Le ministre Lucien Lux au sujet des domaines de l'environnement et des transports en Europe

Jakub Adamowicz: Herr Minister, Sie sind in der Regierung sowohl für das Ressort Umwelt als auch für Verkehr zuständig. Haben Sie keine Interessenkonflikte?

Lucien Lux: Nein, ganz im Gegenteil. Die Tätigkeitsbereiche beim Verkehr wie etwa die Eurovignette oder Großinvestitionen in die transeuropäischen Netze kommen der Umwelt zugute. Im Umweltbereich läuft die Einhaltung der im Kioto-Protokoll vorgesehenen Grenzwerte vor allem über die Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene. Meine Forderung nach der Besteuerung von Flugbenzin gefällt den Fluggesellschaften zwar nicht. Ich fordere das aber aus der Überzeugung heraus, dass die Verkehrsverteilung zwischen Straße, Schiene und Luftverkehr gerecht sein muss.

Jakub Adamowicz: Auf eine Besteuerung von Kerosin würden die Fluggesellschaften mit einer Erhöhung ihrer Preise reagieren. Der Luftverkehr konnte seine Umweltbilanz in den vergangenen Jahren vor allem Dank leiserer und sparsamerer Triebwerke entscheidend verbessern. Müsste man nicht diese Entwicklung gezielt unterstützen?

Lucien Lux: Der Kioto-Prozess setzt hier an. Wir sind dafür, die durch Luftfahrt und Schifffahrt verursachten Schadstoffe in den Geltungsbereich des Kioto-Protokolls zu integrieren. Hierbei geht es nicht darum, jemanden zu bestrafen. Die Industrie - in diesem Fall die Luftfahrtindustrie - soll vielmehr den nötigen Druck erhalten, um nötige Innovationen anzugehen und sich fortwährend höhere technologische Ziele zu setzen, so dass neue Triebwerke schadstoffärmer und leiser werden. Das ist der richtige Weg. Gleichzeitig muss bei der Slot-Verteilung an einer effizienteren Methode gearbeitet werden. Wir müssen verhindern, dass Flugzeuge unnötige Warteschleifen fliegen. Die Kioto-Perspektive wird der Flugzeugindustrie den nötigen Push geben. In zwanzig Jahren wird der Flugverkehr in etwa so viele Schadstoffe verursachen wie der Straßenverkehr. Der Automobilindustrie setzen wir permanent neue technologische Ansprüche. Beim Ausstoß von Rußpartikeln hat die EU zum l. Januar einen neuen Grenzwert beschlossen. Diese Logik ist auch für die Luftfahrtindustrie richtig.

Jakub Adamowicz: Die EU-Kommission will 2006 und 2007 sukzessive den Schienen-Güterverkehr liberalisieren. Die Kommission bemängelt, dass Luxemburg diese Liberalisierungspläne bremst. Warum?

Lucien Lux: Luxemburgs Eisenbahn ist klein und daher exponiert. Die Traditionsbetriebe der Luxemburger Eisenbahn haben Angst, von der übermächtigen Konkurrenz aufgefressen zu werden. Derzeit sondieren im Großherzogtum große Gesellschaften mögliche Ankäufe. Bei der Eisenbahn geht es aber nicht nur um Mobilität. Eisenbahn ist auch Sicherheit. An der Bahntradition Luxemburgs hängt auch tiefgründig Gesellschaftliches. Als Sozialist denke ich, dass diese Werte verteidigt werden sollten.

Nach der Liberalisierung könnten von den ehemals 15 Bahngesellschaften in den alten EU-Ländern zwei bis drei private länderübergreifende Gesellschaften übrig bleiben. Diese würden nur die rentablen Hauptachsen bedienen und andere Strecken einstellen wollen. Das Konzept vom öffentlichen Dienst würde großen Schaden nehmen. Darauf basiert die Befürchtung Luxemburgs. Aus meinen Gesprächen mit den Betreibergesellschaften, Gewerkschaften und Amtskollegen in Europa habe ich das Gefühl, dass die Bereitschaft, in der Liberalisierung des Schienenverkehrs eine Atempause einzulegen, zugenommen hat. Die bisherigen Investitionen sollten auf ihre Ansprüche in puncto Umwelt- und Sozialverträglichkeit hin überprüft werden.

Luxemburg muss im EU-Kontext die Mehrheitsentscheidungen mittragen. Am 16. März findet ein Hearing statt, bei dem die Zukunft des Schienengüterverkehrs in Luxemburg erörtert wird. Im Herbst soll eine Tripartite stattfinden, um die Liberalisierung vorzubereiten. Die Eisenbahndirektion prüft derzeit alle Optionen. Die Verhandlungen, die momentan mit belgischen, französischen und Schweizer Partnern verlaufen, zielen darauf ab, dass Luxemburg bis 2006 auf die Liberalisierung vorbereitet ist.

