in den letzten Monaten, ich würde sogar sagen, in den letzten Jahren getan hat. Und zusammen werden wir es fertig bringen, glaube ich, wenn ich Optimist bin, auch am 22., wenn Bush hier ist, diese Botschaft rüber zu bekommen. Und ich glaube, dass das auch dann in Israel und auch in Palästina positiv von jeder Seite aufgenommen wird.

Doris Simon: Ich habe den Eindruck, es geht auch sehr darum, dass es schnell geht, dass es schnell in die Wege kommt.

Jean Asselborn: Das stimmt. So, wie ich gestern aus Palästina auch gehört habe, ist es möglich, das jetzt sehr schnell ein Treffen zwischen dem neuen Leader und auch Scharon, der ja eine Mehrheit im Parlament mit Perez zusammen zustande gebracht hat, dass sehr schnell eine Begegnung möglich ist. Ich glaube daran, dass das auch Realität werden kann. Allerdings, die Welt in Israel und die Welt in Palästina, die funktionieren nicht nur nach Wahlen, auf Knopfdruck. Da sind schon noch Quantensprünge in der Mentalität nötig. Aber dass beide Seiten aufeinander zugehen wollen, ist aus meiner Sicht unbestreitbar.

Doris Simon: Das war Jean Asselborn, der luxemburgische Außenminister. Sein Land hat in dieser ersten Hälfte 2005 die EU-Ratspräsidentschaft. Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Asselborn.

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