Ich bin kein Träumer. Luxemburgs Güterverkehr lebt von Arcelor. Auf Arcelor gehen 80% des Gütertransports auf der Schiene zurück.

Wenn Arcelor sich morgen in einem liberalisierten Umfeld für eine neue Gütergesellschaft entscheiden sollte, ist die CFL-Gütergesellschaft am Ende. Wenn es darauf ankam, haben wir in Luxemburg bisher tragfähige Lösungen gefunden. Auch hier werden wir mit neuen Partnern eine Lösung finden. Wegen unserer geografischen Situation könnten wir Güter auf der Schiene auch über Luxemburgs Grenzen hinaus befördern. Die CFL nimmt bereits heute an öffentlichen Ausschreibungen im Ausland teil.

Jakub Adamowicz: Deutschland hat nach längeren Anlaufschwierigkeiten die Lkw-Maut eingeführt. Das Erfassungssystem funktioniert. Die Tschechische Republik hat Interesse bekundet, das System zu übernehmen. Wäre das auch eine Option für Luxemburg?

Lucien Lux: Rein technologisch kann ich mir alles vorstellen. Nach enormen Schwierigkeiten scheint sich das deutsche System als Erfolg zu erweisen. Aber erst gestern hat der deutsche Verkehrsminister Manfred Stolpe davor gewarnt, voreilige Schlüsse zu ziehen. Man muss zum Beispiel sehen, ob die Abrechnungen funktionieren.

Neue Schwierigkeiten sind entstanden: Von der Maut ausgeschlossene Strecken werden den kostenpflichtigen Straßen vorgezogen. Frankreich stellt fest, dass die deutsche Lkw-Maut Verkehrsströme ins Elsass verlagert hat. Das schreit nach europäischen Lösungen.

Europa ist nicht überall gleich. Die Verkehrsbelastungen sind verschieden. Österreich als Alpen-Transitland ist zum Beispiel besonders betroffen. Der Straßenbau ist wegen den Bergen teurer und komplizierter als im Flachland. Auch in den großen Ballungsräumen wie etwa dem Ruhrgebiet wollen einzelne EU-Mitgliedsländer, dass dem starken Verkehrsaufkommen und den damit einhergehenden Umweltbelastungen Rechnung getragen wird.

Die Eurovignette ist für mich ein Fallbeispiel dafür, ob die EU mit 25 Mitgliedern noch politikfähig ist. Dabei wird man erkennen müssen, dass es bei den Verkehrsflüssen Peripherieländer, Transitländer wie Luxemburg, Frankreich, Deutschland oder Österreich gibt, dass es wegen Bergen zu Ungleichheiten kommt.

Jakub Adamowicz: Die EU-Kommission hat bei den transeuropäischen Netzen viel vor. 225 Milliarden Euro sollen die 30 Projekte kosten, mit deren Umsetzung vor 2010 begonnen werden soll. Ist das realistisch?

Lucien Lux: Die Diskussion über die Finanzperspektive 2007-2013 ist für mich ein Beispiel dafür, ob die EU sich die Mittel geben will, um in den kommenden Jahren ihre Ziele zu erreichen. Schon unter Kommissionspräsident Jacques Delors waren die Großinvestitionen ein Thema. Auch wenn Keynes in der heutigen Wirtschaftspolitik überholt ist: Großinvestitionen kurbeln die Bauwirtschaft an. So wird Wirtschaftswachstum geschaffen.

Auf den Autobahnen fahren wir schnurgerade in eine Katastrophe. Staus werden immer mehr zu einem europäischen Standortnachteil. Die Verkehrssicherheit leidet, und durch den Anstieg der CO2-Emissionen wird das Kioto-Protokoll uns eine teure Rechnung bescheren.

Durch Kioto bekommt die Umweltverschmutzung zum ersten Mal einen Preis. Emmissionsrechte werden teuer. Viele sozial- und umweltpolitische Ansprüche, die sich die EU gesetzt hat, können durch die transeuropäischen Netze umgesetzt werden.

Dafür muss der EU-Haushalt über 1% des EU-Bruttoinlandsprodukts steigen. Sowohl Gilles de Robien als auch Manfred Stolpe, mein französischer und deutscher Amtskollege im Verkehrsressort, schwärmen von den transeuropäischen Netzen. Ich habe beide gebeten, sich bei ihren Regierungschefs und Finanzministern für diese Politik einzusetzen.

Europa, hier dürfte Verkehrskommissar Barrot zustimmen, muss sich die Mittel geben, die Politik umzusetzen, die für richtungsweisend angesehen wird.

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